Ziemlich gespannt war ich auf Cecilia Aherns Versuch in der Jugendystopie Fuß zu fassen. Wer das Buch noch nicht gelesen hat, dem kann ich sagen, dass es ihr gelungen ist!
Bis jetzt habe ich (fast) alle Bücher der Autorin gelesen, die ja einem anderen Genre zuzuordnen sind. Manche haben mir sehr gut gefallen, manche weniger gut. Bei ihr ist man nie sicher, was man als nächstes in den Händen halten wird....
Mit "Flawed - wie perfekt willst du sein?" hat sie zwar nicht etwas vollkommen Neues erfunden, aber ich finde den Auftakt der Dilogie gelungen.
Die 17jährige Celestine lebt mit ihren Eltern und Geschwistern im fiktiven Ort Humming. In ihrer Welt gibt es nur zwei Kategorien von Menschen: die Perfekten und die Fehlerhaften. Letztere werden gebranntmarkt und von der Gesellschaft ausgeschlossen. Die fünf Stellen, an denen das "F" für fehlerhaft eingebrannt wird, sagen aus, welche Fehler diese Menschen begangen haben: die Schläfe bei falschen Entscheidungen; die Zunge, wenn sie lügen; die rechte Fußsohle bei gesellschaftlich inakzeptablem Verhalten, die rechte Handfläche, wenn die Gesellschaft bestohlen wurde und die Brust direkt über dem Herz, wenn man sich gegenüber der Gilde illoyal verhalten hat. Außerdem werden sie mit einer Armbinde gekenntzeichnet und ihnen werden sogenannte Whistleblower als eine Art Aufpasser zur Seite gestellt. Fehlerhafte müssen sich strengen Kontrollen unterziehen und auf jeden Luxus verzichten. Manche Dinge finde ich gar nicht so weit hergeholt, wie die Armbinde, die damals auch die Juden kenntzeichnete. Deshalb bin ich mir auch nicht ganz sicher, ob man diese Geschichte wirklich als Dystopie einstufen kann, denn manchmal sind wir gar nicht so weit von der Realität entfernt.....
Celestine ist anfangs ein Mädchen, das sich dem System und der Gilde perfekt fügt. Sie ist hübsch, eine Musterschülerin und hat jede Menge Freunde. Außerdem ist sie mit Art, dem Sohn von Richter Crevan befreundet, dem Anführer der Gilde. In ihren Augen sind die Fehlerhaften zurecht von der Gesellschaft ausgeschlossen. Als jedoch ihre Nachbarin und Klavierlehrerin abgeholt und als fehlerhaft gekenntzeichnet wird, weil sie ihrer todkranken Mutter im Ausland Sterbehilfe geleistet hat, beginnt Celestine sich das erste Mal Gedanken zu machen, ob dieses Vergehen und die Bestrafung gerechtfertigt ist. Und kurz darauf macht sie selbst einen folgenschweren Fehler, der aus der perfekten Schülerin mit einer strahlenden Zukunft eine Fehlerhafte macht, an der der ehemalige Freund der Familie ein grausames Exempel startet....
Nachdem die Figuren alle vorgestellt sind, legt Ahern ein rasantes Tempo vor. Man ist sehr schnell in der Geschichte drinnen und nach den ersten hundert Seiten in der Handlung gefangen. Man will unbedingt wissen, wie es weitergeht.
Der Plot ist nicht ganz neu, trotzdem lässt Ahern einige frischen Ideen einfließen. Die Medien und die Überwachung spielen ebenso eine zentrale Rolle, wie die Moral und das brutale Vorgehen gehen alle, die sich nicht dem System beugen. Das Thema Ausgrenzung und Mitleidlosigkeit sind die zentralen Anliegen der Autorin, die sie gewohnt souverän anspricht.
Charaktere:
Während Celestine zu Beginn eine perfekte junge Frau ist, die sich ohne groß nachzudenken dem System anpasst, fand ich ihr plötzliches Umdenken etwas zu schnell. So wirkt es ein bisschen unglaubwürdig, denn eigentlich ist ihre ältere Schwester Juniper diejenige, die so einiges am System hinterfragt.
Trotzdem macht Celestine im Laufe des Romans eine große Wandlung durch. Zu Beginn handelt sie oft unüberlegt und leichtfertigt, sie ist priviligiert und oberflächlich. Celestine kann einfach nicht glauben, wozu Richter Crevan und die Gilde fähig sind. Verlassen von den Menschen, von denen sie dachte, dass sie ihre besten Freunde sind, gewinnt sie nach und nach an Stärke und wird ungewollt zur Heldin.
Die Nebencharaktere sind unterschiedlich gut beschrieben. Manche bleiben blass und ich konnte mir nicht wirklich ein Bild von ihnen machen, andere sind haben Ecken und Kanten. Besonders mochte ich Celestines Großvater, der ein Gegener des Systems, aber kein als fehlerhaft gekenntzeichneter Mensch ist. Er hilft Celestine, wo er nur kann und unterstützt sie, ohne ihr etwas aufzuzwingen. Am interessantesten ist natürlich Carrick, der "Bad Boy", der in Band Eins noch undurchschaubar bleibt ;), aber bereits Celestines Sympathie besitzt.
Schreibstil:
Wenn nicht Cecilia Ahern draufstehen würde, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass diese Autorin hinter der Geschichte steckt. Wenn man sich aber näher mit dem Aufbau, dem Schreibstil und der Aussage des Romans beschäftigt, entdeckt man doch viele Parallelen zu ihren anderen Büchern. Ihr Schreibstil lässt sich immer gut lesen und ihre Bücher stecken voller Lebensweisheiten, die sich hinter den Zeilen verstecken. In ihrem Jugendbuch entdeckt man aber auch eine "härtere" Seite der Autorin.
Fazit:
Ein spannender erster Teil der Dilogie, der mich fesseln konnte und Lust auf Band 2 macht. Einige Fragen sind noch unbeantwortet, manche Personen noch zu blass, aber ich hoffe auf eine baldige Antwort darauf und freue mich auf "Perfect", das ich hoffentlich bald lesen kann. Cecila Ahern überzeugt auch in einem für sie ungewohnten Genre und ließ mich als zufriedenen Leser zurück.