Es gibt keine Menschlichkeit
Smoky Barrett, mittlerweile hochschwanger, und ihr Team werden zu 3 Tatorten in Colorado gerufen. 3 Familien sind brutal ermordet und hergerichtet worden. Doch wer schlachtet 3 Familien inklusive ihrer ...
Smoky Barrett, mittlerweile hochschwanger, und ihr Team werden zu 3 Tatorten in Colorado gerufen. 3 Familien sind brutal ermordet und hergerichtet worden. Doch wer schlachtet 3 Familien inklusive ihrer Kinder ab und stellt sie aus? Ehe die Ermittler eine Antwort finden können, geschieht das Unfassbare: das Team wird überfallen, Smoky erpresst und die Täterin ist noch nicht mal 20. Immer mehr Brutalität bahnt sich ihren Weg und bald weiß keiner mehr im Team, wie es ist, wenn das Leben normal verläuft...
„Die Stille vor dem Tod“ ist der 5. Band der Smoky-Barrett-Reihe von Cody McFadyen und er hat mich aus den Socken gehauen. Jahrelang habe ich auf diese Fortsetzung gewartet und das Warten hat sich mehr als gelohnt. Mit jedem Band hat sich der Autor in Sachen Perfidität und Grausamkeit gesteigert. Band 5 ist sein bisheriger, psychologisch schon fast zerstörender Höhepunkt.
Die Geschichte wird, wie gewohnt, von Smoky Barrett direkt erzählt. Im 7. Monat schwanger, von den Umstrukturierungen im FBI noch gebeutelt, begibt sich sie mit ihrem gewohnten Team an 3 brutale Tatorte. Die Leichen wurden abgeschlachtet, drappiert und der Täter hat keinerlei Spuren hinterlassen. Bis hier hin scheint es ein Fall wie jeder andere zu werden, jedoch entwickelt sich schnell eine Spirale aus Gewalt, Grausamkeit und menschlichen Abgründen, die selbst die erfahrenen Ermittler in die Knie zwingt. Ich war erschrocken, gefesselt, fasziniert.
Und das passiert alles auf den ersten 100 Seiten. Cody McFadyen zwingt seine Leser noch tiefer mit ihm in die Abgründe des Menschseins hinabzusteigen. Jedoch darf man dies nicht selbstbestimmt auf einer Leiter, nein, man wird eine Treppe hinuntergestoßen ohne Halt oder auch nur Sicherheit unbeschadet unten anzukommen. Ich bin eine passionierte Thrillerleserin, die gern in solche Abgründe blickt, doch selbst ich musste bei diesem Werk öfter pausieren als ich dachte. Und das Grandiose: der Autor kann diese Erzähldichte und Spannung über den gesamten Thriller halten. Er zerstört erst alles, woran man als Leser geglaubt und gehangen haut, wird wieder aufgebaut, nur um dann zu merken, dass das alles nur der Beginn war.
Obwohl ich jahrelang auf dieses Buch warten musste, fühlte ich mich nach den ersten Seiten sofort wieder dem Team um Smoky verbunden. Cody McFadyen schreibt immer noch so lebhaft, bildgewaltig und detailliert, dass ich nicht anders konnte als zu lesen. Die Fakten, die Beschreibungen und die Geschehnisse konnte ich erst in Lesepausen wirklich erfassen. Und dann erwischten mich meine Reaktionen mit voller Wucht: ich hatte Angst, habe geweint und verlor den Glauben an die Menschheit. Zwischendurch kam mir sogar der Gedanke, was der Autor alles erlebt haben muss, um solche Komplexität an Grausamkeiten zu erschaffen.
Je weiter die Geschichte voranschritt, desto mehr konnte ich mich mit den Ermittlern auf das Verbrechen an sich fokussieren. Und hier schlägt Cody McFadyen seinen Lesern wieder ins Gesicht. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber er hat meine schlimmsten Befürchtungen sehr gut getroffen. Auch das Finale ist sehr gut herbeigeführt, logisch und passend zum gesamten Buch. Dennoch hat er etwas getan, was ich ihm sehr übel nehme: er lässt das Ende offen. So bereitet er den Weg für Band 6. Großartig, doch ich bin einfach neugierig, wie es weitergeht.
Der Stil von Cody McFadyen ist sehr gut und flüssig zu lesen. Seine Erzählweise ist bildgewaltig, teilweise tiefschürfend philosophisch und so detailliert, dass dennoch vieles der Fantasie des Lesers überlassen wird. Klasse!
Wichtig: es ist notwendig, dass man die Bände in chronologischer Reihenfolge liest. Denn sonst kann man die Entwicklungen nicht verfolgen.
Fazit: Smoky ist endlich wieder da. Wer die Vorgänger kennt, wird diesen hier lieben! Lesenswert.