Gefühlvolle irisch-amerikanische Familiensaga
Der Familienroman erzählt die Geschichte der Schwestern Nora und Theresa, die in den späten 50er Jahren vom armen Irland in die USA auswandern. Nora möchte dort ihren langjährigen Verlobten Charlie heiraten ...
Der Familienroman erzählt die Geschichte der Schwestern Nora und Theresa, die in den späten 50er Jahren vom armen Irland in die USA auswandern. Nora möchte dort ihren langjährigen Verlobten Charlie heiraten obwohl sie sich durch die große Entfernung entfremdet haben.
So kommt es Nora gelegen, dass sie ihre jüngere Schwester Theresa überreden konnte mit ihr nach Amerika zu reisen, dort könnte sie ihren Traum verwirklichen und als Lehrerin arbeiten.
Die beiden Schwestern sind sehr verschieden. Nora musste schon früh die Mutterrolle übernehmen und ist ernst und pflichtbewusst. Theresa ist impulsiv, extrovertiert und optimistisch. Auf der Schiffspassage über den Ozean zeigen sich die Unterschiede. Während Nora sich kränkelnd und ängstlich zurückzieht, knüpft Theresa schnell neue Freundschaften und macht das Beste aus dem Leben an Bord. Es kommt zu ersten Reibereien zwischen Beiden.
In Boston angekommen ändert sich das Verhältnis nicht. Während Nora Angst vor der Zukunft und der Ehe hat genießt Theresa ihre Freiheit, bewundert das neue Leben im neuen Land, geht Tanzen und lässt sich auf eine Affaire ein. Leider bleibt ihre Unbekümmertheit nicht ohne Folgen, sie wird ungewollt schwanger. Nora fällt eine Entscheidung, die die beiden Schwestern für immer auseinanderbringen soll.
Im Buch beginnt die Geschichte im Jahre 2009. Nora ist mittlerweile 70 Jahre alt und lebt immer noch in Boston. Unerwartet stirbt ihr Lieblingssohn Patrick, sie informiert ihre anderen deri Kinder. Ihr Mann Charlie ist bereits tot. Die Vorbereitungen auf die Bestattung nehmen ihren Lauf und Noras Gedanken verliren sich in der Vergangenheit.
Die Handlung springt deshalb immer wieder zurück in die Vergangenheit. Schlüsselerlebnisse beider Schwestern von den 50er bis in die 70er Jahre werden geschildert, so versteht der Leser weshlab Nora ihren Kindern gar die Existenz Theresas verheimlicht, bis diese plötzlich auf Patricks Trauerfeier auf der Bildfläche erscheint. Nora muss sich nun einigen Wahrheiten stellen und ein großes Geheimnis lüften. All diese Ereignisse werden im Wechsel in der Vergangenheit und in der Gegenwart erzählt.
Die Charaktere der beiden Frauen werden sehr detaillreich und authentisch dargestellt. Neben der irisch-amerikanischen Familiengeschichte lässt die Autorin immer wieder gut recherchierte historische Ereignisse einfließen und man erfährt ein wenig über die Migrationsprobleme sowie der Politik von Kirche und Staat zur damaligen Zeit.
Obwohl es einige Längen hat, hat mir das Buch ganz gut gefallen, weil die Geschichte sehr lebensnah erzählt wird. Ich kann mir die Zerissenheit im Familiengefüge gut vorstellen. Eine meiner Lieblingsstellen ist Noras Reise zurück nach Irland, nach vielen Jahren steht sie in ihrem
verfallenen Elternhaus und ihre Tochter findet in den staubigen Trümmern Theresas Hut. Die Autorin versteht es in wenigen Sätzen den ganzen Schmerz, die Sehnsucht und die Gewissheit, seine Heimat für immer verloren zu haben, auszudrücken.
„All die Jahre“ ist das dritte Buch der Autorin und Journalistin J. Courtney Sullivan, das bei Deuticke erschienen ist. Eine Verfilmung dieses Buches kann ich mir gut vorstellen.