Geheimnis um ein verschollenes Gemälde
Der neue Roman von Christine Jaeggi ist eine wunderbare Geschichte, die ein Familiengeheimnis, einen Mord und das Thema Raubkunst beinhaltet. Was für ein Mix!
Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, ...
Der neue Roman von Christine Jaeggi ist eine wunderbare Geschichte, die ein Familiengeheimnis, einen Mord und das Thema Raubkunst beinhaltet. Was für ein Mix!
Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, wobei der Handlungsstrang in der Gegenwart mehr Raum einnimmt. In dieser begleiten wir Helena, die als Alleinerzieherin der Zwillinge Jolina und Jonas am Existenzminimum lebt. Die talentierte Ballerina musste damals ihre Karriere wegen ihrer ungeplanten Schwangerschaft abbrechen. Nun hat sie auch noch ihre Stelle in einem Modegeschäft verloren, weil sie durch einen Roboter ersetzt wurde.
Als ihr das Arbeitsamt eine Stelle als Zimmermädchen im Hotel Kronenberg in Zürich zuweist, ist Helena geschockt. Die Hoteliersfamilie ist genau diejenige, die vor Jahren ihre Zukunft zerstört hat. Doch Helena hat keine Wahl. Die Angst entdeckt zu werden, sitzt ihr jedoch ständig im Nacken. Im Hotel lernt sie die Amerikanerin Jessica Dixon kennen, die auf der Suche nach einem mysteriösen Gemälde ist. Dieses soll ihrer jüdischen Familie während des zweiten Weltkrieges von den Nazis geraubt worden sein. Die Spur führt ins Hotel Kronenberg, wo angeblich Raubkunst betrieben wurde. Der vor kurzem verstorbene Michael Kronenberg hätte sie kontaktiert, aber der Rest der Familie weigert sich mit ihr zu sprechen. Als Noah Kronenberg aus Mexiko zum Begräbnis seines verstorbenen Bruders anreist, hört er ebenfalls von dem verschollenen Gemälde der Tänzerin im Regen. Das weckt den Krimiautor in ihm und er beginnt zu recherchieren. Dabei stößt er auf einen Mord an einem Zimmermädchen im Jahre 1942. Aber auch Helena lässt die Geschichte um das gestohlene Gemälde nicht mehr los...
Im zweiten Handlungsstrang sind wir in den Jahren 1937 bis 1945. Wir lernen Lydia und ihre jüngere Schwester Hedi kennen. Die beiden sind in den Schweizer Bergen aufgewachsen und lebten auf einem Bauernhof. Als ihre Eltern sterben wird dieser verkauft und die Mädchen kommen bei einer Tante unter. Diese möchte Lydia mit dem unsympathischen neuen Besitzer des Hofes verheiraten, doch Lydia denkt nicht daran und flieht nach Zürich. Dort nimmt sie die Stelle eines Zimmermädchen im Hotel Kronenberg an, wo sie Hector Löwenfeld kennenlernt....
Der rote Faden des Romans ist das titelgebende Gemälde der Tänzerin im Regen. Gleich im Prolog erfahren wir von dessen Entstehung. Die spätere Suche wird verknüpft mit der Vergangenheit, in der das Gemälde zuerst geraubt wird und danach verschwunden ist. Eine spannende Geschichte, die sich auch dem Thema Raubkunst durch die Nazis widmet.
Wir lernen durch Helena aber auch die Sorgen einer alleinerziehenden Frau kennen, die am Existenzminimum lebt und das in der reichen Schweiz! Nicht nur Geldsorgen, sondern auch die typischen Probleme mit ihren pubertierenden Kindern und der Wahrung ihrer Identität im Hotel, bereiten Helena Schwierigkeiten. Außerdem gibt es dieses Familiengeheimnis der Kronbergs, in das auch Helena verstrickt wurde. Zu guter Letzt darf auch eine Liebesgeschichte nicht fehlen. Wer jetzt denkt, dass wären zu viele Themen für einen 400 Seiten Roman hat einerseits recht, doch Christiane Jaggi ist es hervorragend gelungen daraus eine tolle Geschichte zu kreieren, die man gerne liest und die einem nie langweilig wird. Im Gegenteil...man fliegt richtig durch die Seiten.
Manche Ereignisse waren zwar etwas vorhersehbar, andere wiederum konnten mich richtig überraschen und gaben dem Roman eine neue Wendung.
Die Charaktere sind sehr individuell und lebendig, manchmal etwas zu sehr schwarz-weiß gezeichnet. Die Wandlung Caramelles fand ich zu schnell und etwas unglaubwürdig. Jolande hingegen ist der typische pubertierende Teenager, der gegen die Mutter rebelliert. Jonas hingegen ist das glatte Gegenteil und Helenas Halt...für einen Jungen in diesem Alter war er mir allerdings ein bisschen zu blass und gutmütig.
Noah ist ein interessanter und vielschichtiger Charakter, dem wohl alle Leserherzen zufliegen. Der Rest der Familie Kronenberg ist allerding das komplette Gegenteil.
Lydia fand ich stark und sympathisch...ein junges Mädchen, das ihren Weg geht.
Am Ende werden alle Geheimnisse aufgedeckt und alle losen Fäden führen logisch zueinander.
Schreibstil:
Christine Jaeggis Schreibstil liest sich kurzweilig und lebendig...man verliert sich sehr schnell in der Geschichte, die Gegenwart und Vergangenheit perfekt verbindet. Über jedem Kapitel steht der Name der jeweils erzählenden Figur. In der Gegenwart sind dies Helena und Noah, in der Vergangenheit Lydia. So lernt man alle Hauptprotagonisten immer besser kennen.
Die Personenübersicht am Anfang des Romans hilft zu Beginn des Romans doch einige Male nicht den Überblick zu verlieren.
Fazit:
Ein Roman mit vielen Facetten, der auf zwei Zeitebenen spielt und einige interessante Themen beinhaltet. Etwas vorhersehbar an manchen Stellen, aber auch mit vielen Überraschungen gespickt, hat mich "Das Gemälder der Tänzerin" gut unterhalten und schöne Lesestunden beschert.