Cover-Bild Wir sind das Licht
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Zsolnay, Paul
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 240
  • Ersterscheinung: 24.01.2022
  • ISBN: 9783552072749
Gerda Blees

Wir sind das Licht

Roman
Lisa Mensing (Übersetzer)

Ein unkonventioneller, einzigartiger Roman – und die Geschichte einer stillen Radikalisierung

Eine Wohnung, drei Frauen, ein Mann. Eine der Frauen ist tot. Als der Notarzt eintrifft, herrscht eine ruhige, ja unheimliche Atmosphäre, und er stellt fest: Elisabeth ist – vor den Augen ihrer Mitbewohner – verhungert. Muriel, Petrus und Elisabeth haben, jeder auf eigene Art, den Halt im Leben verloren. Elisabeths Schwester Melodie und der Verzicht auf Nahrung scheinen diese Lücke zu füllen. Was sich von innen – bis in den Tod – richtig anfühlt, ist von außen nur sehr schwer zu fassen. Gerda Blees erzählt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, auch die Eltern, die Polizei oder der Tatort selbst kommen zu Wort. Für ihren herausragend modernen Debütroman erhielt sie zahlreiche Preise.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2022

Vor den Augen der Mitbewohner verhungert

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In einem Reihenhaus in den Niederlanden: Elisabeth van Hellingen stirbt an einem frühen Morgen an Unterernährung. Ihre drei Mitbewohner der Wohngruppe Klang & Liebe sind dabei. Peter Zwarts, Muriel de ...

In einem Reihenhaus in den Niederlanden: Elisabeth van Hellingen stirbt an einem frühen Morgen an Unterernährung. Ihre drei Mitbewohner der Wohngruppe Klang & Liebe sind dabei. Peter Zwarts, Muriel de Vree und Elisabeths Schwester Melodie sind ebenfalls abgemagert. Sie werden festgenommen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.

„Wir sind das Licht“ ist der Debütroman von Gerda Blees.

Meine Meinung:
Aufgeteilt ist der Roman in 25 eher kurze Kapitel. Bei jedem wechselt die Erzählperspektive. Das Ungewöhnliche dabei: Erzählt wird nicht nur aus der Sicht von menschlichen Figuren, sondern auch aus der von Gegenständen und sogar eher abstrakten Begriffen. Das funktioniert - mit nur kleinen Unstimmigkeiten - sehr gut und sorgt für ein besonderes Lesevergnügen.

Die Handlung spielt in einer nicht näher beschriebenen Stadt in den Niederlanden. Sie erstreckt sich über wenige Tage. Erzählt wird chronologisch, unterbrochen von nur wenigen Rückblenden.

Auch in sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman überzeugt. Die Ausdrucksweise variiert ausreichend zwischen den unterschiedlichen Perspektiven. Zudem verfügt der Roman - trotz der ernsten Thematik - über eine Menge Wortwitz.

Zu den vier Protagonisten bleibt man in gewisser Distanz. Das hält die Spannung aufrecht. Obwohl man nicht viele Details zu den persönlichen Hintergründen der Personen erfährt, wirken die Charaktere authentisch.

Inhaltlich ist der Roman beklemmend. Wie kann es so weit kommen, dass eine erwachsene Frau ohne Not an Unterernährung stirbt? Wie kann es sein, dass ihre Wohngemeinschaft tatenlos zugesehen hat? Diesen zwei Fragen geht die Geschichte nach, die lose auf einer wahren Begebenheit basiert: Die Autorin wurde von dem Tod einer Frau im Sommer 2017 inspiriert, die in einer Wohngruppe in Utrecht lebte. Im Roman werden die näheren Umstände eines solchen Vorfalls geschildert. Unfassbar und unbegreiflich ist mir das Ganze aber dennoch geblieben, und so soll es vermutlich auch sein. Der unnötige Tod hat mich betroffen und nachdenklich gemacht.

Thematisch ist der Roman durchaus sehr aktuell und hat auch gesellschaftspolitische Dimensionen. Es geht um psychische Manipulation, alternative Wahrheiten, das Negieren von wissenschaftlichen Tatsachen und ähnliche Aspekte, die ich an dieser Stelle nicht vorwegnehmen möchte.

Trotz der Dramatik der Ausgangssituation ist das Erzähltempo eher ruhig. Die Handlung auf den weniger als 240 Seiten ist darüber hinaus überschaubar. Dennoch konnte mich der Roman konstant fesseln. Schlüssig und stimmig ist für mich, dass die Geschichte nicht alle Fragen komplett beantwortet und Platz für eigene Interpretationen lässt.

Der deutsche Titel ist wortgetreu aus dem Niederländischen („Wij zijn Licht“) übernommen. Er passt sehr gut zum Inhalt. Das gilt auch für das ungewöhnliche Cover.

Mein Fazit:
„Wir sind das Licht“ von Gerda Blees ist ein aus erzählerischer und inhaltlicher Sicht sehr außergewöhnlicher und lesenswerter Roman. Eine empfehlenswerte Lektüre, die noch lange nachhallen wird.

Veröffentlicht am 15.02.2022

Originell - fesselnd - ungewöhnlich

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„Wir sind das Licht“ ist das gelungene Debüt der Autorin Gerda Blees.


In einer vierköpfigen WG ist eine der Bewohnerinnen vor den Augen ihrer Mitbewohner verhungert. Wie konnte es dazu kommen ? Um dieses ...

„Wir sind das Licht“ ist das gelungene Debüt der Autorin Gerda Blees.


In einer vierköpfigen WG ist eine der Bewohnerinnen vor den Augen ihrer Mitbewohner verhungert. Wie konnte es dazu kommen ? Um dieses Rätsel zu lösen bedient sich die Autorin verschiedener Erzählperspektiven. Das ungewöhnliche daran ist, dass es sich um konkrete oder abstrakte Gegenstände handelt. So berichtet zu Beginn die Nacht, im Anschluss der Tatort, das alltägliche Brot und so überraschend geht es weiter durch 25 Kapitel.


Anfangs habe ich mich mit dem Perspektivwechsel ein wenig schwer getan, da ich mich mit jedem Kapitel auf eine völlig neue Erzählperspektiven einstellen musste und jede ihre eigene Art hat zu berichten. Aber genau das ist auch, was mir unglaublich gut gefallen hat. Jedes Perspektive konnte mich überraschen und es schwingt sowohl Humor als auch gleichzeitig einiges an Gesellschaftskritik mit.


Die Sätze sind zum Teil unglaublich lang und gehen über mehr als eine Seite. Diese Bandwurmsätze sind aber keineswegs schwer zu erfassen, sondern lassen sich trotz der ungewöhnlichen Länge gut lesen.


Die Spannung liegt hier weniger in der Handlung, sondern viel mehr in dem bemerkenswerten Schreibstil. Auch blieben mir die Charaktere fern und ich konnte keine Bindung zu ihnen aufbauen und trotzdem hat mir das Buch wirklich gut gefallen.


Wer Lust auf einen ungewöhnlichen Roman und neue Sichtweisen hat, sollte „Wir sind das Licht“ unbedingt lesen.

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Originell

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Originell

Gerda Blees hat mich mit ihrem Debüt voll und ganz überzeugt. Es ist erfrischend anders wie sie es schafft die einzelnen Erzählperspektiven zu einem tollen Leseerlebnis zu vereinen. Allerdings ...

Originell

Gerda Blees hat mich mit ihrem Debüt voll und ganz überzeugt. Es ist erfrischend anders wie sie es schafft die einzelnen Erzählperspektiven zu einem tollen Leseerlebnis zu vereinen. Allerdings muss man dazu sagen, dass an reiner Handlung nicht viel passiert. Es sind definitiv der Stil und die Gedanken, die Spekulationen die das gelesene hervorrufen, die ihn zu etwas Besonderem machen.

In der Wohngruppe “ Klang und Liebe“ ist etwas schreckliches geschehen, zumindest ist man als Leser zutiefst betroffen. Elisabeth, die Schwester der Gruppenleiterin Melodie , ist gestorben. Sie war so müde, so erschöpft und ist dann für immer entschlafen. Melodie sieht dies jedoch eher positiv, ihre Schwester ist ins Licht geglitten. Einen Zusammenhang zu dem Mantra, dass sie der Gruppe auferlegt, zu gut wie nichts zu essen, sieht Melodie nicht.
Auch Muriel und Petrus, die beiden anderen Mitglieder dieser speziellen Gruppe, stellen Melodies Ausführungen nicht in Frage.
Die Polizei wird vom Arzt hinzugezogen und die Gruppe muss in Untersuchungshaft und wird dort verhört.
Über die einzelnen Abschnitte erfahren wir einiges über Melodies Gründe diese Gruppe ins Leben gerufen zu haben. “Wir sind das Licht“, ist ein Konzekt was sich Lichtnahrung nennt, eine Lebensphilosophie eines Guru, wo durch Nahrungsentzug das Licht empfangen wird. Diese Erfüllung , diese Reinheit strebt Melodie für sich und ihre Schäfchen ebenfalls an. In Muriel, die immer jemanden braucht der den Ton angibt und in Petrus der Probleme hat seine Wut zu kontrollieren, findet sie willenlose Befürworter. Ihre Schwester Elisabeth ist stark in sich gekehrt, redet kaum, und fällt in der Gruppe kaum auf. Sie wird nur für kurze Zeit zu deren Mittelpunkt, als sie verstirbt.

Der Roman macht deutlich, wie sensibel einige Menschen auf Manipulation reagieren. Ebenso wird gezeigt, dass jeder Mensch andere Bedürfnisse hat. Melodie tut es gut, anderen ihre Ideale aufzuzwingen. Muriel fühlt sich gut, wenn sie jemand an die Hand nimmt und ihren Weg vorzeigt. Oder hegt sie manchmal doch leise Zweifel und ist nur nicht willensstark genug?
Das sind Themen mit denen Gerda Blees sich auseinandersetzt. Sie lässt die Nacht, die Erzählung, den Entsafter und vieles andere durch die Geschichte führen. Sie vermittelt einen meist emotionslosen, objektiven Blickwinkel aus der Sicht der jeweiligen Perspektive, die Objektivität des Leser mag allerdings ganz anders gelagert sein…….




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Veröffentlicht am 14.02.2022

Genial und völlig gekonnt!

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Inhalt:

„Ein unkonventioneller, einzigartiger Roman – und die Geschichte einer stillen Radikalisierung

Eine Wohnung, drei Frauen, ein Mann. Eine der Frauen ist tot. Als der Notarzt eintrifft, herrscht ...

Inhalt:

„Ein unkonventioneller, einzigartiger Roman – und die Geschichte einer stillen Radikalisierung

Eine Wohnung, drei Frauen, ein Mann. Eine der Frauen ist tot. Als der Notarzt eintrifft, herrscht eine ruhige, ja unheimliche Atmosphäre, und er stellt fest: Elisabeth ist – vor den Augen ihrer Mitbewohner – verhungert. Muriel, Petrus und Elisabeth haben, jeder auf eigene Art, den Halt im Leben verloren. Elisabeths Schwester Melodie und der Verzicht auf Nahrung scheinen diese Lücke zu füllen. Was sich von innen – bis in den Tod – richtig anfühlt, ist von außen nur sehr schwer zu fassen.

Gerda Blees erzählt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, auch die Eltern, die Polizei oder der Tatort selbst kommen zu Wort. Für ihren herausragend modernen Debütroman erhielt sie zahlreiche Preise.“





Schreibstil/Art:

Dieser einzigartiger Roman wird mir aufgrund der ungewöhnlichen Blickwinkel definitiv positiv in Erinnerung bleiben. 
Dieser Stil garantiert nämlich ein völlig neues Lesegefühl, welcher sich von der Norm abhebt. Die Kombination unterschiedlicher und untypischer Perspektivenwechsel verleiht der eigentlichen Tragödie etwas ruhiges, fließendes aber auch unkonventionelles.

Die Charaktere selbst wirken wie Mitläufer/verlorene Seelen, nur Melodie scheint sich ihrer Sache ziemlich sicher zu sein. Ihr Können auf Menschen einzugehen und einzureden, ist der Wahnsinn. Manches klingt logisch und doch so absurd zugleich.




Fazit:

"Er hat nicht aufgehört, zu essen, um Herr über sich selbst zu werden, er hat die Verfügungsgewalt über sich selbst anderen übertragen, und deshalb hat er das Essen stehenlassen, weil die Gruppe das nun einmal beschlossen hatte." (Seite 114)

Ein für mich aussagestarker Satz, der den Kern dieser Geschichte extrem gut widerspiegelt.

Ich interpretiere die Entscheidung über einen sektenähnlichen Lebensstil und eine stille Radikalisierung zu schreiben als einen Aufruf, auf Themen wie Hilflosigkeit und Manipulation näher einzugehen und darüber nachzudenken wie man selbst reagieren würde wenn es im eigenen Umfeld zu solch einer Entscheidung kommen sollte.

So oder so - was für eine Story, was für ein Ausgang, was für ungewöhnliche Möglichkeiten eine Geschichte zu erzählen. Ich bringe der Debütautorin nur Bewunderung entgegen.

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Veröffentlicht am 04.02.2022

Das Brot

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In der Wohngruppe Klang und Liebe wohnen Melodie, ihre Schwester Elisabeth, Muriel und Petrus. Sind auf der Suche und auf diesem Weg wollen sie entsagen. Besonders Melodie ist der Meinung, dass sie den ...

In der Wohngruppe Klang und Liebe wohnen Melodie, ihre Schwester Elisabeth, Muriel und Petrus. Sind auf der Suche und auf diesem Weg wollen sie entsagen. Besonders Melodie ist der Meinung, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen haben. Doch eines Abends verspürt Elisabeth das Bedürfnis, sich hinzulegen. Ihr wird alles zu viel. Elisabeth stirbt. Und der Arzt, der den Totenschein ausstellen soll, kann keinen natürlichen Tod bescheinigen. Die drei verbliebenen Hausbewohner werden vorläufig festgenommen. Damit hat die Polizei zwei Tage Zeit, um herauszufinden wieso Elisabeth vor der Zeit gestorben ist.

Aus wirklich sehr verschiedenen Perspektiven schildert die Autorin das Geschehen. Und lernen der Leser Melodie kennen, die nach dem Scheitern nie wieder richtig auf die Füße gekommen ist und nun den Vorsitz genießt. Ebenfalls zu treffen ist Muriel, die sich nicht mehr im Einzelnen an den Abend erinnern kann. Und Petrus, der mit seiner Wut beschäftigt ist, er konnte nicht bemerken, dass es Elisabeth nicht wohl war. Kann die Polizei überhaupt eine Chance haben, hier Licht ins Dunkel zu bringen? Besonders die Beamtin Lies engagiert sich, sie fühlt sich in bestimmten Momenten an ihre Tochter erinnert, die ihr viel Kummer bereitet.

Dieser Roman ist irgendwie kurios, ungewöhnlich und außergewöhnlich. Gerade die unterschiedlichen Perspektiven, die die Autorin wählt; darunter unter anderem ein Brot; machen die Handlung sehr speziell und damit fesselnd. Für Menschen, die gerne Kriminalromane lesen, hat dieses Werk einen gewissen Reiz, nur könnte der Ausklang als etwas zu offen empfunden werden. Dennoch ist das Lesevergnügen groß, diesen Roman muss man möglicherweise einmal entdecken und dann nochmal genießen. Auch wenn die handelnden Personen vielleicht als eher eigen auftreten, so ist die Art wie man sich ihnen annähert fast schon genial. Dieser Roman besticht wahrhaftig durch seine wunderbare Form, ein Feuerwerk an Anreizen fürs Denkorgan.