Cover-Bild Vater unser
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 18.02.2019
  • ISBN: 9783446262591
Angela Lehner

Vater unser

Die Polizei hat sie hergebracht, in die psychiatrische Abteilung des alten Wiener Spitals. Nun erzählt sie dem Chefpsychiater Doktor Korb, warum es so kommen musste. Sie spricht vom Aufwachsen in der erzkatholischen Kärntner Dorfidylle. Vom Zusammenleben mit den Eltern und ihrem jüngeren Bruder Bernhard, den sie unbedingt retten will. Auf den Vater allerdings ist sie nicht gut zu sprechen. Töten will sie ihn am liebsten. Das behauptet sie zumindest. Denn manchmal ist die Frage nach Wahrheit oder Lüge selbst für den Leser nicht zu unterscheiden. In ihrem fulminanten Debüt lässt Angela Lehner eine Geistesgestörte auftreten, wie es sie noch nicht gegeben hat: hochkomisch, besserwisserisch und zutiefst manipulativ.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.10.2019

Mein Weg

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Das Debüt der österreichischen Autorin ist mit Recht für den deutschen Buchpreis nominiert worden. Der Roman wird aus der Perspektive der Eva Gruber erzählt. Sie ist faszinierend und bedrückend zugleich. ...

Das Debüt der österreichischen Autorin ist mit Recht für den deutschen Buchpreis nominiert worden. Der Roman wird aus der Perspektive der Eva Gruber erzählt. Sie ist faszinierend und bedrückend zugleich. Als Leser bleibt man immer ein wenig außen vor. Es fällt schwer zwischen Wahrheit und Wahrheit zu unterscheiden. Dabei ist Frau Gruber keineswegs eine sympathische Figur. Sie tritt durchgehend aufbrausend, manipulativ und besserwisserisch auf. Mit ihrem zum Teil sehr schrägen Humor und ihren ungewöhnlichen Gedanken schafft sie es, den Leser immer wieder an der ein oder anderen Stelle ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Man schwankt zwischen Abscheu, Mitleid und Kopfschütteln, so dass einen der Roman nicht loslässt.
Die Entwicklung der einzelnen Figuren ist spannend zu verfolgen. Sie sorgt für überraschende Wendungen im Roman. Der Schluss ist leicht enttäuschend, wobei ich nicht alles verraten möchte...
Der Roman lädt zum Nachdenken ein. Viele Themenkomplexe werden angesprochen, die eventuell einen Bezug zur eignen Person richtig erscheinen lassen. Was ist eigentlich Normal? Wann fängt Irrsinn an? Eva Gruber jedenfalls wirkt gleichzeitig vernünftig, knallhart kalkulierend und wie von Wahnvorstellungen getrieben. Aber so ein Urteil lässt sich von Außen leicht fällen! ....
Sprachlich ist der Roman hervorragend. In kurzen Kapiteln arbeitet sich die Autorin anhand von verschiedenen Episoden mit allerlei Rückblicken durch das Leben von Eva Gruber. Die Autorin setzt auf eine Unmittelbarkeit der Erzählung . Dadurch entsteht das Gefühl, Eva Gruber nahe zu kommen. Der einfachen Satzbau vor allem der klare und direkte Wortschatz tragen dazu bei.

Fazit: Es ein leicht lesbarer Roman, der "schwere Kost" im Gepäck haben kann. Das Nachdenken gehört sicher zur Nacharbeit

Veröffentlicht am 23.04.2019

Heftig

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Eva Gruber wird nach einem verstörenden Geständnis ins Wiener Otto-Wagner-Spital in die Psychiatrie eingewiesen. Die junge Frau, die hochintelligent zu sein scheint, führt mit ihren wirren Erzählungen ...

Eva Gruber wird nach einem verstörenden Geständnis ins Wiener Otto-Wagner-Spital in die Psychiatrie eingewiesen. Die junge Frau, die hochintelligent zu sein scheint, führt mit ihren wirren Erzählungen alle Personen, die ihren Weg kreuzen hinters Licht, ohne dabei wirklich an ihren Problemen zu arbeiten. Sie ist extrem manipulativ, herrisch und einnehmend. In der ambulanten Behandlung trifft sie dann auch wieder auf ihren jüngeren Bruder Bernhard, der wegen Essstörungen im Krankenhaus eingeliefert ist...

Das Buch hat einen starken Österreich-Bezug, was mir sehr gut gefällt. Auch die Sprache ist durchwegs österreichisch und eventuell im ein oder anderen Punkt für einen deutschen Leser schwer zu verstehen. Ansonsten ist die Sprache des Romans klar, direkt und gut zu lesen. Die kurzen Kapitel fliegen geradezu dahin, sodass man in der Geschichte schnell voran kommt.

Die Erzählung an sich ist nichts für schwache Nerven. Die Protagonistin hat eine harte, teilweise makabre Art, auch wenn man natürlich berücksichtigen muss, dass dies an ihrer psychischen Erkrankung liegt. Die Störungen bzw. auch Handlungen derselben sind teilweise schwer zu verdauen und hat mich das Buch, trotzdem, dass ich gerne verstörende Geschichten lese, hin und wieder schockiert. Man wird als Leser lange im Dunkeln gelassen, was die wirklichen Hintergründe sind. Es wäre wahrschein es besser bzw. leichter zu lesen gewesen, wenn die ein oder andere wahre Information schon früher im Laufe des Romans zu streuen, was der Spannung definitiv keinen Abbruch getan hätte. So weiß man lange nicht, welche Lügengeschichten der Autorin an den Haaren herbeigezogen sind und worin ein Fünkchen Wahrheit steckt. Mich persönlich hat diese lange Unwissenheit jedoch nicht großartig gestört und konnte ich den versteckten Andeutungen gut folgen. Auch der Schluss hat für mich (fast) alle offenen Fragen ausgeräumt und habe ich das Buch wirklich gerne gelesen.

Veröffentlicht am 18.04.2019

All about Eve?

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Nein, alles über Eva erfährt man hier nicht, aber auch nicht über den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, nach denen die drei Romanteile jeweils benannt sind und die hier - wenn man so will - sowohl ...

Nein, alles über Eva erfährt man hier nicht, aber auch nicht über den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, nach denen die drei Romanteile jeweils benannt sind und die hier - wenn man so will - sowohl eine prominente als auch eine verwirrende Rolle spielen.

Protagonistin Eva Gruber, gleichzeitig Ich-Erzählerin und Patientin in einer psychiatrischen Klinik, führt uns Leser im heiteren, stellenweise makabren Plauderton in ihr Leben und in die Geschicke ihrer Familie ein, die aus einer schwierigen Mutter, einem zu beschützenden jüngeren Bruder und einem übergriffigen Vater besteht, der allerdings schon vor Jahren die Flucht nach vorne in ein anderes Leben mit einer neuen Familie angetreten hat. Oder auch nicht, denn schnell wird klar, dass man Eva eigentlich überhaupt nichts glauben kann

In der Klinik ist der Psychiater Doktor Korb Evas Gesprächspartner, der auch für den Leser somit eine wichtige Bezugsperson als Adressat sämtlicher Gefühle und Empfindungen Evas ist. Aber was ist da los? Denn längst nicht alles, was Eva so von sich gibt, kann stimmen, dazu widerspricht sie sich viel zu oft selber. Existiert dieser Doktor eigentlich und wenn ja, was genau führt er im Schilde? Eva scheint ein wenig von einer erwachsenen Pippi Langstrumpf zu haben: sie schafft sich zwar nicht ihre Welt, aber sie verkauft sie, wie sie ihr gefällt.

Ist sie eine Lügenbaronin, eine weibliche Antwort auf Münchhausen? Eine Hochstaplerin vielleicht? Mehr und mehr macht sie den Eindruck einer zutiefst verstören und zerstörten jungen Frau, trotz der Leichtigkeit, die über weite Teile ihrer Ausführungen mitschwingt. Immer wieder bringt sie es fertig ihre Leser - mich zumindest - zu irritieren und zu verwirren.

Die junge österreichische Autorin Angela Lehner hat hier etwas ganz Besonderes geschaffen, ein Werk, dass ich als tragischen Schelmen-, nein, vielmehr Schelminnenroman bezeichnen möchte.Mit Betonung auf "tragisch" Denn es ist starker Tobak, der uns Lesern hier aufgetischt wird, aber andererseits tritt Protagonistin Eva auch als Meinungsmacherin, gelegentlich auch als Illusionistin auf. Oder sie erweckt zumindest den Anschein. Denn ganz bin ich ihr bis zum Schluss nicht auf die Schliche gekommen. Was auch nicht weiter schlimm ist, denn auch der Leser sollte sich selbst und seine Ideen in die Lektüre einbringen können, was hier ganz unbedingt der Fall ist! Literarisch geht Angela Lehner ihren eigenen Weg - sowohl stilistisch als auch inhaltlich hat sie etwas noch nie Dagewesenes oder mir zumindest bislang Unbekanntes geschaffen. Ihr Roman ist eine Fundgrube für alle, die bereit sind, in der Literatur diesem neuen Weg, der auch Eigeninitative erfordert, einzuschlagen und ganz was Neues auszuprobieren!

Veröffentlicht am 11.04.2019

Was ist Wahrheit und was ist Fantasie?

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Der äußeren Aufmachung nach erinnert das in grellem Rot und Pink gestaltete Cover an die sog. Pop-Art. Und auch inhaltlich ist der Roman der damit einhergehenden Popliteratur zuzuordnen. Typisch für diese ...

Der äußeren Aufmachung nach erinnert das in grellem Rot und Pink gestaltete Cover an die sog. Pop-Art. Und auch inhaltlich ist der Roman der damit einhergehenden Popliteratur zuzuordnen. Typisch für diese ist ja, dass sie in realistischer Erzählweise häufig aus dem Leben von Heranwachsenden oder von gesellschaftlichen Außenseitern berichten, so wie hier von der „geistesgestörten“ Eva. Diese wird in eine Wiener psychiatrische Anstalt eingeliefert und erzählt in den Therapiesitzungen mit dem Psychiater aus ihrem bisherigen Leben. Sie zeichnet sich durch Schlagfertigkeit, besserwisserische Art, Intrigantentum aus. Das eigentlich Faszinierende aber ist, dass sich schon bald deutlich manche Widersprüche auftun und am Ende der Leser ratlos dasteht mit seinen Fragen, was an Evas Geschichte wahr ist und was ihrer Fantasie entsprungen ist. So völlig im Gegensatz dazu stehen religiöse Bezüge der Geschichte und eingeflossene österreichische Begriffe. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass ich die Protagonistin keineswegs als hochkomisch ansehe, wie sie auf dem Buchrückentext charakterisiert wird, so dass evtl. Erwartungen, einen humorvollen Roman zu lesen zu bekommen, nicht erfüllt werden.

Veröffentlicht am 28.04.2019

Psychospielchen

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Eva lässt sich in die Psychiatrie einliefern, weil sie ihren Bruder Bernhard retten will, der dort behandelt wird. Jener hat tatsächlich schwere psychische Probleme (er muss teilweise zwangsernährt werden, ...

Eva lässt sich in die Psychiatrie einliefern, weil sie ihren Bruder Bernhard retten will, der dort behandelt wird. Jener hat tatsächlich schwere psychische Probleme (er muss teilweise zwangsernährt werden, weil er nicht isst), während bei ihr immer die Ungewissheit bleibt, was wahr und was ausgedacht ist.
Die Protagonistin kommentiert ihre Lage stets mit einem ironischen Unterton. „Ich muss sagen, das ist gar nicht so schlecht: Den ganzen Tag in Gummizug-Hosen flanieren und zu den Fütterungszeiten im Aufenthaltsraum abhängen. Urlaub in Lignano ist auch nicht viel anders.“ Damit gelingen ihrer Sprachgeberin immer wieder Brüller, trotz der Traurigkeit, die die Stituation und die Vergangenheit der Geschwister eigentlich mit sich bringen.
Die Handlung gerät neben den pointierten Bemerkungen nahezu in den Hintergrund. Vielleicht habe ich mir etwas mehr Klarheit gewünscht und wurde wie die Romanfiguren von Eva an der Nase herumgeführt. Aber sprachlich war das Buch wirklich außergewöhnlich und die Lektüre wert.