der 20. Mai ändert alles - oder doch nichts?
Mathilde ist 40 und seit dem Unfalltod ihres Mannes vor zehn Jahren alleinerziehende Mutter von drei Söhnen. Durch diesen Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen, ist es ihr doch gelungen, ihr Leben wieder ...
Mathilde ist 40 und seit dem Unfalltod ihres Mannes vor zehn Jahren alleinerziehende Mutter von drei Söhnen. Durch diesen Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen, ist es ihr doch gelungen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Als starke, tatkräftige Frau bringt sie Kinder und eine gut bezahlte Stelle als stellvertretende Marketingdirektorin erfolgreich unter einen Hut. Doch dann beginnt ihr Vorgesetzter, mit dem sie immer gut zu Recht kam, ihr das Leben schwer zu machen.
Mathilde werden mehr und mehr Aufgaben entzogen, Informationen werden ihr vorenthalten, sie wird von ihren Kollegen isoliert, einem klärenden Gespräch weicht ihr Vorgesetzter aus.
Thibault hat, ebenfalls wegen eines Schicksalsschlags in jungen Jahren, seinen Plan, Chirurg zu werden, aufgeben müssen und hetzt als Rettungsarzt durch Paris, von einem Patienten zum nächsten. Er trifft auf viele einsame Menschen, aber auch auf knallharte Geschäftsleute, die sich die Ärzte ins Büro rufen, um Zeit zu sparen. Von seiner Geliebten Lila, hat er sich getrennt, da sie Thibaults Gefühle nicht wirklich erwidert, sondern eher gleichgültig in der Beziehung ist.
Laut der Prophezeiung einer Wahrsagerin, ist der 20. Mai der Tag, an dem es zu einem Wendepunkt in Mathildes Leben kommen soll. Es ist auch der Tag, an dem sich Thibault von Lila trennt. Delphine de Vigan erzählt wie Mathilde und Thibault diesen Tag erleben, zwei Menschen, die zwar in derselben Stadt wohnen, sich aber nie über den Weg gelaufen sind und beide, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, auf einen Burn-Out zustreben.
Delphine de Vigan hat einen großartigen Schreibstil, klar und zurückgenommen, aber doch gefühlvoll. Das Buch nahm mich schon nach wenigen Seiten gefangen und ich habe mit Mathilde und auch Thibault mitgelitten und ihre Verzweiflung nachfühlen können. Auch die Vereinsamung des modernen Menschen in der aktuellen Gesellschaft war fast körperlich spürbar.
Ein absolut lesenswertes Buch und eine klare Leseempfehlung. „Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin“ ist sicher nicht das letzte Buch von Delphine de Vegan, das ich gelesen habe.