Die Abschaffung des Todes - wenig Thrill, hohe Brisanz
Worum geht's?
James Henry Windover, Gründer und Geschäftsführer der höchst exklusiven Windover View-Zeitung, erlaubt uns einen Blick hinter die Kulissen seiner journalistischen Arbeit: Redaktionskonferenzen, ...
Worum geht's?
James Henry Windover, Gründer und Geschäftsführer der höchst exklusiven Windover View-Zeitung, erlaubt uns einen Blick hinter die Kulissen seiner journalistischen Arbeit: Redaktionskonferenzen, Kontaktpflege, Investigativrecherchen - regelmäßig werden für einen kleinen Kreis gut zahlender Abonnenten auf diese Weise die wichtigsten Entwicklungen des Weltgeschehens zusammengestellt. Als Windover die Möglichkeit erhält, an dem Investorentreffen eines Start-ups teilzunehmen, das mittels Medizin- und Nanotechnologie den Upload des menschlichen Bewusstseins in die Cloud ermöglichen will, macht sich Windover daran, herauszufinden, was wirklich hinter der Geschäftsidee steckt. Sein journalistischer Spürsinn führt ihn, mit Unterstützung seines Redaktionsteams, zu einem Schriftsteller, den die Investoren mit Schweigegeldzahlungen ruhig zu stellen versuchen. Auf der Suche nach der Wahrheit wird Windover schnell klar, dass seine Recherchen jemand Mächtigem gehörig zu stören scheinen.
Mein Leseeindruck
Eschbach gelingt hier, wie gewohnt, ein fesselnder und unterhaltsamer Einstieg in die Geschichte, der von einer angenehmen Spannung um die Geschäftsidee von Youvatar geprägt ist. Zusätzlich gewürzt wird das Ganze durch den Anspruch des Romans, es handle sich hier um eine reale Begebenheit, bei der lediglich die Namen der handelnden Personen verändert wurden, um rechtliche Konsequenzen zu umgehen.
In den ersten Kapiteln werden zahlreiche Charaktere eingeführt, was die Lektüre etwas unübersichtlich machen kann. Auch die vielen neuro- und naturwissenschaftliche Zusammenhänge, Theorien und Beispiele gestalten die Lektüre bisweilen komplex, sind aber notwendige Voraussetzungen, um die späteren Entwicklungen nachvollziehen zu können. Der hin und wieder eingestreute trockene Humor des britischen Protagonisten, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, bietet hier eine erfrischende und unterhaltsame Abwechslung.
In der zweiten Hälfte des Romans entwickelt sich der Spannungsbogen dann sehr schnell - bevor er leider auch schon wieder vorbei ist und die einzelnen Handlungsstränge nach und nach ihre, teilweise vorhersehbare und insgesamt eher ernüchternde Auflösung finden.
Während mich der Roman sprachlich-erzählerisch überzeugen konnte, habe ich inhaltlich die klassischen Thriller-Elemente vermisst und mich stellenweise schwer getan, der Story zu folgen.
Fazit
Eschbachs neuester Roman verspricht leider mehr als er halten kann. Trotz der Brisanz des Themas und des gewohnt flüssigen Schreibstils von A. Eschbach habe ich mich mit der Lektüre schwer getan und hätte das Buch bisweilen am liebsten zur Seite gelegt. Nach einer zwar unterhaltsamen, aber ruhigen Exposition nimmt die Story etwas an Fahrt auf, enttäuscht jedoch mit einem (für mich) unbefriedigenden und nicht vollkommen überzeugenden Schluss.
Man kann den Roman gemäß seines eingangs postulierten Anspruchs als Parabel auf den Erfindergeist und die Ausstrahlungskraft des Silicon Valley verstehen: "Die Abschaffung des Todes" liefert interessante Analysen und Gedankenanstöße zu aktuellen Entwicklungen, gängigen Geschäftspraktiken sowie realen (auch streitbaren) Charakteren aus der Welt der IT- und Hightech-Industrie. Ob die Bezeichnung "Thriller" für dieses Gedankenspiel passend ist, möge jede/r selbst entscheiden.