Cover-Bild Schweben
(19)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Zsolnay, Paul
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 18.03.2025
  • ISBN: 9783552075207
Amira Ben Saoud

Schweben

Roman
Amira Ben Saouds atmosphärisch dichtes Debüt ist »ein mit gespenstisch ruhiger Seele geschriebener Roman über die existenziellen Zerreißproben der Menschen«. Clemens J. Setz

Gewalt scheint nicht mehr zu existieren, der Klimawandel längst vollzogen. Eine bedrohliche Gelassenheit liegt über der abgeschotteten Siedlung, in der sie lebt. An ihren eigenen Namen hat sie keine Erinnerung mehr. Sie verdient ihr Geld damit, andere Frauen zu imitieren, deren Angehörige nicht mit dem Verlust der Geliebten, der Ehefrau, der Tochter zurechtkommen. Während eines neuen Auftrags gerät ihre Welt ins Wanken: Wer ist diese Emma, die sie spielt? Weisen seltsame Phänomene am Rand der Siedlung auf deren Untergang hin? Und warum ist sie selbst so besessen davon, eine andere zu sein? Amira Ben Saoud gelingt ein fesselndes Debüt, das schwebend leicht grundsätzliche Fragen nach Identität und Beziehungen stellt und danach, was wir uns selbst vorspielen.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.06.2025

Literarische und vielschichtige Dystopie

0

„Schweben“ ist jetzt vielleicht kein Roman, der auf #bookstagram ungeteilte Begeisterung ausgelöst hat. Auch wenn die Presse den ersten Roman von Amira Ben Saoud äußerst positiv aufgenommen hat, sind die ...

„Schweben“ ist jetzt vielleicht kein Roman, der auf #bookstagram ungeteilte Begeisterung ausgelöst hat. Auch wenn die Presse den ersten Roman von Amira Ben Saoud äußerst positiv aufgenommen hat, sind die Stimmen der Leserinnen durchwachsen.

Ich persönlich fand den Roman ungewöhnlich assoziationsreich, ganz wunderbar und habe ihn super gerne gelesen. Allerdings hat der Roman nicht viel mit einer klassischen Dystopie zu tun, die Leser
innen vielleicht nach der Kurzbeschreibung erwarten könnten.

Vielmehr öffnet Ben Saoud mit ihrem futuristischen und dystopischen Setting freie Gedankenräume, die zum “Schweben” einladen.
Allein die Prämisse, dass Gewalt in ihrer Erzählwelt institutionell verboten ist, regt bei mir die Vorstellungskraft an.

„Da die Gewalt untersagt war, ging das System davon aus, dass sie nicht passierte“

Auch die Grundidee ihrer Handlung, nämlich dass ihre namenlose Erzählerin, bezahlt von trauernden Hinterbliebenen, verlorene Personen verkörpert und damit ihren Lebensunterhalt verdient, finde ich spannend.

Was sind die Motive derer, die eine solche Dienstleistung in Anspruch nehmen? Und vor allem, was macht es mit der Erzählerin, immer neue Identitäten anzunehmen - innerlich wie äußerlich.
Ben Saoud beschreibt ihre Figur ohne Namen als Frau mit widersprüchlichen Gefühlen auf der Suche nach ihrer eigenen Identität.
Als sie einen neuen Auftrag für eine „Begegnung“ annimmt, gerät sie in eine toxische Beziehung zu einem Mann, dessen verschwundene Lebensgefährten sie verkörpert. Obwohl sie die Situation schnell erkennt, kann sie sich nicht lösen. Warum?
Die Fragen nach den Mechanismen dieser Beziehung und die nach den innneren Verwicklungen, die sie in der Erzählerin auslöst, sind für mich die Kernfragen des Romans.

Es zieht sich ein Unbehagen durch den Roman und es fühlt sich wie eine Sehschwäche an oder wie ein Rätsel, dem ich auf den Grund gehen möchte.
Ein Gefühl, das ich auch manchmal im Alltag spüre, wenn ich für ein paar Minuten kurz gedanklich aus meinem Leben heraustrete und mich frage, wer ich eigentlich bin und in welcher Welt ich eigentlich lebe.

„Und dann würde ich in eine neue Rolle schlüpfen.
Ich würde als die Frau leben, die ich mir aussuchen würde zu sein.“

Es stimmt vielleicht, dass manches in dem ersten Roman der österreichischen Journalistin nicht ganz rund und stimmig ist, aber für mich gehen sich diese Irritationen gut aus.


Der Schluss gefällt mir gut und erinnert mich krass an das Ende der Kurzgeschichte „Erhebung“ von Stephen King, und ich würde beide Texte sogar als thematisch ähnlich sehen. Wobei Ben Saouds Roman natürlich wesentlich vielschichtiger und komplexer ist und mehr Interpretationsebenen hat.

Für mich war „Schweben“ ein besonderer und in positiver Weise irritierender Roman, der mir Lust auf mehr Literatur von Amira Ben Saoud gemacht hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.04.2025

Identität in dystopischer Isolation

0

Die Idee dieses Buches, eine dystopische Welt nach dem Klimawandel, in der die Menschen in abgeschotteten Siedlungen leben, die sie nicht verlassen können, fand ich erstmal grundsätzlich spannend. Vor ...

Die Idee dieses Buches, eine dystopische Welt nach dem Klimawandel, in der die Menschen in abgeschotteten Siedlungen leben, die sie nicht verlassen können, fand ich erstmal grundsätzlich spannend. Vor allem weil relativ früh die Frage nach dem "außen", hinter den Grenzen der Siedlung aufgeworfen wird. Die Autorin spielt hier mit dem Leser, hält ihm immer wieder kleine Informationshäppchen vor die Nase, verzichtet aber zum großen Teil auf Erklärungen und Antworten. Wer will kann sich seinen Teil denken oder sich in der schwerelosen Geschichte einfach treiben lassen.

Die Protagonistin hat einen interessanten Beruf für sich ergriffen: sie schafft Identitäten, übernimmt das Leben anderer, verliert sich in der Illusion dessen, was sie was als Dienstleistung für andere kreiert. Ein völlig neues selbst, ein Jemand anders sein. Ich finde es sehr spannend, wie sich der Plot entwickelt und wie man als Leser fast schon voyeuristische Einblicke in diese Leben bekommt, die da geschaffen werden. So weit so psychologisch erstmal mitreißend. Aber dann wird es wild.

Denn in der Siedlung scheint etwas vorzugehen. Und plötzlich beginnen die Menschen zu schweben, die Zahl der Todesfälle durch Abstürze steigt stetig. Bei dieser Skurrilität, die auch nicht weiter vertieft wird, hat mich die Geschichte ein bisschen verloren. Ich habe mir rationale Erklärungen gewünscht, etwas greifbares an dem man sich festhalten und orientieren kann. Rund um eine Protagonistin, die der Realität entgleitet, gerät nun auch die physische Welt aus den Fugen.

Das Buch hat einen wahnsinnig tollen Erzählton. Es ist ruhig geschrieben, teilweise nüchtern, teilweise mit einer sanften Bestimmtheit. Mich hat es beim Lesen abwechselnd geschaudert und besänftigt. Am Ende- ein kurzer Blick über den Tellerrand, dann Schluss. Dieses abrupte Ende, ein Finale ohne Schrecken, hat mich einerseits enttäuscht und andererseits begeistert. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber das Konzept, dass die Autorin hier geschaffen hat, funktioniert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.04.2025

Begegnungen

0

Meine Meinung und Inhalt

"Noch nie war es vorgekommen, dass die Pflicht getan werden musste; so nannte man die Order, jeden, der sich
den Grenzen der Siedlung von außen näherte, sofort zu erschießen. ...

Meine Meinung und Inhalt

"Noch nie war es vorgekommen, dass die Pflicht getan werden musste; so nannte man die Order, jeden, der sich
den Grenzen der Siedlung von außen näherte, sofort zu erschießen. Und es würde nicht vorkommen, war Sasha
sich sicher. Niemand wollte in diese Siedlung. Das System, das behauptete, das hier wäre einer der wenigen schönen,
lebenswerten Orte auf der Welt, log doch. Wenn es so wäre, müsste es doch irgendwann einmal jemand, der sich nach
einem besseren Leben sehnte, probieren. Tat aber keiner." (ZITAT)

Wir treffen als Leser von "Schweben" auf einen Roman, welcher sich scheinbar in einer dystopischen und zukunftsbasierten Welt abspielt.

Das Leben spielt sich in einer - nach einer Klimakatastrophe entstandenen - abgeschotteten Siedlung ab, in welcher es klare Regeln gibt. Verlassen werden darf diese nicht, auch Gewaltausübung wird hart bestraft. Augenscheinlich führen die Menschen dort ein friedliches Leben - wenn auch stark kontrolliert und überwacht.


"Ich hatte nie verstanden, warum das System das Museum nicht längst für etwas anderes nutzte oder den Bau nicht überhaupt niedergerissen hatte, denn eigentlich war es verboten, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Das gehörte zu den wenigen Regeln, die es in der Siedlung gab: kein Streben nach mehr, keine Akkumulation von Wissen um das Davor und Draußen. Verstöße gegen diese beiden Regeln wurden
allerdings kaum geahndet, einzig die Ausübung von Gewalt wurde hart bestraft." (ZITAT)


Amira Ben Saoud schreibt in der Ich-Perspektive. Die "namenlose" Protagonistin verdient ihren Lebensunterhalt, indem sie für zahlende Kunden die Rolle von Frauen übernimmt, die aus deren Leben verschwunden sind. Diese “Begegnungen” dienen dazu, den Hinterbliebenen über ihren Verlust hinwegzuhelfen. Doch während eines neuen Auftrags beginnt sie, ihre eigene Identität und die Realität um sie herum infrage zu stellen.


Der Autorin gelingt es meisterhaft, grundlegende Fragen nach Identität und zwischenmenschlichen (auch toxischen) Beziehungen zu thematisieren. Die Protagonistin, die ihren eigenen Namen vergessen hat und erst durch ein Aufeinandertreffen einer Person aus der Vergangeheit wieder daran erinnert wird, verliert sich zunehmend in den Identitäten anderer, was die Leser:innen dazu anregt, über die Konstruktion des Selbst und die Bedeutung von Authentizität nachzudenken.


"Was ich vermisste, war, mich intensiv mit den Eigenheiten und Angewohnheiten einer Person zu befassen. Ich
vermisste es, mich innerlich und äußerlich zu verwandeln, bis ich mich selbst nicht mehr erkannte. Ich vermisste es,
ein anderer Mensch zu sein. Ich hatte ein Talent an mir entdeckt, das ich nicht ignorieren wollte, denn vielleicht
hatte ich nur das eine. Ich wollte es nutzen, allerdings zu meinen Bedingungen." (ZITAT)


Surreale Ereignisse die sich in plötzlich auftretenden Fähigkeiten der Bewohner widerspiegeln lassen einen als Leser überrascht, irritiert und verstört zurück.

“Schweben” ist kein Wohlfühlroman. Doch gerade diese Eigenschaften machen ihn zu einem lesenswerten Debüt.


Klappentext

Gewalt scheint nicht mehr zu existieren, der Klimawandel längst vollzogen. Eine bedrohliche Gelassenheit liegt über der abgeschotteten Siedlung, in der sie lebt. An ihren eigenen Namen hat sie keine Erinnerung mehr. Sie verdient ihr Geld damit, andere Frauen zu imitieren, deren Angehörige nicht mit dem Verlust der Geliebten, der Ehefrau, der Tochter zurechtkommen. Während eines neuen Auftrags gerät ihre Welt ins Wanken: Wer ist diese Emma, die sie spielt? Weisen seltsame Phänomene am Rand der Siedlung auf deren Untergang hin? Und warum ist sie selbst so besessen davon, eine andere zu sein? Amira Ben Saoud gelingt ein fesselndes Debüt, das schwebend leicht grundsätzliche Fragen nach Identität und Beziehungen stellt und danach, was wir uns selbst vorspielen.


Über die Autorin

Amira Ben Saoud, geboren 1989 in Waidhofen/Thaya, studierte Klassische Philologie, Kunstgeschichte und Komparatistik in Wien. Sie war Chefredakteurin des Popkulturmagazins The Gap und Kulturredakteurin beim Standard. »Schweben« ist ihr erster Roman.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.03.2025

Eine sehr gut ausgearbeitete Dystopie, niemand wehrt sich und im Vordergrund das Persönliche

0

Diese Geschichte, eine faszinierende düstere Dystopie einer Welt danach, nach dem Klimawandel, nach unserem Leben heute. Die Menschen verharren in kleinen Siedlungen, die, von oben befohlen, keinen Außenkontakt ...

Diese Geschichte, eine faszinierende düstere Dystopie einer Welt danach, nach dem Klimawandel, nach unserem Leben heute. Die Menschen verharren in kleinen Siedlungen, die, von oben befohlen, keinen Außenkontakt zu anderen Gemeinschaften haben dürfen. Die Versorgung erfolgt durch LKW's, ebenfalls ohne Kontakt. Niemand darf gehen, niemand hinzukommen, die Konsequenz wäre der Tod. Das herrschende Gewaltverbot ist eher eine Farce. Und von der Vergangenheit darf man nichts wissen, auch das ist verboten. Die Protagonistin, der personalisierte Fixpunkt dieser Geschichte, sie verdient sich als eine Art Schauspielerin, die das Leben von 'gegangenen' Frauen weiterführt, um den Nächsten so die Veränderung durch diese Art Übergangszeit leichter zu machen. Dabei bleibt ihr eigenes Sein immer mehr auf der Strecke, sie löst sich auf in Anderen. In einer dieser Aufträge verfängt sie sich, es entwickelt sich eine Beziehung, toxisch und mit Gewalt. Das Warum, man erfährt einiges aus ihrem früheren Leben und kann nachvollziehen.
Ein Buch, angenehm fokussiert gehalten durch seinen Umfang, es überzeugt in seiner Gestaltung einer Welt, düster, karg, diktatorisch von oben bestimmt und in dem Erleben der Schicksalsergebenheit dieser Einen, bis zu einem gewissen Punkt, denn es gibt sie noch.

Veröffentlicht am 20.03.2025

Fragen bleiben....

0

Die Klimakrise, die Erwärmung der Welt liegt hinter uns. Die Menschen leben in Siedlungen, die voneinander abgeschottet sind. Es gibt zwar Tauschhandel untereinander, der wird aber ohne Kontakt miteinander ...

Die Klimakrise, die Erwärmung der Welt liegt hinter uns. Die Menschen leben in Siedlungen, die voneinander abgeschottet sind. Es gibt zwar Tauschhandel untereinander, der wird aber ohne Kontakt miteinander durchgeführt. Es ist nicht erwünscht, dass die Menschen unterschiedlicher Siedlungen miteinander sprechen. Jegliches Wissen über das Draußen ist verboten. Auch jegliche Erinnerungen an das Davor sind verboten. Ebenso ist Gewalt verboten, aber gerade unter den Jugendlichen gedeiht sie.

Im Mittelpunkt steht eine pfiffige junge Frau. Sie verdient ihr Geld damit, in dem sie andere Frauen nachspielt, so dass nach Trennungen die Eltern oder Partner Trost, oder was auch immer, finden. Für sie ist das eine Überlebensstrategie, da sie so nicht sie selbst sein muss. Sie weiß eigentlich auch nicht so recht wer sie ist, wie sie heißt und was sie eigentlich wirklich möchte.
Bei einem ihrer Aufträge gerät sie in eine Beziehung, in der sie sich verliert, in der sie verbleibt, obwohl die Beziehung ihr nicht gut tut und gewaltvoll ist.

In der Siedlung indess geschehen immer mehr seltsame Dinge, es entstehen Risse, es verschwinden Dinge oder tauchen auf. Es liegt eine gewisse Spannung in der Luft. Die Welt gerät scheinbar langsam aus den Fugen...

Die kompakte, in sich runde Dystopie konnte ich sehr flüssig lesen. Sie fesselte mich so sehr, dass ich sie in einem Rutsch las. Die Hauptfigur fand ich interessant gezeichnet. Es wird nachvollziehbar gemacht, warum sie in solch einer gewaltvollen und ungesunden Beziehung bleibt und es wird deutlich gemacht, wie Traumata sich auswirken können. Einige Szenen gingen mir sehr ans Herz. Ich mochte Juri, den jungen Mann aus dem Naturkundemuseum, der sie auf eine gute Weise liebt, den sie aber leider nicht zurück lieben kann.

Das Setting dieser Siedlung mit all den unmöglichen Vorkommnissen gefiel mir mir gut. Ich habe lange keine Dystopie mehr gelesen, so fand ich es sehr erfrischend. Zudem fand ich es spannend, dass nicht alles auf den ersten Blick erklärbar wurde. Allerdings haben sich mir manche Dinge gar nicht allein erschlossen, so hätte ich mich gern ausgetauscht. Die gesellschaftskritischen Anklänge hätte ich mir etwas deutlicher gewünscht. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass im Hauptfokus der Verbleib in einer toxischen Beziehung thematisiert wurde, also das individuelle Sein im Vordergrund stand.

Fazit: Fesselnde und berührende Geschichte einer traumatisierten jungen Frau in einem dystopischen Setting. Für Menschen, die interpretierbare und nicht ganz eindeutige Texte mögen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere