Ein folgenreiches Beziehungsdreieck - packend erzählter historischer Roman mit spannender Figurenkonstellation
Seit ihrer Kindheit sind Luise, Robert, Johannes und dessen Schwester Ilse eng befreundet. Doch der Erste Weltkrieg, in dem Johannes und Robert an der Front für Deutschland kämpfen, ändert alles. Johannes ...
Seit ihrer Kindheit sind Luise, Robert, Johannes und dessen Schwester Ilse eng befreundet. Doch der Erste Weltkrieg, in dem Johannes und Robert an der Front für Deutschland kämpfen, ändert alles. Johannes gilt nach Kriegsende als vermisst, Robert ist seit dem Krieg völlig verändert. Als Robert 1920 den Auftrag bekommt, an der Neugestaltung des Bahnhofs Friedrichstraße mitzuarbeiten, fasst er sich ein Herz und macht Luise einen Heiratsantrag. Doch es gelingt ihm nicht, die schlimmen Erfahrungen der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Über der Beziehung zu Luise liegt daher ein Schatten. Und dann taucht plötzlich Johannes wieder auf…
Autorin Ulrike Schweikert erzählt flüssig und klar aus der Sichtweise ihrer verschiedenen Figuren in der dritten Person. Sie schildert verschiedene zentrale Momente aus dem Leben ihrer Protagonisten, erläutert aber immer wieder auch historische und gesellschaftliche Ereignisse, die ihre Figuren miterleben und die sie prägen. Sprecherin Sabine Arnold liest gut betont, beherzt-resolut und mit angenehm klingender Stimme. Ihrem fesselnden Vortrag hörte ich gerne zu.
Die Hauptfiguren sind ganz unterschiedlich. Luise ist eine mitfühlende und leidenschaftliche Frau. Sie hat Spaß an ihrem Beruf als Sekretärin bei der Polizei, arbeitet gerne direkt am „Puls der Zeit“, mag es das Leben der Stadt „in sich aufzusaugen“. Robert wirkt etwas ernster als sie, ist er doch von den Erfahrungen des ersten Weltkriegs sehr beeinflusst und leidet an Schuldgefühlen. Sein aus Kindertagen bester Freund Johannes kehrt verwundet aus dem Krieg zurück. Die Pläne seiner Jugend gehören nun der Vergangenheit an, er muss sich völlig neu orientieren. Johannes Schwester Ilse bewegt sich in der Kulturszene Berlins, hat Kontakte zu vielen Kulturschaffenden wie Claire Waldoff, Marlene Dietrich oder Erich Kästner. Sie hat ein besonders Talent für Mode. Dann gibt es noch Ella aus dem Hinterhaus, die nie richtig zum engen Freundeskreis dazugehörte, nicht so begütert aufwuchs wie die anderen, sich um ihren Bruder Paul, der auf die schiefe Bahn gerät, kümmern muss und die stets finanzielle Sorgen plagen.
Die vielfältige, abwechslungsreiche Personenkonstellation mit ihren konfliktbehafteten Beziehungen umfasst Figuren aus verschiedenen Schichten und Kreisen, das gestaltet die Geschichte sehr interessant.
Autorin Ulrike Schweikert nimmt ihre Hörer mit auf eine Reise ins Berlin der 20er und 30er Jahre, lässt die pulsierende, facettenreiche Stadt lebendig werden. Sie fängt die Atmosphäre der Metropole treffend ein, gibt Einblick in die schillernde Kulturszene und vermittelt gleichzeitig, welche politischen und gesellschaftlichen Fragen die Leute damals bewegten. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich die komplexen Beziehungen ihrer Hauptfiguren weiter, die alle von den Ereignissen ihrer Zeit geprägt sind. Männer und Frauen müssen sich nach den aufwühlenden Ereignissen „neu finden“. Wie auch ihre Roman um die Berliner Charité hat mich die Autorin mit dem Auftakt „Novembersturm“ aus der Reihe „Berlin Friedrichstraße“ überzeugt. Mir hat das Aufeinandertreffen aus realen und fiktiven Charakteren, die vielfältigen Figuren, ihre interessanten Geschichten und die Einbindung historischer Ereignisse gut gefallen. Ein Schmöker ganz nach meinem Geschmack, ich freue mich schon auf die Fortsetzung.