Ich habe bereits vor ein paar Jahren Dunkler Wahn und Kalte Stille von Wulf Dorn gelesen, fand beide Thriller wirklich herausragend und wollte nun auch endlich seinen Debütroman Trigger lesen, mit dem sich der Autor in die Liga der besten deutschen Thriller-Autoren geschrieben hat.
Wenn der Schauplatz eines Psychothrillers in einer Psychiatrie angesiedelt ist, finde ich das ohnehin besonders interessant – wenn das Buch dann noch gut recherchiert und raffiniert gestrickt ist, kann eigentlich fast nichts mehr schiefgehen. In Wulf Dorns Trigger ist jedenfalls nichts schiefgegangen, denn dieser Thriller hat mir wieder sehr gut gefallen.
Man merkt, dass der Autor selbst viele Jahre in einer Psychiatrie tätig war, seine Erfahrungen in seine Bücher einfließen lässt und ein Gespür für Schicksale, Ängste und die Abgründe menschlicher Seelen hat.
Zu Beginn des Buches erfährt man zunächst einiges über den Klinikalltag und die Arbeit der Psychiaterin Ellen Roth. Es dauert ein Weilchen, bis die eigentliche Thrillerhandlung wirklich in Gang kommt, aber ich fand die Schilderung des Alltags in einer Psychiatrie äußerst interessant und sie ist meiner Meinung nach auch wichtig und notwendig, um die Hauptprotagonistin Ellen besser kennenzulernen. Man kann nicht behaupten, dass mir diese Frau besonders sympathisch war, aber darum geht es ja auch nicht. Wichtiger für die Geschichte und den Plot ist vielmehr ihre Glaubwürdigkeit und die Zuverlässigkeit ihrer Beobachtungen und Einschätzungen. Wulf Dorn hat sich sehr viel Mühe gegeben, diese Protagonistin sehr präzise und facettenreich auszuarbeiten. Hierfür ist eine sorgfältige Einführung dieser Figur zu Beginn dieses Thrillers unabdingbar, denn der Leser lernt Ellen zunächst als äußerst gewissenhafte und kompetente Psychiaterin kennen, die sich um jeden Patienten bemüht, aber häufig auch an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stößt. Als die mysteriöse Patientin, die niemand außer Ellen jemals zu Gesicht bekam, plötzlich verschwindet, der „Schwarze Mann“, von dem die Frau sprach, auch Kontakt zu Ellen aufnimmt und sie sich ständig verfolgt und beobachtet fühlt, will ihr aber niemand Glauben schenken, denn außer ihr nimmt niemand diese Bedrohung wahr. Ich war häufig hin- und hergerissen, denn einerseits war ich mir sicher, dass Ellens Ängste berechtigt sind, wütend, weil niemand sie ernstzunehmen schien, dann allerdings auch ein wenig skeptisch, ob sie sich vielleicht nicht doch alles nur einbildet. Alle anderen Figuren dieses Thrillers bleiben recht flach und konturlos, aber das macht auch durchaus Sinn, denn im Verlauf der Handlung habe ich nahezu jeden in Ellens Umfeld verdächtigt. Die Figuren sind so angelegt, dass der Leser im Grunde nur Ellen wirklich nahekommt, mit ihr mitfiebert und an ihrer Seite diese Ängste, Bedrohung und Beklemmung durchlebt. Alle anderen Protagonisten bleiben fremd, sind nur schwer einzuschätzen und somit irgendwann verdächtig. Doch sobald ich mir sicher war, nun genau zu wissen, wer der Täter ist, wurde der Verdacht wieder auf eine andere Person gelenkt. Hin und wieder zweifelte ich aber auch an Ellen und hatte den Verdacht, dass ihr Verstand ihr wirklich lediglich einen Streich spielt. Die Verwirrtheit der Hauptprotagonistin und die vage Figurengestaltung der anderen Charaktere tragen jedenfalls enorm zum Spannungsbogen dieses fesselnden Thrillers bei.
Wulf Dorn legt immer wieder neue Fährten und führt den Leser stets aufs Neue in die Irre. Hinzu kommt, dass die Schauplätze sehr gut ausgewählt sind und für eine beklemmende Atmosphäre sorgen.
Dorns Schreibstil ist sehr flüssig und die Geschichte so raffiniert komponiert und wendungsreich, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte, sondern es nahezu an einem Stück durchgelesen habe, weil ich einfach wissen musste, wie es weitergeht. Der Plot ist äußerst verzwickt und war für mich, selbst wenn ich häufig dachte, nun zu wissen, wie alles enden wird, vollkommen unvorhersehbar. Am Ende dieses packenden Thrillers war ich überrascht und erschüttert zugleich.
Wulf Dorn versteht es hervorragend mit den Ängsten des Lesers zu spielen, denn die permanente Bedrohung, die Ellen fast um den Verstand bringt, war auch für mich spürbar. Das Buch ließ mich häufig den Atem anhalten, obwohl der Autor vollkommen auf die Schilderung von Brutalität oder blutigen Details verzichtet. Ich empfand diesen psychologischen Thriller auf eine sehr leise, subtile, aber eindrückliche Weise sehr beklemmend und verstörend. Und das macht einen fesselnden Thriller für mich auch aus – der Blick in die Abgründe menschlicher Seelen und atemlose Spannung ohne Effekthascherei.