Cover-Bild Letzte Fahrt nach Königsberg
20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: btb
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 19.03.2018
  • ISBN: 9783442757763
Ulrich Trebbin

Letzte Fahrt nach Königsberg

Roman
Königsberg, das sind für Ella die Möwen über dem Fischmarkt, das ist der ornamentale Rundbogen über dem väterlichen Weinkontor. Das sind die unbeschwerten Tage an der Küste des Samlands und das ist Victor, ihre erste große Jugendliebe. Doch Anfang 1945, kurz vor Kriegsende, liegt die einst so prachtvolle Metropole Ostpreußens in Schutt und Asche. Und auch in Potsdam, wohin sich Ella mit ihren beiden Kindern geflüchtet hat, wird die Lage immer beklemmender, die Essensvorräte immer knapper. Als Ella sich an die zahllosen Einmachgläser im Keller ihrer alten Königsberger Wohnung erinnert, gefüllt mit Mirabellen, Sauerkraut und Schweinebraten, wagt sie das Unmögliche: Mitten hinein in den Vormarsch der russischen Truppen steigt sie in den Zug nach Königsberg, in eine Welt, die dem Untergang geweiht ist.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.04.2018

Deine Heimat ist Vergangenheit

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„Aber irgendwie hatten sie noch ein hinlänglich normales Leben führen können – oder wenigstens die Illusion davon. Und jetzt die totale Zerstörung einer ganzen Welt. Ihrer Welt. Mit den Mauern der Stadt ...

„Aber irgendwie hatten sie noch ein hinlänglich normales Leben führen können – oder wenigstens die Illusion davon. Und jetzt die totale Zerstörung einer ganzen Welt. Ihrer Welt. Mit den Mauern der Stadt waren auch die ihrer Kindheit und Jugend eingestürzt.“


Inhalt


Geboren und aufgewachsen in der wunderschönen Stadt Königsberg, nahe der Ostseeküste wächst Ella in einem gut situierten Elternhaus auf. Der Vater erfolgreicher Weinhändler, die älteren Geschwister an höheren Schulen und im Haushalt gibt es Personal. Unbeschwert und glücklich erlebt Ella ihre Jugend, genießt ihr Leben, trifft sich mit Freunden und entdeckt ihre Welt mit den Augen einer aufblühenden jungen Frau. Doch die Schatten ihrer Zeit verdunkeln den Horizont, denn nicht nur der persönliche Schicksalsschlag vom Tod des Vaters, welcher der Familie den finanziellen Rückhalt raubt, belastet die Aschmoneits, sondern auch die Erstarkung des Nationalsozialismus mit immer dramatischeren Auswüchsen. Ella muss ihren erstrebten Traumberuf an den Nagel hängen, da ein Studium nicht mehr möglich ist und ihre aufkeimende Leidenschaft für Victor Jacoby steht ebenfalls auf wackeligen Beinen. Als der Krieg schließlich mit voller Wucht in Königsberg wütet, lebt Ella bereits in Potsdam bei ihrer Schwester – doch in der Heimat wartet Wertvolles auf sie und der Hunger der Familie ist groß. Sie beschließt entgegen aller Warnungen nochmals zurückzukehren, um zu retten, was noch zu retten ist. Bis es immer schwieriger wird einen Zug zu bekommen, weil die Menschen in Heerscharen die Heimat verlassen und auch für Ella eine schmerzhafte Trennung bevorsteht …


Meinung


Auf Grund einer Leserempfehlung habe ich zu diesem interessanten Roman gegriffen, der nicht nur eine spannende Geschichte über eine junge Frau und deren Leben verspricht, sondern auch die Aufarbeitung einer Familiengeschichte vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs und insbesondere der Zerstörung der ostpreußischen Metropole Königsberg, aus der auch meine Großmutter väterlicherseits stammt.


Dieser Roman erfüllt dabei alle Voraussetzungen, die ich an ansprechende, unterhaltsame Belletristik stelle und malt nicht nur das schöne Bild einer für immer verlorenen Stadt, als diese sich noch in ihrem Glanz sonnte, sondern zeigt einmal mehr, wie zerstörerisch und vernichtend das zivile Leben während des Krieges war. Anhand der persönlichen Lebensgeschichte, die der Autor Ulrich Trebbin sehr ehrlich und liebevoll aufarbeitet und sie geschickt mit den historischen Ereignissen der Zeit verbindet, entsteht ein bewegender, sehr umfassender Einblick in die alltäglichen Belastungen, die heeren Träume, die erschütternden Wahrheiten und die traurigen Bilanzen einer ganzen Generation.


Dabei lebt dieses Buch durch und mit einer starken, unbeirrbaren Frau, die trotz aller Tiefschläge unbeirrt, ja manchmal regelrecht naiv ihren Weg beschreitet, um aus allen Entscheidungen und Verfehlungen ihre Lehren zu ziehen und nicht in Resignation und Starre zu verfallen, sondern beständig vorwärts zu schreiten. Gerade diese facettenreiche, lebhafte Hauptprotagonistin hat für mich einen wesentlichen Teil des Charmes dieses Buches ausgemacht. Denn einmal abgesehen von den ansprechenden Schauplätzen, den gut gezeichneten Nebenfiguren und den aufklärenden Hintergrundfakten, war es in erster Linie Ella, die mich für sich und ihr Leben einnehmen konnte.


Abwechslung und Vielfalt zeigt sich auch in den wechselnden Zeitebenen, die sich generell an persönlichen Stationen festmachen, die für ein Menschenleben entscheidende Wendungen bringen. Der Tod des Vaters, die leicht distanzierte Beziehung zur Jugendliebe, die Heirat mit der guten Partie, die nicht zwangsläufig auf Liebe basiert aber auch die Rückkehr in die zerstörte Heimat, das Vermissen der Verunglückten und die erbarmungslose Lücke, die der Krieg in zwischenmenschliche Beziehungen reißt – all das sind Themen, die nicht nur angeschnitten, sondern auch mit Leben gefüllt werden. Deshalb kann ich auch gut über einige langatmigere Passagen hinwegsehen, die sich mit dem Präparieren von Schmetterlingen oder der detaillierten Stadtbeschreibung befassen. Es passt alles gut zusammen und ergibt ein schlüssiges Bild.


Fazit


Ich vergebe sehr gute 4 Lesesterne (4,5 wenn man so möchte) für diesen individuellen, intensiven Roman, der für mich sowohl Zeitzeugnis als auch Lebensgeschichte darstellt. Er beschäftigt sich mit zahlreichen Themen, die manchmal zwar nur angeschnitten werden aber in ihrer Fülle und Gesamtwirkung unschlagbar sind. Ich empfehle das Buch all jenen, die Familiengeschichten lieben, die Menschenschicksale kennenlernen möchten, die wissen wollen, wie es in vergangenen Zeiten war, die sich mit Begriffen wie Herkunft, Heimat und Erinnerungen identifizieren können und die einen gelungenen Unterhaltungsroman suchen. Denn auf der Reise, die dieses Buch beschreibt, findet man sehr viel Menschlichkeit, viel Leid, viel Mut, viel Leben und die Gewissheit, das alles einen Sinn und Zweck erfüllt – sei es ein Einweckglas mit Schweinebraten oder eine vergilbte Fotografie mit welligen Rändern.

Veröffentlicht am 19.05.2018

Ostpreußische Familiengeschichte

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In jungen Jahren scheint es das Schicksal gut mit Ella Aschmoneit zu meinen. Sie lebt in einer wohlhabenden Familie und ihr Vater ist als Weinhändler ein angesehener Mann in der Gesellschaft. Für Ella ...

In jungen Jahren scheint es das Schicksal gut mit Ella Aschmoneit zu meinen. Sie lebt in einer wohlhabenden Familie und ihr Vater ist als Weinhändler ein angesehener Mann in der Gesellschaft. Für Ella steht fest, sie will wie ihre Schwestern zur Universität, um dann später Ärztin werden zu können. Aber das Schicksal wendet sich, als ihr Vater einen plötzlichen Tod stirbt und Deutschland dem Rest der Welt den Krieg erklärt. Ella steht plötzlich vor vielen Veränderungen und auch die ersten aufkeimenden Gefühle für einen Jungen lassen ihr Leben aus den vorgefertigten Bahnen schlittern...

Der Autor Ulrich Trebbin hat mit "Letzte Fahrt nach Königsberg" einen ergreifenden Roman über das Leben einer jungen Frau zur Zeit des 2. Weltkrieges geschrieben. Er erzählt die Geschichte in einem sehr bildreichen und detailverliebten Schreibstil, der mir die damalige Zeit gut vor Augen führte und springt dabei in den jeweiligen Kapiteln in der Zeit vor und zurück. Dies Zeit- und Perspektivwechsel beleben das Buch und geben manchmal im Nachhinein die Erläuterungen für Geschehnisse aus den vorherigen Abschnitten. Die Protagonisten werden gut dargestellt und passen gut in die damalige Zeit. Sehr gut gefallen hat mir der Einblick in die Gefühlswelt der Personen. Der historische Hintergrund wirkt sehr gut recherchiert und dem Autor ist die enge Verbundenheit zum Ostpreußischen Land anzumerken, in der seine eigen Familien-geschichte verankert ist. Das Buch wirkt so sehr authentisch und gibt ein lebendiges und nachvollziehbares Bild für die dramatischen Zeit der dunklen Stunde Deutschlands.

Insgesamt hat mir "Letzte Fahrt nach Königsberg" gut gefallen, auch wenn mir der Autor an der einen oder anderen Stelle mal etwas zu detailverliebt war. Ein lesenswertes Buch, welches ich gerne weiterempfehle und mit guten vier von fünf Sternen bewerte.

Veröffentlicht am 14.05.2018

Geschichte einer eigenwilligen Frau

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Ella wächst in der Zeit zwischen den Weltkriegen in gut situierten Verhältnissen in Königsberg auf. Aber die sorglosen, sonnigen und heiteren Tage in der Stadt und am Strand werden nicht von Dauer sein. ...

Ella wächst in der Zeit zwischen den Weltkriegen in gut situierten Verhältnissen in Königsberg auf. Aber die sorglosen, sonnigen und heiteren Tage in der Stadt und am Strand werden nicht von Dauer sein. Zunächst stirbt der Vater, der Wohlstand ist weitgehend vorbei, und Ella muss ihre Höhere Schulbildung und den Traum von einem Medizinstudium aufgeben. Sie wird statt dessen Schreibkraft an der Universität. Und statt ihrer Jugendliebe Victor heiratet sie den etwas hölzernen Hinrich. Und dann kommt der Zweite Weltkrieg und Ella kommt mit ihren inzwischen zwei Kindern bei ihrer Schwester in Potsdam unter. Aber im Januar 1945 fährt sie noch ein letztes Mal nach Königsberg. Sie will die Lebensmittel, die dort noch im Keller lagern, retten und damit den Hunger ihrer Familie lindern. Ella findet ein stark zerstörtes Königsberg vor und sie besucht noch einmal ihre Mutter und alte Freunde. Und sie fängt an, die Lebensmittel zu retten. Doch die Front rückt näher....


Aus heutiger Sicht wirkt es sicherlich fast verrückt, noch im Januar 1945 zurück nach Ostpreussen zu fahren. Aber damals wusste man nicht, wie nah die feindlichen Truppen wirklich standen. Und man hatte Hunger. Und die Protagonistin dieses Romans ist eben auch eine eigenwillige Person. Voller Elan und Lebenslust. Aber leider machen ihr Krieg und Flucht immer wieder einen Strich durch ihre Lebenspläne.
Und so wird Ella weder ihre große Liebe heiraten noch Ärztin werden noch in ihrer geliebten Heimat bleiben können. Aber Victor wird sie noch einmal begegnen....

Dies alles wird in verschiedenen Zeit-Ebenen und mit Rückblenden erzählt. Der Autor hat die reale Geschichte seiner Großmutter als Grundlage für diesen Roman genommen. Und damit ein eindrucksvolles Portrait einer Frau geschaffen, die aufgrund des Zeitgeschehens und aufgrund der gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen ihre Ziele oft nicht erreichen konnte.

Damit erzählt der Roman sowohl von den alten Zeiten in Königsberg als auch von Flucht und Vertreibung und von der Suche nach einem neuen Zuhause. Und damit ist der Roman wieder ganz aktuell.

Veröffentlicht am 29.04.2018

Flucht aus der Heimat Ostpreußen

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Dieser historische Roman wird insbesondere das Interesse jener wecken, die selbst oder deren Vorfahren Wurzeln in Ostpreußen haben.
Die Protagonistin Ella, aus guter Familie, hat ihre Kindheit und Jugend ...

Dieser historische Roman wird insbesondere das Interesse jener wecken, die selbst oder deren Vorfahren Wurzeln in Ostpreußen haben.
Die Protagonistin Ella, aus guter Familie, hat ihre Kindheit und Jugend in Königsberg verbracht. 1944 flüchtet sie aus ihrer im Krieg zerstörten Heimat nach Potsdam und von dort vor dem drohenden Einmarsch der Russen nach Westdeutschland.

Was den geschichtlichen Hintergrund anbelangt, ist der Roman durchweg gelungen. Er vermittelt so viel Wissen über das Königsberg zwischen den Kriegen, während des Zweiten Weltkriegs sowie in der Gegenwart. Abgerundet und der besseren Vorstellung dienend wird das Ganze durch einen Stadtplan und eine Karte Ostpreußens im Innenteil des vorderen und hinteren Bucheinbandes. Die eine oder andere wörtliche Rede in original ostpreußischem Dialekt sowie die Beschreibung typischer Gerichte wirken auflockernd. Auf jeden Fall ist das Buch ein guter Beitrag, um nachvollziehen zu können, was der Verlust von Heimat aufgrund kriegerischer Ereignisse bedeutet.
Der eigentlich unterhaltende Teil der Geschichte vermochte mich hingegen nicht so recht zu überzeugen. Das fängt bereits dabei an, dass im Klappentext Schwerpunkte gesetzt werden, die der eigentliche Buchtext dann ganz anders umsetzt. Ellas Jugendliebe erweist sich als ein einseitig von ihr ausgehende Liebe, die sie im Laufe der Jahre geradezu verherrlicht. Dass sie sich als verheiratete Frau mit drei Kindern unbedingt von eben diesem Geliebten schwängern lassen will (ob es gelingt, bleibt offen), wirkt etwas schwülstig und wirft kein schönes Bild auf die Rolle der Frau. Ellas kurzer Hamstertour von Potsdam zurück nach Königsberg, um sich ihre Einmachgläser zu holen, von denen sie geradezu besessen ist, kommt keine richtige Bedeutung zu. Im Übrigen verliert sich der Autor mehr als einmal an Detailschilderungen, z.B. dem Fangen und Präparieren von Schmetterlingen oder einem Reitturnier. Auf jeden Fall ist positiv zu würdigen, dass der Autor schonungslos die eigene Familiengeschichte aufarbeitet.

Alles in allem bewerte ich das Buch mit 31/2 Sternen.