Jane Gardams Buch "The Hollow Land" wurde bereits 1981 veröffentlicht und mit dem Whitbread Book Award in der Kategorie Kinderbuch ausgezeichnet. Die deutsche Übersetzung "Bell und Harry" durch Isabel Bogdan erscheint im Hanser BerlinVerlag.
Jedes Jahr im Sommer entflieht Harry Batemans Familie dem hektischen Großstadtleben in London und macht Urlaub in Yorkshire im alten Farmhaus der Familie Teesdale. Die Eltern entspannen sich und die Kinder erleben eine Welt voller ländlicher Eindrücke. Zwischen Großstädtern und Landbewohnern prallen unterschiedliche Weltbilder aufeinander, aber Harry freundet sich mit dem achtjährigen Bell Teesdale an. Sie erleben gemeinsame Abenteuer und die Freundschaft lebt jedes Jahr in den Ferien wieder auf.
"Was wollen die denn mit ´ner Farm? Die sitzen da nur drin rum. Die machen gar nichts." "Sie ruhen sich aus", sagte mein Grandad, "Die nehmen die Häuser zum Ausruhen von London." Zitat Seite 8
In "Bell und Harry" geht es um die Freundschaft zweier Jungen in den Ferien auf dem Land. Bell ist eines Farmers und Schafzüchters im „Hollow Land“, dem hohlen Land. Diesen Namen trägt es, weil die Gegend von unterirdischen alten Bergwerksstollen durchzogen ist. Harry ist der Sohn eines Journalisten aus London. Beide erklären sich gegenseitig ihre Welt, aber in erster Linie erleben sie spannende Abenteuer und herrliche Ferien auf dem Land.
Zwischen den Städtern und den Bauern herrscht anfangs noch eine Kluft aus Gegensätzen, die auf Unkenntnis beruht. Die Batemans suchen Ruhe vom Lärm der Großstadt, doch die Heuernte steht gerade an und muss vor dem nächsten Regen unbedingt erledigt werden. Die erholsame Ruhe ist dadurch natürlich gestört.
Bell und Harry stört das nicht, sie freunden sich als Kinder schnell an und auch die Erwachsenen kommen sich näher. Die Jahre vergehen und es gehört einfach zum Leben dazu, dass die Batemans jeden Sommer wiederkehren. Die schönste Zeit im Jahr für die Jungen, denn sie hecken alles mögliche aus und erleben tolle Abenteuer.
Inhaltlich sind die neun Geschichten chronologisch geordnet, sie sind allerdings nur lose wie besondere Episoden aneinander gereiht. Man begleitet die Jungen bei ihren kindlichen Abenteuern bis ins Teenageralter, und der besondere Charme zeigt sich in jedem Alter auf seine Weise. Mal erlebt man reine Feriengefühle, mal Abenteuer und es zeigen sich immer wieder ernste Dinge des Lebens, denn das Landleben ist nicht friedlich, es bedeutet harte Arbeit und ist anstrengend.
Die Autorin beschreibt ihre Charaktere recht warmherzig und heiter, sie lässt herrliche Bilder der Hochmoore, Weiden und Berge entstehen, in denen man schwelgen kann. Es wird deutlich, wie sehr die Menschen auf dem Land schon über Generationen mit ihrer Heimat verwurzelt sind.
Jane Gardam schreibt wunderbar, sie erweckt spezielle und eigensinnige Figuren zum Leben, mit denen man sich als Leserin sofort anfreundet. Der Großvater mit seinen Geschichten und seiner Sense, die Eier-Hexe und ihre Mutter, die im Bett lebt und andere Figuren sorgen für heitere Wohlfühlstimmung.
Als ich das Buch gelesen habe, wurde ich an meine eigene Kindheit erinnert, an Sommer, Landleben und unbekümmerte Freiheit in den großen Ferien mit Freunden und Großeltern.
Ich konnte mich richtig in die Geschichten fallen lassen. Ich habe die Welt aus Kinderaugen gesehen Bells und Harrys Ausflüge im strömenden Regen, die waghalsige Exkursion in den unterirdischen Stollen und das Treffen mit der Eier-Hexe sehr genossen.
Während mir die ersten acht Geschichten mit ihrer Leichtigkeit gut gefallen haben, brachte die letzte eine Änderung im Erzählstil mit sich. Mit diesem Wechsel in der Tonart könnte man auch den Zeitsprung erklären. Dennoch hat gerade dieser Teil das Buch zu einem angenehmen Abschluss gebracht.
Diese heitere, in leisen Tönen erzählte Story sorgt für ein Abtauchen in Kindheitserinnerungen an die Sommerferien auf dem Land und vermittelt eine Wohlfühlstimmung.