„Dieser Herzschluckauf ist auf Dauer nicht tragbar, weder in kardiovaskulärer Hinsicht noch was meine geistige Gesundheit angeht.“
(Mara in Die Unannehmlichkeiten von Liebe)
Worum geht’s?
Die Naturwissenschaftlerinnen Mara, Sadie und Hannah sind es gewohnt, sich in männlichen Domänen zu behaupten. Und sie wissen: In der Wissenschaft – wie in der Liebe – sind es die Gegensätze, die die heftigsten Reaktionen hervorrufen. Obwohl sie also vernünftig genug sein sollten, ihren Erzfeinden aus dem Weg zu gehen, findet sich Mara mit dem Mitbewohner aus der Hölle unter einem Dach. Und während Sadie ihrem fiesen Ex ungewollt nahekommt, ist Hannah in einer existenziellen Notlage auf ihren niederträchtigen Kollegen angewiesen. Schon bald geraten alle drei in Gefahr, sich die Finger an ihren (nervtötend heißen) Gegenspielern zu verbrennen …
Die Unannehmlichkeiten von Liebe ist ein Einzelband, der die drei Kurzgeschichten „Under one roof“, „Stuck with you“ und „Below Zero“ zusammenfasst.
Inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird durch die jeweilige Protagonistin in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch beinhaltet sexuellen Content.
Meine Meinung
Nachdem ich im letzten Jahr den großen Hype um Ali Hazelwood mitbekommen habe und mich nach langer Zeit nicht mehr widersetzen konnte, habe ich mich in die humorvollen, ungewöhnlichen Geschichten der Autorin um sympathische Frauen im MINT-Bereich verliebt. Entsprechend war es klar, dass ich auch das neue Buch – bestehend aus drei Kurzgeschichten – lesen musste. Bisher war ich kein großer Fan von Kurzgeschichten, aber ich wollte es mir nicht entgehen lassen, mich wieder in die zauberhafte Welt von Ali Hazelwood entführen zu lassen.
In dem Buch sind drei Kurzgeschichten vereint, die durch die drei Freundinnen Mara, Sadie und Hannah verbunden sind. Die Geschichten sind aber auch so aufgebaut, dass etwa in Geschichte 2 kleinere Spoiler zu Geschichte 1 enthalten sind und so weiter. Sie sind also schon in einer gewissen Weise zusammenhängend. Inhaltlich und auch von den Protagonistinnen her sind die Geschichte sehr verschieden gestaltet und bedienen auch verschiedene Tropes. Was jedoch jede Geschichte hat: Den unvergleichlich witzigen, charmanten Schreibstil, die dezente Sozialkritik am Umgang mit Frauen in naturwissenschaftlichen Bereichen und auch die selbstironische, spritzig-mitreißende Ansprache der Protagonistinnen an die Leser:innen. Man muss aber eben auch bedenken, dass es Kurzgeschichten sind, wodurch die einzelnen Plots nicht übermäßig tiefgründig und intensiv sind. Dafür hat die Autorin im Verhältnis aber definitiv nicht mit sexuellen Content gegeizt, was mir an einigen Stellen fast schon zu viel war, weil ich mir mehr Gefühl und Entwicklung gewünscht hätte. Aber das richtige Gleichgewicht auf so wenigen Seiten zu finden, ist wahrscheinlich auch sehr schwer.
Die erste Geschichten handelt von Mara, die ein Haus geerbt hat, dann aber feststellen muss, dass das Haus ihr nicht allein gehört. Die Geschichte beginnt in der Gegenwart, wo Mara plant, schon wieder auszuziehen und springt dann zurück, um im Rückblick zu erzählen, wie sie zu dem Haus kam und ihren Miteigentümer kennenlernt. Ihr neuer Mitbewohner Liam ist wenig begeistert von seiner neuen Gesellschaft und auch Mara findet ihn fürchterlich, denn beide könnten beruflich kaum weiter auseinanderliegen. In einer Mischung aus Roommates to Lovers (mit bisschen Haters zwischendurch), jeder Menge witziger Wortduelle, fast schon kindischer Bekriegens-Rituale und einigen Einblicken in die Thematiken Klimaschutz und Konzernarbeit möchte man Mara irgendwann schütteln, weil der Leser recht schnell die Vibes von Liam auffängt, der mit seinen aufkommenden Gefühlen für Mara sehr überfordert ist. Die erste Geschichte war für mich allerdings auch die schwächste, ihr fehlte ein wenig der Wumms und der Biss, war aber gleichzeitig auch herrlich entspannt.
In der zweiten Geschichte geht es um Sadie und den „Bonzen-Thor“ Erik. Beide befinden sich nach einem Stromausfall zusammen in einem Fahrstuhl eingesperrt und Sadie könnte sich vermutlich 3 Millionen Orte ausmalen, wo sie lieber wäre. Denn beide haben – kurze – Vorgeschichte. Auch hier springt die Geschichte anschließend zum Kennenlernen zurück, springt zwischendurch aber auch immer wieder in den Fahrstuhl. Die abergläubische Sadie hat Erik durch Zufall kennengelernt, es kam zu intimen Momenten und dann – der große Knall. Seitdem reden beide nicht miteinander. Ich hatte große Erwartungen, was der Grund war (bitte, lass es nichts banales sein) und diese wurden erfüllt. Es ist zwar eine muntere Mischung aus Misskommunikation, Second Chance und Insta Love, aber diese Kurzgeschichte hat mir unfassbar gut gefallen, auch weil sie im Grunde genommen wenig dramatisch, aber dafür sehr realistisch aufgebaut war.
Die ungewöhnlichste Geschichte war die Dritte um Hannah. Denn Hannah ist anders als die ambitionierten Mädels, die man bisher so bei Ali Hazelwood kennengelernt hat. Sie ist eher durch Zufall und Interesse in die Naturwissenschaft gerutscht und hat sich sehr durchgebissen, um final bei der NASA zu landen. Hannah hat eine verdammt selbstbewusste Art, ist sehr flirty und energiegeladen. Die Geschichte beginnt mit Hannah in einem Gletscher mit verletzen Fuß und rückblickend erzählt sie, wie sie dort gelandet ist und wieso ausgerechnet ihr Retter Ian die letzte Person ist, die sie sich hierfür wünschen würde. Denn noch während ihrer Studienzeit lernt sie Ian kennen, den sie interviewen möchte, weil sie so sehr an seinem Beruf interessiert ist. Überflieger Ian erkennt sofort, dass Hannah unglaublich begabt ist und statt eines Interviews fangen beide an, Codes zu debuggen. Die Anziehung ist 100% greifbar, aber es endet auch hier mit einem Knall, denn Hannah ist nur ein Mädchen für eine Nacht und Ian, unglaublich unbeholfen, ist jemand für die Ewigkeit. Als Ian dann noch Hannahs Projekt mit einem Veto torpediert, ist Krieg angesagt. Doch in den kalten Regionen Norwegens muss Hannah vielleicht erkennen, dass einige Sachen anders sind, als man zunächst glaubt. Die dritte Kurzgeschichte war im Vergleich sehr dramatisch und kraftvoll und hat mich auch am meisten unterhalten, dafür war die Beziehungsentwicklung hier für mich die schwächste.
Die Unannehmlichkeiten von Liebe ist insgesamt ein tolles Quickread-Buch für zwischendurch, da die einzelnen Geschichten in unter zwei Stunden lesbar sind und jede in sich geschlossen ist. Gleichzeitig fehlt es aber natürlich an der Tiefe und den großen Gefühlen, die sich auf den wenigen Seiten nicht entwickeln können. Man muss sich unbedingt vor Augen halten, dass es eben Kurzgeschichten sind. Mich haben die Geschichten sehr begeistern und unterhalten können, ich habe wunderbar gelacht und Spaß gehabt und hätte mir tatsächlich aber Sadies und Hannahs Geschichte unfassbar gern als vollständige Geschichte gewünscht, denn das Potenzial hierfür war auf jeden Fall da.
Mein Fazit
Die Idee von Die Unannehmlichkeiten von Liebe hat mir gut gefallen und es sind wunderbare Geschichten für Zwischendurch, die mit dem gewohnten charmanten Wortwitz der Autorin überzeugen können. Aufgrund der Kürze fehlt es jedoch an Tiefe. Die Geschichten hätte man sicher auch in voller Länge aufbauen können. Unterhaltsam, mitreißend und kurzweilig – aber eben leider doch nur Kurzgeschichten. Deswegen: Leseempfehlung mit leichten Abstrichen.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]