Cover-Bild Der Stotterer
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 20.03.2019
  • ISBN: 9783257070675
Charles Lewinsky

Der Stotterer

Weil er Stotterer ist, vertraut er ganz auf die Macht des geschriebenen Worts und setzt es rücksichtslos ein, zur Notwehr ebenso wie für seine Karriere. Ein Betrug – er nennt es eine schriftstellerische Unsorgfältigkeit – bringt ihn ins Gefängnis. Mit Briefen, Bekenntnissen und erfundenen Geschichten versucht er dort diejenigen Leute für sich zu gewinnen, die über sein Los bestimmen: den Gefängnispfarrer, den Drogenboss, den Verleger.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2019

Richtig toll

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Meinung

Der Stotterer ist mein erster Roman von Charles Lewinsky und nach dem Lesen wurde mir klar, dass es auch nicht mein letztes Buch von dem Autor sein wird. Wieso? Das erfahrt ihr weiter unten.

Johannes ...

Meinung

Der Stotterer ist mein erster Roman von Charles Lewinsky und nach dem Lesen wurde mir klar, dass es auch nicht mein letztes Buch von dem Autor sein wird. Wieso? Das erfahrt ihr weiter unten.

Johannes weiß mit Worten umzugehen, dies aber nur auf Papier. Würde er zu Sprechen beginnen, würde ihn das Stottern überkommen. Obwohl er sehr wortgewandt ist, arbeitet er nicht als Autor oder etwas in der Richtung. Er will kein Ruhm oder Respekt gewinnen, stattdessen nutzt er seine Gabe für das Betrügen. Als er erwischt wird, landet er im Gefängnis, wo er so gleich seine Wortgewandtheit missbraucht, um die Menschen um sich herum zu manipulieren und zum Horst zu machen.

Voller Intelligenz, Präzision und wunderschönen Wortgestaltungen hat Charles Lewinsky sich in mein Herz geschlichen. Mich konnte sowohl die Geschichte, als auch die Charaktere überzeugen. Sie sind vollkommen authentisch, bildhaft und überzeugend. Egal in welcher Form Johannes versucht sich auszudrücken, zu kommunizieren, auf jede Art konnte er mich berühren. Die Veränderung je nachdem wie oder an wen er schreibt, fand ich bemerkenswert. Die Stimmung wurde je nach Art und Adressaten anders.
Charles Lewinsky hat mich sogar dazu hin getrieben, dass ich Johannes Theater und gefaktes Drama sogar abgekauft habe, obwohl ich wusste, dass er nur Lügenmärchen verbreitet.

Also im Klartext: Ich kann zu 100% sagen, dass mir dieses Buch verdammt gut gefallen hat!

Fazit

Lewinsky weiß definitiv mit Worten und Gefühlen umzugehen. Der Stotterer ist mal eine andere Art von Geschichte, die mir viel Freude beim Lesen bereitet hat. Voller Intelligenz wird hier von einem Gefangenen erzählt, der die Menschen durch Worte manipulieren kann. Ich habe mich teilweise selbst erwischt, wie ich seine Lügenmärchen geglaubt habe und das hat doch was zu sagen. Von mir ist das Buch eine klare Empfehlung.

Veröffentlicht am 05.09.2019

Beeindruckendes Psychogramm eines Betrügers

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Der Stotterer - Charles Lewinsky

"Mein Vater kämmte sich die Haare über seine Glatze. Mehr gibt es über seinen Charakter nicht zu sagen." Seite 12

Es handelt sich hierbei um einen Briefroman. Der Protagonist ...

Der Stotterer - Charles Lewinsky

"Mein Vater kämmte sich die Haare über seine Glatze. Mehr gibt es über seinen Charakter nicht zu sagen." Seite 12

Es handelt sich hierbei um einen Briefroman. Der Protagonist Johannes Hosea sitzt im Gefängnis eine Haftstrafe ab, wegen Betruges. Er ist hochintelligent und hochgradig psychisch gestört.
An den Anstaltspfarrer, er nennt ihn Padre, schreibt er in Briefen seine Lebensgeschichte auf. Außerdem sind da in Einschüben noch seine Tagebucheinträge, die dem Leser verraten, dass er auch dem Padre nicht die ganze Wahrheit erzählt. Zwischengeschobene eigene Geschichten lassen schon deutlich die absolut gestörte Persönlichkeit durchscheinen. Ein raffiniert aufgebautes Werk und das spannende Psychogramm eines Kriminellen, der sich auf Lügengebilde spezialisiert hat.

Wie der Titel bereits verrät ist der Protagonist ein Stotterer, von klein auf. Auch durch das Stottern hatte er eine sehr schwere Kindheit in einer Sekte. Dadurch auch eine recht belastete Beziehung zum Glauben, nichtsdestotrotz werden immer wieder Bibelzitate angebracht. Diese wurden ihm als Kind eingebläut, er hat sie nie wieder vergessen. Überhaupt handelt es sich um eine zerrissene und zutiefst gestörte Persönlichkeit. Dennoch kommt kaum Mitleid auf. Denn in erster Linie ist er absolut unsympathisch und unmoralisch in fast allem was er tut.

Wie bereits erwähnt ist dieser Gefangene hochintelligent. Durch sein Sprachproblem verlegt er sich schon früh auf die Schriftsprache als sein großes Talent. Er kann sich in jeden hineinversetzen und besitzt auf diesem Gebiet eine hohe emotionale Intelligenz. Schließlich verdient er sein Geld mit dieser Fähigkeit, wenn auch nicht legal und ohne Rücksicht auf andere. Ob als persönlicher Rachefeldzug, oder Geldeinnahmequelle gaukelt er den Adressaten der Briefe oder Mails vor was sie lesen wollen.
Der Autor nimmt den Leser mit auf eine schockierende Spurensuche nach den persönlichen Dämonen von Johannes Hosea.

"Lügen ist wie Rauchen: Wenn man einmal damit angefangen hat, tut man es bald automatisch." Seite 343

Sprachlich ist dieser Roman herausragend und genau auf den Punkt gebracht, mit einem hochinteressanten Charakter. Sehr lesenswert!


Veröffentlicht am 07.06.2021

Auswirkung von Kindesmisshandlung

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Johannes Hosea Stärkle wächst in einem äußerst gläubigen Haushalt auf, die Bibel, besonders das alte Testament in Auslegung des Pfarrers Bachofen ist Richtschnur für alles. Als Johannes mit dem Stottern ...

Johannes Hosea Stärkle wächst in einem äußerst gläubigen Haushalt auf, die Bibel, besonders das alte Testament in Auslegung des Pfarrers Bachofen ist Richtschnur für alles. Als Johannes mit dem Stottern beginnt gibt es dafür jedesmal Schläge. Mit qualvoller Teufelsaustreibung soll ein Jugendlicher von der Homosexualität geheilt werden. Da das Sprechen für Johannes immer schwieriger wird wird er zum Schreiber. Er verfeinert seine Kunst so sehr, dass er manipulativen Texte verfasst und damit sein Geld verdient, auch auf kriminellem Wege. Der Gefängnispfarrer ermutigt ihn zum Verfassen seiner Lebensgeschichte, die wir nun, unterbrochen von Ereignissen im Gefängnis und seinen Tagebucheintragungen, mitlesen. Doch war ist wahr und was erdichtet? Manche Ereignisse aus seinem Leben erfahren wir in unterschiedlichen Fassungen. Gerade diese Rückblenden und immer neue Sichtweisen, versehen mit einem außergewöhnlich guten Schreibstil, lassen einen selbst nachdenklich werden, wie das Leben hätte verlaufen können.

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Veröffentlicht am 28.04.2019

Unsympath

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Ein Wortakrobat und Hochstapler ist er, der Protagonist Johannes Hosea Stärckle aus dem neuen Roman von Charles Lewinsky „Der Stotterer“. Ein unzuverlässiger Erzähler, ein unsympathischer Egomane, der ...

Ein Wortakrobat und Hochstapler ist er, der Protagonist Johannes Hosea Stärckle aus dem neuen Roman von Charles Lewinsky „Der Stotterer“. Ein unzuverlässiger Erzähler, ein unsympathischer Egomane, der beim Monologisieren ohne Gegenpart sein Umfeld genau so wie den Leser auf die Schippe nimmt. Daran muss man sich beim Lesen zunächst gewöhnen.

Der Protagonist stottert seit Kindertagen, kaum ein Wort kann seinen Mund verlassen ohne Stotterei. Deshalb ist er dem geschriebenen Wort sehr zugetan und beherrscht schriftliche Kommunikation meisterlich. Er schreibt beruflich, aber nicht als Journalist oder Autor, sondern als Betrüger, weshalb er jetzt im Knast sitzt. Dort schreibt er an den Geistlichen des Gefängnisses, den Padre, um seine Situation zu verbessern, er vertraut ihm (und dem Leser) Erinnerungen und Ereignisse aus seiner Kindheit an, über sein Leben in einer christlichen Sekte, über seine Familie, über seine Betrügereien. Was zunächst wie die Beichte eines Bekehrten klingt ist mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließlich Mittel zum Zweck, und der Wahrheitsgehalt der Briefe ist auch für den Leser unklar. Der Stotter manipuliert den Padre mit seinen Briefen genauso wie den Leser. Als mächtige Mithäftlinge von diesem Talent Wind bekommen, versuchen sie Profit aus dem Stotterer zu schlagen, da dieser sich nicht wirklich wehren kann. Doch Stärckle behält den Überblick, denn die Sprache ist seine Macht, und er spielt auch hier seine Möglichkeiten voll aus, dramatisch und manipulativ.

Genau genommen ist Stärckle der einzige Erzähler im Roman. Intelligent und äußerst geschickt hält er alle Fäden in der Hand, führt den Padre und andere Mächtige im Gefängnis an der Nase herum wie zuvor alte Damen und so wie auch den Leser. Er bündelt die Unsympathien den Romans in seiner Person, er ist unzuverlässig und unglaubwürdig, letztlich macht er vor nichts und niemanden Halt. Stärckle taugt nicht zu einer Romanfigur, mit der man sich identifizieren kann oder der man heimlich die Daumen drückt wie oft anderen Hochstaplern als Romanfigur. Dennoch verführt er den Leser anfangs dazu, ihm sein dramatisiertes Märchen glauben zu wollen, doch seine Hochstapelei und sein äußerst boshaftes und unsoziales Verhalten spielen ihn recht schnell ins Abseits. Lediglich am Schluß bekommt man wieder Zweifel, ob nicht doch Gutes in ihm steckt und er für seine Entwicklung nicht allein Schuld zugesprochen bekommen sollte.

Die Stimme des Stotterers kommuniziert im Roman ausschließlich schriftlich, in Briefen, in Tagebucheinträgen und in Fingerübungen, letztere als von der Handlung losgelöste Geschichten, die kleine schriftstellerische Meisterwerke darstellen.
Ohne Gegenpart ist man immer im Unklaren, was der Wahrheit entspricht und was erlogen ist. Das ist genial erdacht und mir gleichzeitig ein wenig Zuviel, immer nur diese eine Stimme, ewig monologisierend und sich selbst feiernd. Keine Antworten auf die Briefe, kein Gegenpart, kein unabhängiger Erzähler, so das Konzept, das für mich nicht komplett aufging.

Sprachlich ist der Roman ein Meisterwerk, ganz im Sinne der bevorzugten Ausdrucksweise des Stotterers verblüfft Charles Lewinsky mit äußerst genialer Wort- und Satzakrobatik. Viele Passagen haben fast philosophischen Charakter, zumal der Stotterer als ein großer Bewunderer Schopenhauers höchst intelligente und gewiefte Äußerungen tut.
Charles Lewinsky zeigt mit dem Roman „Der Stotterer“ erneut auf beeindruckende Weise seine Wandelfähigkeit und sein Sprachtalent. Allein dafür ist es lohnend, das Buch zu lesen.

Veröffentlicht am 15.04.2019

Ein Spiel mit der Wahrheit

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Der Stotterer ist ein Meister des Wortes, aber nur des geschriebenen. Denn wie der Titel des Buches schon verrät, versagt er beim Sprechen. Nun sitzt er in der Haftanstalt eine Strafe für seine Betrügereien ...

Der Stotterer ist ein Meister des Wortes, aber nur des geschriebenen. Denn wie der Titel des Buches schon verrät, versagt er beim Sprechen. Nun sitzt er in der Haftanstalt eine Strafe für seine Betrügereien ab, denn seine Meisterschaft hat er im Unredlichen perfektioniert. Abzockerei per Brief bei Partneragenturen und den Enkeltrick hat er geradezu perfektioniert, aber letztendlich war seine Eitelkeit größer als seine Vorsicht und nun sitzt er ein.

Hier beginnt er mit Tagebuchschreiben und Briefen an den Gefängnispfarrer, den er Padre nennt. Mit seiner dramatischen Kindheit, er wuchs in einer freikirchlichen Sekte auf, erduldete Prügel und seelische Misshandlungen, punktet er schnell beim Padre. Vor allem seine profunde Bibelkenntnis untermauert seine Geschichte. Aber was ist die Wahrheit? Diese Frage stellte ich mir das ganze Buch.

Lewinsky benützt seinen Protagonisten um mit dem Leser zu spielen, er wiegt ihn in Sicherheit, lässt ihn eine Geschichte glauben und stürzt ihn sofort im nächsten Kapitel wieder in Zweifel. Genauso manipulativ wie der Stotterer mit seinen Briefen, verführt der Autor den Leser. Dabei benützt virtuos die Sprache. Sein Stil passt sich der jeweiligen Geschichte an, die Briefe an den Anstaltspfarrer, seine „wahren“ Tagebucheinträge und zwischendurch immer wieder kleine Prosastücke, die als Fingerübungen bezeichnet werden und in den Stärckle sein literarisches Können unter Beweis stellen will. Diese Geschichten sendet er dem Pfarrer, der in seinem Namen an einem Literaturwettbewerb teilnehmen soll.

Lewinsky gelingt es, für seinen Protagonisten Sympathie, ja stellenweise sogar Bewunderung zu wecken. Sein Stil ist brillant, voller Esprit und kurzweilig humorvoll, bis ich an den Punkt gelangte, wo mir diese so offensichtlich zelebrierte Gewandtheit langsam zu viel wurde, manchmal wäre weniger mehr gewesen und nicht jeden Wortwitz muss man mitnehmen. Aber das ist nur ein kleiner Kritikpunkt an dieser unterhaltsamen und eleganten Hochstaplergeschichte.

Haben wir am Ende Stärckles wahre Geschichte erfahren, wer weiß?