Der fromme Ludwig sollte ja eigentlich gar nicht der Nachfolger des großen Karl werden. Anders als sein Vater war Ludwig sehr gebildet, konnte lesen und schreiben, und das sogar in Fremdsprachen wie Latein und Griechisch. Vielleicht wäre aus ihm ein großer Künstler oder Gelehrter geworden, aber das Schicksal hatte andere Pläne. Durch den Tod der Brüder, die vor ihm den Thron hätten besteigen sollen, stieg er dann zum Kaiser auf. Er war nicht der starke Kämpfer, der sein Vater gewesen war, auch wenn er sich in einigen Auseinandersetzungen zu behaupten wusste. Ludwig las gern Bücher und betete viel, und er versuchte Konflikte lieber friedlich zu lösen als durch Gewalt. Das gefiel in einer von Gewalt geprägten Zeit natürlich nicht allen Fürsten in seinem Umfeld. Aus der Leseprobe entnehmen wir, dass seine beiden Söhne Lothar und Pippin das Bretonenproblem lieber mit dem Schwert lösen wollten. Eine Abstimmung hätte Ludwig sicher verloren, es gelang ihm gerade noch, das Thema auf eine spätere Sitzung zu verschieben. Die Stimmung auf der einleitenden Versammlung zeigt schon die Konflikte auf, die auch im weiteren Verlauf von Ludwigs Herrschaft immer wieder eine Rolle spielen sollten. Es geht um Macht und um die Durchsetzungsfähigkeit der eigenen Interessen. Ludwig war mehr an innenpolitischen Reformen interessiert, so ein großes Reich, wie Karl es ihm hinterlassen hatte, musste sinnvoll regiert und verwaltet werden. Aus der Geschichte wissen wir, dass dies dem Kaiser nicht gelang. Er hat es versucht und ist gescheitert, aber auch der Versuch verdient Respekt, denn einiges hat Ludwig schon bewirkt. Ich bin gespannt, wie der Autor aus den historischen Fakten einen hoffentlich spannenden Roman strickt, das könnte schon sehr interessant werden. Denn eine weitere Dynastie spielt hier auch eine Rolle, die bis in unsere Tage fortbesteht (im Gegensatz zu den Karolingern): die Welfen.
Judith, die Tochter des ersten Welf, wird eines Tages Ludwigs Ehefrau, und sie übt starken Einfluss auf den Kaiser aus. Zunächst jedoch trifft sie sich noch mit ihrem Bauernfreund, was ihrem Vater so gar nicht gefällt. Eine Adlige und ein Bauer, das geht gar nicht. Ihr Vater verbietet es, aber Judith wäre nicht Judith, wenn sie sich daran halten würde. Mal sehen, wie das endet. Vielleicht bekommen wir als Leser über diesen Aspekt der Geschichte auch einen Einblick in das Leben der einfachen Leute damals. Das würde ich begrüßen.
Der Schreibstil gefällt mir gut, das Cover ist interessant. Es könnte eine spannende Geschichte vor dem historischen Hintergrund werden, ich würde dieses Buch gern lesen.