Cover-Bild Dunkelblum
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 528
  • Ersterscheinung: 19.08.2021
  • ISBN: 9783462047905
Eva Menasse

Dunkelblum

Roman

Jeder schweigt von etwas anderem.

Auf den ersten Blick ist Dunkelblum eine Kleinstadt wie jede andere. Doch hinter der Fassade der österreichischen Gemeinde verbirgt sich die Geschichte eines furchtbaren Verbrechens. Ihr Wissen um das Ereignis verbindet die älteren Dunkelblumer seit Jahrzehnten – genauso wie ihr Schweigen über Tat und Täter. In den Spätsommertagen des Jahres 1989, während hinter der nahegelegenen Grenze zu Ungarn bereits Hunderte DDR-Flüchtlinge warten, trifft ein rätselhafter Besucher in der Stadt ein. Da geraten die Dinge plötzlich in Bewegung: Auf einer Wiese am Stadtrand wird ein Skelett ausgegraben und eine junge Frau verschwindet. Wie in einem Spuk tauchen Spuren des alten Verbrechens auf – und konfrontieren die Dunkelblumer mit einer Vergangenheit, die sie längst für erledigt hielten. In ihrem neuen Roman entwirft Eva Menasse ein großes Geschichtspanorama am Beispiel einer kleinen Stadt, die immer wieder zum Schauplatz der Weltpolitik wird, und erzählt vom Umgang der Bewohner mit einer historischen Schuld. »Dunkelblum« ist ein schaurig-komisches Epos über die Wunden in der Landschaft und den Seelen der Menschen, die, anders als die Erinnerung, nicht vergehen.

»Die ganze Wahrheit wird, wie der Name schon sagt, von allen Beteiligten gemeinsam gewusst. Deshalb kriegt man sie nachher nie mehr richtig zusammen. Denn von jenen, die ein Stück von ihr besessen haben, sind dann immer gleich ein paar schon tot. Oder sie lügen, oder sie haben ein schlechtes Gedächtnis.«

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2021

Das Erste, was im Krieg auf der Strecke bleibt, ist die Wahrheit (Samuel Johnson)

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Dunkelblum ist auf den ersten Blick ein kleines Städtchen in Österreich wie jedes andere. Aber im Verlauf der Jahre wird es immer wieder zum Dreh- & Angelpunkt von geschichtlichen Ereignissen. So auch ...

Dunkelblum ist auf den ersten Blick ein kleines Städtchen in Österreich wie jedes andere. Aber im Verlauf der Jahre wird es immer wieder zum Dreh- & Angelpunkt von geschichtlichen Ereignissen. So auch im Spätsommer 1989, als die Zeichen wieder einmal auf Veränderung stehen und die DDR-Flüchtlinge in der Botschaft von Ungarn auf ihre Ausreise warten. Mit dem ersten Schritt eines Unbekannten nach Dunkelbum hinein verändert sich der Lauf der Dinge und die Wahrheit lässt sich nicht mehr im Zaum halten...



Wow, was für ein Roman ! Ein absolutes Highlight, auf das man sich mit Haut und Haaren einlassen muss, um hier die (sprachlichen) Feinheiten zu verstehen, die Eva Menasse in ihrem Roman mit wahrem Hintergrund einarbeitet.

Angelehnt an die Stilelemente eines Heimatromans, zeichnet sie hier aber ein ganz anderes Bild von Dunkelbum und setzt sogar leicht satirische Komponente (z. Bsp: Homo dunkelbumensis) ein, um den Umgang mit der schrecklichen Wahrheit in der Dorfgeschichte ihren Lesern näher zu bringen. Ein jeder dreht sich die Fakten gerade so, wie es ihm oder ihr in den Kram passt. Diejenigen, die sich erinnern könnten, schweigen beharrlich oder lassen nur Bruchstücke an Informationen zu. Und dann gibt es auch noch solche, die genau Bescheid wissen und schweigen, weil sie die verqueren Gedanken des braunen Sumpfes gutheißen und den Holocaust leugnen.

Der Roman hat zwar als einzigen Schauplatz den fiktiven Ort Dunkelblum, aber durch die Fülle der Einzelheiten und dem dargestellten Ablauf vieler gleichzeitiger Ereignisse herrscht immer ein wuseliges Treiben. Manchmal könnte man fast meinen, dass zu viele Charaktere das Stadtbild bevölkern, aber erst die Summe der Figuren macht hier ein Zusammenspiel von Gut und Böse, Wahrheit und Lüge möglich.

Es bleibt dem Leser überlassen, ob er der aufgesetzten Maskerade des heimeligen Städtchens oder der Realität glauben schenkt, denn Eva Menasse zeigt immer nur kleine Ausschnitte aus der dunklen Vergangenheit, ohne auf Spekulationen oder vage Andeutungen einzugehen. Aus Respekt und Ehrfurcht vor den Toten, aber auch, weil bis heute keine hieb- & stichfesten Beweise vorliegen, was sich damals wirklich in den letzten Kriegstagen ereignet hat.

Ein Roman, der sprachlich, stilistisch als auch dramaturgisch eine echte Glanzleistung ist und für den anspruchsvollen Leser beste Unterhaltung bietet.

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Veröffentlicht am 26.11.2022

Vom Wegducken & Schweigen...

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... erzählt Eva Menasse in ihrem gut 500 Seitenstarken Roman "Dunkelblum".
In der titelgebenden fiktiven Kleinstadt im österreichischen Burgenland Nähe der Grenze zu Ungarn, wollen die älteren Generationen ...

... erzählt Eva Menasse in ihrem gut 500 Seitenstarken Roman "Dunkelblum".
In der titelgebenden fiktiven Kleinstadt im österreichischen Burgenland Nähe der Grenze zu Ungarn, wollen die älteren Generationen keine alten Geschichten ausgraben. Doch da haben ebendiese ihre Rechnung nicht mit der aufgeweckten Flocke Malnitz und und ihrem gleichgesinnten Freund Lowetz gemacht.
Während im Jahr 1989 viele DDR-Flüchtlinge in den Westen kommen möchten, arbeiten die beiden jungen Menschen an einer Ortschronik, Flocke träumt sogar von einem Museum in welchem den Opfern des 2. Weltkrieges gedacht werden soll. Als Flocke immer weiter in die Vergangenheit dringt, verschwindet sie. Und auf einer Wiese werden Teile eines töten Menschen gefunden. Die Kleinstadt gerät in Aufruhr. Denn sie hat ihre Geheimnisse und Verbrechen bisher nicht aufgearbeitet. Kann Flocke noch gefunden werden? Und wird Dunkelblum sich seiner Vergangenheit stellen?
Der Roman ist wahrhaftig kein Pageturner. Aber es lohnt sich ihn in Ruhe zu lesen, obwohl er sehr komplex geschrieben ist und mitunter einer sehr verwirrende Handlung mitbringt. Die Atmosphäre ist eher bedrückend, jedoch mit skurrilen, fast lustigen Situationen gespickt.
Thematisch bietet das Buch jedoch sehr viel, gerade für Lesende, welche sich für Verbrechen im 2. Weltkrieg interessieren, den Holocaust und dem Antisemitismus, welcher bis heute überdauert.
Ich bin froh, dass ich mir die Zeit für die Lektüre bewusst genommen habe. Und daher empfehle ich den Roman gerne weiter.

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Veröffentlicht am 02.12.2021

Das Schweigen eines Dorfes

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Beim Massaker von Rechnitz wurden in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs rund 180 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter in der Nähe der Schloss Rechnitz ermordet und ins Massengrab gegraben. Darüber gibt ...

Beim Massaker von Rechnitz wurden in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs rund 180 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter in der Nähe der Schloss Rechnitz ermordet und ins Massengrab gegraben. Darüber gibt es einige Bücher und Dokumentarfilme, aber die Fakten sowie das Massengrab sind bis Heute nicht ins Tageslicht geschafft. Und nach Kriegszeit eröffnetes Gerichtsverfahren hatten nur wenige Ergebnisse gebracht, denn während des Prozesses wurden zwei Augenzeugen ermordet, seitdem heißt es schweigen... Über diese Schweigen erzählt Eva Menasse.

Dunkelblum heißt Menasses Fiktive Ortschaft im Burgenland/Österreich. Hier sind meisten Einwohner geboren und aufgewachsen, jeder kennt jeden, aber auch für neu Zugezogenen sind deren Türen immer offen. Eine Kleinstadt nähe der Ungarische Grenze mit dunkler Vergangenheit und schrecklichen Geheimnissen. Denn acht Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist hier ein furchtbares Verbrechen passiert. Die älteren Dunkleblumer wissen sehr wohl, was da geschehen ist, aber keiner verliert ein Wörtchen darüber. Für die jüngere und einige Außenstehende ist die Geschichte neu. Und durch Zufall entdeckte man menschliche Knochenreste, die Studenten, die einen Jüdischen Friedhof aus dem Gestrüpp befreien wollen, eine junge Frau, die plötzlich verschwindet und ein Fremdengast, der einige Postkarten kauft, aber nicht weiterschickt, macht die ganze Sache auch nicht besser. Doch was verbindet alles zusammen?

„In Dunkelblum haben die Mauern Ohren, die Blüten in den Gärten haben Augen, sie drehen ihre Köpfchen hierhin und dorthin, damit ihnen nichts entgeht, und das Gras registriert mit seinen Schnurrhaaren jeden Schritt.“ S.9

Dieser erster Satz sagt einiges über Menasses Schreibstil! Denn mit brillanten, bildgewaltigen und mit schwarzem Humor verfeinerter Sprache, erzählt sie auffallend komplex aus der Vogelperspektive. Wir lernen nicht nur die Dorfbewohner, sondern jede Dunkelblume-Gasse, einschließlich ein sprachbegabter Papagei haargenau kennen. Die Fabulierkunst ist hier bis zum letzten Tropfen ausgeschöpft, doch manchmal weniger ist mehr. Obwohl ihr Mikrokosmos Dunkelblum mich gepackt hat, hatte ich trotzdem meine Probleme mit Unmengen von Figuren und immer wieder wechselnden Zeitebenen. Dieses ganze „ohne vorgewarnte“ Wechsel hat mich stellenweise verwirrt, sodass ich mir eine Skizze mit Personen und Zeitangaben machen musste.

Es ist keine leichte Lektüre, welche man durch den Seiten fliegt. Hier braucht man Zeit, Geduld, Konzentration und Durchhaltevermögen! Doch nichtsdestotrotz ist es ein großartig geschriebener Roman über Verdrängung der Vergangenheit, persönliche Kriegs-Schicksale und über die Ereignisse von Zweiten Weltkrieg sowie des Mauerfall.

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Veröffentlicht am 28.02.2023

Kleinstadt

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Lowetz kehrt nach dem Tod seiner Mutter zurück in die Kleinstadt Dunkelblum, um zu entscheiden, was mit seinem Elternhaus geschehen soll. Noch ist Sommer und er genießt die Tage. Er hat ja noch Zeit. Zur ...

Lowetz kehrt nach dem Tod seiner Mutter zurück in die Kleinstadt Dunkelblum, um zu entscheiden, was mit seinem Elternhaus geschehen soll. Noch ist Sommer und er genießt die Tage. Er hat ja noch Zeit. Zur gleichen Zeit erscheint auch ein Fremder in der Stadt, der im Hotel ein Zimmer nimmt. Es ist das Jahr 1989 und man spürt schon die Veränderung in den Osteuropäischen Ländern. Lowetz erfährt, dass seine Mutter Informationen über die kleine Stadt und ihre Einwohner gesammelt hat. Die Zeit zum Ende des zweiten Weltkriegs hat sie besonders interessiert. Doch die Notizen sind verschwunden.

So ein friedlicher Ort. Und plötzlich kommen Fremde oder ehemalige Kinder der Stadt zurück. In Dunkelblum gerät einiges in Aufruhr, was eigentlich unter dem Deckel bleiben soll. Sind da gegen Ende des Krieges nicht einige Menschen umgekommen? Sind nicht ein paar Nazis auf die Füße gefallen, weil sie sich die Wahrheit so zurecht gebogen haben, wie es günstig war? Und was kann auf dem alten überwucherten Judenfriedhof zutage kommen, der gerade von Studenten freigelegt wird? Lowetz überlegt, was seine Mutter recherchiert haben könnte. Aus was für einem Ort kommt er überhaupt? Und was für Namen murmelt die alte Agnes vor sich hin?

Dunkelblum könnte überall sein. In welchen Städten wird denn noch nach der Vergangenheit gesucht? Nötig und sinnvoll wäre das sicher noch häufiger. Doch auch die Dunkelblumer beschäftigen sich nicht aus eigenem Antrieb mit der Chronik ihres Ortes. Im Jahr 1989 ist eher eine Zeit des Aufbruchs als eine der Rückbesinnung. Die Grenzen öffnen sich, da will niemand rückwärts denken. Und Hinweise, die es gibt, werden nicht gesehen. Beinahe als sollten die zu unrecht davongekommenen wieder durch die Maschen schlüpfen. Etwas kommt aber doch heraus und viele im Ort stecken wieder den Kopf in den Sand. Vieles in diesem Roman wird nur angedeutet, da ja wie immer nicht offen geredet wird. Ob einem als Leser das so gut gefällt, muss man entscheiden. Vielleicht würde man lieber deutlich lesen, was damals geschah und wer beteiligt war. So waren es irgendwie alle und der ganze Ort hat sich schuldig gemacht. Auch wenn man sich mit der behäbigen Erzählung ein wenig schwer tut, so handelt es sich doch um einen Roman, den es schon längst hätte gegeben haben sollen.