Die Geschichte eines Außenseiters – authentisch rau und mit einer Prise schwarzem Humor.
1975. Der Bäckerlehrling Harald Hasenbach ist ein Außenseiter in seinem südpfälzischen Heimatdorf. Als er die Leiche der Winzertochter Rosi Brucker im Wald findet, versucht er von ihren begüterten Eltern, die sie vermisst glauben, ein Lösegeld zu erpressen. Die Ereignisse nehmen jedoch einen ungeahnten Weg und lassen die Ermittlungen der Polizei in eine völlig falsche Richtung laufen. Jeder Dorfbewohner scheint seine eigenen Geheimnisse zu haben, und die Suche nach der Wahrheit offenbart einen Abgrund voller Lügen und Rätsel.
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Nach „Der Tod der dreckigen Anna“ lässt Tina Seel ihren zweiten Kriminalroman ebenfalls in einem südpfälzischem Dorf spielen. Der Bäckerlehrling Harald Hasenbach findet die Leiche der Winzertochter Rosi ...
Nach „Der Tod der dreckigen Anna“ lässt Tina Seel ihren zweiten Kriminalroman ebenfalls in einem südpfälzischem Dorf spielen. Der Bäckerlehrling Harald Hasenbach findet die Leiche der Winzertochter Rosi Brucker und versucht, ein Lösegeld zu erpressen.
Wie auch in ihrem ersten Krimi zeichnet die Autorin ein sehr überzogenes Bild eines Teils der Dorfgemeinschaft, denn wir lernen nur wenige Familien kennen. Ihre vielen Protagonisten sind lebendig beschrieben. Bei vielen der gut vorstellbaren Szenen hat die Leserin das Gefühl, mittendrin zu sein, so bei einigen ehelichen Gesprächen (oder Nicht-Gesprächen). Frauen werden von ihren Männern schlecht behandelt, die Jugendlichen bleiben sich selbst überlassen, Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen werden nicht für voll genommen. Im Grunde sind der Busfahrer Atze, Bruder von Harald, und seine intellektuell ähnlich ausgestatteten Freunden die größeren Deppen (um im Sprachstil zu bleiben), was aber nicht groß auffällt.
Die Ermittler haben zunächst nur wenig Ansatzpunkte, weil völlig unklar ist, was genau mit Rosi vor ihrem Tod passiert ist. Wird es ihnen dennoch gelingen, den Fall abzuschließen? Die Auflösung ist folgerichtig, wenn auch ein wenig überraschend.
Tina Seel beschreibt die Szenerie mit viel schwarzem Humor und Wortwitz.
Die diesem Krimi zugrundeliegende Idee gefällt mir sehr gut, auch die Auflösung.
Fazit: ein spannender Krimi mit einer unerwarteten Auflösung
Tina Seel - Der sonderbare Fall der Rosi Brucker
(Emons Verlag)
- humorvoll überspitzter Kriminalroman mit zeitlichem und lokalem Bezug -
Titel, wie "Der sonderbare Fall der Rosi Brucker" machen mich ...
Tina Seel - Der sonderbare Fall der Rosi Brucker
(Emons Verlag)
- humorvoll überspitzter Kriminalroman mit zeitlichem und lokalem Bezug -
Titel, wie "Der sonderbare Fall der Rosi Brucker" machen mich grundsätzlich neugierig, scheint sich dahinter in der Regel doch eine tiefschürfende Lyrik zu verbergen. Nun ja, eine tiefschürfende Lyrik können wir im Falle der deutschen Schriftstellerin Tina Seel und ihrem kürzlich im Emons Verlag erschienenen, zweiten Kriminalroman vielleicht nicht ganz erwarten. Dafür aber einen durchaus intelligent aufgebauten, humorvoll überspitzten Unterhaltungsroman und eine unterschwellige Persiflage auf das Dorfleben in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Mit trockenem, rußgeschwärztem Humor, allerlei moralischen Verwerflichkeiten und gut abgegangenem Pfälzer Lokalkolorit, zeichnet die, 1965 in Landau/Pfalz geborene Autorin, auf 352 Seiten auch ein durchaus authentisches Abbild der damaligen Zeit.
Wir schreiben das Jahr 1975, befinden uns in einem Dorf unweit von Pirmasens und begleiten den fünfzehnjährigen Bäckerlehrling Harald "Hasel" Hasenbach, als er die Leiche der retardierten Winzertochter Rosi Brucker in einem Waldstück bei Allweiler entdeckt. Notdürftig unter einem Haufen Holz verscharrt, bedeckt Hasel "die dappich Rosi" nach vorsichtiger Begutachtung wieder und macht sich vom Acker. Doch anstatt die Polizei über den Tod der Rosi zu informieren, wird dem Sonderling mit dem Sprachfehler und der Hasenscharte, in einem Anflug anarchistischen Hochmuts klar, dass sich hier eine einmalige Chance auftut. So beschließt er kurzerhand, die Winzerfamilie zu erpressen. Hasel gaukelt ihnen eine Entführung vor, fordert ein Lösegeld und leitet damit in erster Linie die Spekulationen der verschrobenen Dorfbewohner, sowie die Ermittlungen der Kripo Pirmasens, in eine völlig falsche Richtung.
"Hasel hatte allerdings schon als Kind herausgefunden, dass der Schlüssel zu Atzes Schrank identisch war mit dem Schlüssel zu seinem eigenen Schrank. Die Möbelfirma hatte sich damals wohl nicht allzu sehr ins Zeug gelegt, halb Deutschland hätte Atzes Schrank öffnen können." (Zitat S. 54)
Als Otto Brucker seine 32 Jahre alte Tochter Rosemarie, nach einem anonymen Hinweis, mausetot unter einem Holzhaufen auffindet, denkt der patriarchalische, bärbeißige und störrische Weinbauer einmal mehr nur an sich und die Blamage, die der Umstand von Rosis Tod samt Erpressung mit sich bringen wird. Also bedeckt der Weinbauer "die dappich Rosi" nach vorsichtiger Begutachtung wieder und macht sich vom Acker. Doch anstatt die Polizei über den Tod seiner Tochter zu informieren, macht sich der bornierte, jähzornige und halsstarrige Weinbauer Otto Brucker, der sein Eheweib Alwine behandelt wie den letzten Dreck, letztlich Sorgen ganz anderer Art. Während die Polizei ihren Ermittlungen in und um das fiktive Örtchen Allweiler nachgeht, sind die Einwohner stets bemüht, scheinheilig den Anschein zu wahren. Vor lauter Eifersucht gönnt jeder seinem Nächsten die Wurst auf dem Brot nicht. Die Moral ist also schnell beim Teufel und so kommen alsbald auch Sodom und Gomorrha ans Allweiler Tageslicht.
Tina Seel hat mit 1975 einen guten Jahrgang gewählt. In diesem konnte sich die, heute in Berlin lebende Autorin "frei Schnauze" bewegen, da man sich zu diesem Zeitpunkt um Political Correctness nicht sonderlich scherte. Seel skizziert das typische, konservative Dorfleben der Pfalz nahe am damaligen Zeitgeschehen und hat die um sich greifende Tristesse des Alltags mit durchaus ernst gemeinten, dennoch heiteren und leicht ins Metaphorische abdriftenden Aspekten angereichert. Dabei führt sie in ihren kriminalistischen Unterhaltungsroman, gefühlt auf jeder zweiten Seite neue Charaktere ein. Man könnte fast meinen, sie wolle ganz Allweiler in ihrem Roman unterbringen. Die hierbei beschriebenen Eigenheiten der Pfälzer Dorfbewohner, mit ihren Vorurteilen und kurz angebundenen Gehässigkeiten, werden seitens der Verfasserin überzogen klischeebehaftet dargestellt. Tina Seels überladener Humor ist ab und an auch mal ein wenig drüber. Auf der anderen Seite ist "Der sonderbare Fall der Rosi Brucker" über weite Strecken richtig lustig. Wenn die Autorin beispielsweise die Macken und Wesenszüge der Dorfbewohner, den Dialekt oder Hasles Sprachfehler literarisch verarbeitet, erinnert das durchaus schon mal an Rita Falks Eberhofer-Krimis, die Unterfilzbach-Krimikomödien von Eva Adam oder die Kluftinger-Reihe von Klüpfel & Kobr. Wer auf die angesprochenen Krimi-Reihen steht, könnte sich in Allweiler vielleicht sogar richtig cozy und heimisch fühlen.
Tina Seel - Der sonderbare Fall der Rosi Brucker
Emons Verlag
Kriminalroman
ISBN: 978-3-7408-1896-8
352 Seiten
Broschur
Erscheinungstermin: 19.10.2023
EUR 14,00 Euro [DE] inkl. MwSt.
Weitere Formate:
ISBN eBook: 978-3-98707-080-8
Erscheinungstermin: 19.10.2023
EUR 10,99 Euro [DE] inkl. MwSt.
Das Setting, das Tina Seel für ihren neuesten Kriminalroman „Der sonderbare Fall der Rosi Brucker“ gewählt hat, mutet fast wie eine andere Welt an: ein kleines pfälzisches Dorf in den Siebzigerjahren, ...
Das Setting, das Tina Seel für ihren neuesten Kriminalroman „Der sonderbare Fall der Rosi Brucker“ gewählt hat, mutet fast wie eine andere Welt an: ein kleines pfälzisches Dorf in den Siebzigerjahren, in dem Nächstenliebe, Gemeinschaftssinn und Toleranz Fremdwörter zu sein scheinen. Diese überzogen negative Darstellung mutet bisweilen bizarr an, sorgt aber zugleich für ein durchaus interessantes Leseerlebnis.
Dass die geistig behinderte Rosi Brucker ermordet wurde, erfährt der kleine Ort Allweiler erst mit einiger Verzögerung. Der Finder der Leiche, Bäckerlehrling Hasel, ergreift nämlich die Gelegenheit beim Schopf und fordert von den begüterten Eltern der jungen Frau ein Lösegeld, anstatt ihren Tod zu vermelden. Damit setzt er die Polizei, die insgesamt nicht so auf Zack ist, auf eine völlig falsche Spur, sodass sie erfolglos durchs Dorf ermittelt und mit nahezu allen Bewohnern spricht, von denen sich einer unsympathischer und empathieloser erweist als der nächste. Beim Lesen fällt es bisweilen schwer, aus diesem Wust an menschlichen Abgründen noch eine Identifikation mit irgendeiner Figur zustande zu bringen. Die Polyphonie der vielen Stimmen, die zu Wort kommen, lässt sowieso nur wenig Zeit für individuelle Figurenzeichnung. Obendrein bedient sich die Autorin einer äußerst indirekten Erzählweise mit vielen Rückblenden und indirekter Rede, die eine deutliche Distanz zum Geschehen aufbaut. Kurz gesagt: Man bleibt immer außen stehen. Wenn man das vor dem Hintergrund der abgeschotteten Dorfgemeinschaft liest, kein ungeschickter Kniff, jedoch teils etwas anstrengend zu lesen.
Was Tina Seel hingegen meisterhaft gelingt, ist, einen sehr konkreten Eindruck eines bestimmten Milieus heraufzubeschwören. Von der Ausdrucksweise über die Auswahl der Figuren mit ihren diversen Hintergründen und Geheimnissen – alles lässt das Bild dieses (aus moderner Sicht) rückständigen Dörfchens lebendig und präsent erscheinen. Die Kriminalhandlung ist zudem durchaus solide, wenn auch nicht gerade geprägt von überraschenden Wendungen. Insbesondere die Figur Hasels, der sich disruptiv auf die Ermittlungen auswirkt, sorgt für Spannung.
Insgesamt ist „Der sonderbare Fall der Rosi Brucker“ ein durchaus lesenswerter Kriminalroman mit starken Elementen einer Milieustudie, der jedoch nicht immer angenehm zu lesen ist und mit extrem unsympathischen Figuren und einer deutlichen Distanz zur Leserschaft daherkommt.
Harald Hasenbach, den jeder nur abfällig Hasel nennt, ist längst nicht der Trottel für den ihn alle halten. Dass er als Außenseiter nie ernst genommen wurde und seit seiner frühesten Kindheit ein beliebtes ...
Harald Hasenbach, den jeder nur abfällig Hasel nennt, ist längst nicht der Trottel für den ihn alle halten. Dass er als Außenseiter nie ernst genommen wurde und seit seiner frühesten Kindheit ein beliebtes Mobbing-Opfer war, hat ihn zu einem stillen Beobachter gemacht. Als er zufälligerweise über die Leiche einer jungen Frau stolpert, sieht er seine Chance gekommen. Alles läuft nach Plan und Hasel wähnt sich auf er Überholspur. Doch plötzlich scheint das ganze Dorf verrückt zu spielen. Entsprechend schwierig ist es für die ermittelnden Beamten, die Spreu vom Korn zu trennen. Und schon nimmt die Gerechtigkeit einen recht eigenwilligen Verlauf …
Fazit
Ein boshafter Gesellschaftskrimi, der sich stellenweise hart an der Grenze des guten Geschmacks bewegt.