Das Cover! Ich liebe es und es passt in all seinen kleinen Details so gut zum Inhalt!
Inhalt:
Nach dem Tod ihrer Zwillingsschwester Izzy, ist für Hannah eine Welt zusammen gebrochen. Izzy war ihre zweite Hälfte und der Fisch zu ihrem Vögelchen. Jetzt, da sie nicht mehr da ist, plagen sie unendliche Trauer und Schuld. Verschlimmert wird ihre Situation auch noch dadurch, dass ihre Eltern, die selbst trauern, sie wie eine Aussätzige behandeln, sie nicht verstehen und vielleicht einen Ersatz in ihr suchen - der Hannah nicht sein will. Deshalb muss eine radikale Veränderung her - blauschwarze Haare anstatt ihrer blonden und ein Sidecut. Und wieder, ihre Eltern verstehen sie nicht und schicken sie weg, nach Sankt Anna. In dessen Camp trifft sie Levi, selbst gezeichnet durch seine Vergangenheit und irgendwie findet er, von Zeit zu Zeit, Vertrauen in die Stille von Hannahs Worten ...
Ich war sehr sehr gespannt auf dieses Buch. Ich habe bereits 2 Bücher der Autorin gelesen, die auf ihre Art Eindruck hinter lassen haben. Und dann kam Die Stille meiner Worte...
Man ist direkt mitten im Geschehen, das sich anfänglich durch eine relativ melancholische Stimmung auszeichnet. Hannah und ihre Eltern sind frisch umgezogen und wollen einen "Neuanfang". Hannah's Charakter war mir nicht von Anfang an so greifbar, muss ich ehrlich sagen. Ich musste erst mit ihr warm werden und sie verstehen. Sie trauert. Vollkommen. Auf der anderen Seite gibt sie sich aber auch die Schuld. Warum, habe ich mich die ganze Zeit gefragt. Je weiter ich voran kam, desto mehr Tiefe bekam ihr Charakter, die Autorin arbeitet mit Flashbacks und nach und nach fügen sich alle Puzzleteile zusammen.
Nach und nach baut Ava Reed ihre eigene, originelle Geschichte auf und konnte mich mit Hannah und ihrer Geschichte schlichtweg packen. Ich war absolut drin und hab verschiedene Gefühle gefühlt. Vor allem auf ihre Eltern war ich mächtig sauer, da sie Hannah ein schlechtes Gefühl gegeben haben und sie schlussendlich sogar weg geschickt haben, auf der anderen Seite, wollte ich aber auch versuchen, diese zu verstehen und so habe ich neben dem Lesen immer wieder Momente gehabt, in denen ich einfach nochmal alles reflektiert habe.
Die Geschichte an sich vollzieht sich hauptsächlich in einem Zeitraum von etwas mehr als 3 Wochen, die die Charaktere in einem Camp und kurze Zeit in der Schule verbringen. In einem Camp, in dem so viele verschiedene Charaktere zu finden waren, die ihre eigene Geschichte haben und denen das Leben auf ihre Art übel mit gespielt hat. Und an diesem Ort, im Camp, haben sie Menschen, denen sie nicht egal sind. Es entwickelt sich eine Gruppe, Freundschaften, wo die Dynamik sich nach und nach eingespielt hat und wuchs und wuchs. Die kleinen Momente waren es, auf die es ankam und auf die es manchmal ankommen sollte und das hat die Autorin mehr als einmal deutlich gemacht.
"Du bist wunderschön und stark. Du bist nicht allein." - Hannah, Kapitel 26, S. 199
In der Zeit entsteht auch eine Bindung zwischen Levi und Hannah. Sie verstehen sich ohne Worte - na gut , Levi hat einiges zu erzählen gehabt, aber da Hannah ja nicht redet, haben sie ihren eigenen Weg gefunden zu kommunizieren, sich anzuvertrauen, was dann soweit ging, dass Levi mehr und mehr eine große Rolle in Hannahs Leben eingenommen hat.
"Du hast mir einen privaten Moment gestohlen", sagt er mit kratziger Stimme. Er räuspert sich kurz. "Jetzt schuldest du mir einen." - Levi, Kapitel 22, S. 177
Auch wenn sie nicht spricht, ist es der Autorin doch gelungen, etwas ganz Authentisches zwischen den Beiden zu schaffen und das habe ich ihr auch abgenommen.
Zum Schluss hin, nachdem das Camp vorbei ist, passiert nochmal viel auf einmal, jedoch auf sehr wenig Seiten, wobei ich denke, dass man das sicher noch weiter hätte ausdehnen können, sodass diese Hektik nicht rein kommt.
Charaktere:
"Dein Name ist Hannah, dies ist dein erstes Jahr in Sankt Anna und du liebst deine Katze. Du hast deine Zwillingsschwester [...] verloren. Ihr Name war Izzy. Du schreibst ihr Briefe und verbrennst sie danach. Für sie."
Wie gesagt, musste ich zu Hannah selbst erst eine Bindung aufbauen, schlussendlich kann ich aber sagen, dass ich sie sehr sehr gerne mochte und sie eine starke und inspirierende junge Frau ist. Trauer und Schuld umgeben sie ständig und ohne ihre Schwester fühlt sie sich einfach nur allein. Diese ganzen Gefühle, die sie in sich trägt, hat Ava Reed sehr authentisch und für mich nachvollziehbar herüber gebracht. Ich war bei Hannah und habe versucht, mich in sie hineinzuversetzen. Und dennoch gibt sie nicht auf. Vor allem im Camp hat sie sich sehr gut weiter entwickelt und war Anderen eine Inspiration und Freundin, eine Eigenschaft, die ich an ihr sehr schätze. Ohne Izzy macht sie einen teilweise naiven Eindruck, hatte ich das manchmal das Gefühl, aber nicht auf negative, dumme Weise. Ich hab sie schlichtweg ins Herz geschlossen. Sie mit all ihren Narben.
Levi ist der stille Junge, der zu Anfang vorne im Bus saß. Seine rote Cap auf dem Kopf, einen Piercing in der Lippe und Tattoos, die seinen Körper verzieren. Dass man Menschen aufgrund ihrer Äußerlichkeiten nicht verurteilen sollte, hat Ava Reed mit ihm deutlich gemacht, auch ohne explizit darauf hinzuweisen. Auch er hat sein Päckchen zu tragen, einen Grund, warum er in Sankt Anna ist. Bei ihm hätte ich mir jedoch noch etwas mehr Tiefgang gewünscht. Warum das Piercing? Warum die Tattoos? Was bedeuten sie?
Er spielt für Hannah eine große Rolle, je mehr das Buch voran schreitet, und bietet ihr jemanden, bei dem sie auch ohne Worte verstanden wird, aber das allein sollte ihn, meiner Meinung nach, nicht nur auszeichnen. Mehr Eigenständigkeit...Einzigartigkeit hätte mir noch besser gefallen. Aber auch ihn habe ich ins Herz geschlossen. Mit seiner bodenständigen, humorvollen und fluchenden Art, bleibt er mir noch lange im Gedächtnis.
Die Nebencharaktere haben mir auch echt gut gefallen. Vor allem die Gruppe, die gemeinsam mit Hannah und Levi von der Schule aus in diesem Camp ist. Sarah und Lina werden dabei mehr beleuchtet, haben ihre Geschichte und werden Hannah später noch gute Freundinnen. Den Eltern trete ich noch immer mit gemischten Gefühlen entgegen, da ich ihr anfängliches Verhalten einfach nur grausam fand.
Ein kleiner Charakter, den ich hier noch erwähnen muss: Mo! Er ist der Kater von Hannah, bzw. hat er damals Izzy gehört, und keine Ahnung, auch wenn ich für Katzen keine große Begeisterung zeigen kann, fand ich ihn einfach nur klasse . vor allem in Verbindung mit Levi, hach.
Der Schreibstil hinterlässt Eindruck. Ich muss sagen, dass die Sätze nicht groß komplex sind, sogar viele Ellipsen auftreten und somit auch die Kapitel recht kurz sind, aber die Wort waren stets auf den Punkt gebracht und man hat gemerkt, dass diese Geschichte eine Herzensprojekt der Autorin war.
Fazit
Die Stille meiner Worte - ein Jugendbuch, das zu denen zählt, die mich sehr berührt haben und dessen Geschichte ich erst einmal eine Weile festhalten muss. Verlust, Trauer, Schuld, Identitätsdiffusion und Freundschaft stehen im Mittelpunkt - Themen, mit denen jeder sich ein Stück weit identifizieren kann und das hat Ava Reed auch sehr gut herüber gebracht, sehr authentisch. Die Charaktere haben sich einen Platz bei mir erschlichen und Eindruck hinterlassen, wobei ich mir bei Levi noch etwas mehr Eindringen in die Tiefen seiner Vergangenheit, seiner Persönlichkeit gewünscht hätte.
Eine klare Leseempfehlung von mir!