Jane Harper kann es besser
Dies ist mein viertes Buch der australischen Autorin Jane Harper. "Der Sturm" ist diesmal im Rütten&Loening Verlag, statt bei Rowohlt, erschienen.
Die Bezeichnung Thriller finde ich nicht passend für die ...
Dies ist mein viertes Buch der australischen Autorin Jane Harper. "Der Sturm" ist diesmal im Rütten&Loening Verlag, statt bei Rowohlt, erschienen.
Die Bezeichnung Thriller finde ich nicht passend für die Geschichte, die ich eher als Spannungsroman, Drama oder Krimi bezeichnen würde.
Obwohl ich alle ihre Bücher zwischen 3 1/2 und 4 Sternen bewertet habe, lese ich die Autorin unheimlich gerne. In jedem ihrer Romane versteht sie es eine unfassbar tolle Atmosphäre zu schaffen, die einem die Schauplätze näher bringt. War es bei "The Dry/Hitze" und "Zu Staub" die flirrende Hitze, sind wir bei "Ins Dunkel" im Dschungel und seinen Gefahren und bei "Der Sturm" erleben wir die Gewalt des Wassers und des Windes. Eindrucksvoll und rau beschreibt Jane Harper die Küste der Evelyn Bay in Tasmanien.
Der Kriminalfall bleibt dabei mehr oder weniger im Hintergrund. Die Autorin legt den Fokus stärker auf zwischenmenschliche Aspekte.
In den ersten beiden Büchern, die ich von der Autorin gelesen habe, bei denen Ermittler Aaron Falk auf Spurensuche geht, werden die Kriminalfälle mehr herausgearbeitet, als in "Der Sturm" oder "Zu Staub". In diesen Einzelbänden steht das Zwischenmenschliche mehr im Fokus.
Der titelgebende Sturm hat das Leben vieler Menschen in Evelyn Bay verändert. Am meisten betroffend sind davon Kieran und seine Eltern Brian und Verity, die ihren Sohn Finn verloren haben. Kieran gibt sich seitdem die Schuld am Tod seines Bruders. Außerdem Sean und Liam, die wegen Toby trauern, der mit Finn gemeinsam auf dem gekenterten Boot war und dann noch Trish, deren Tochter Gabby am Tag des Sturms spurlos verschwunden ist.
Als Kieran mit seiner Freundin Mia und der gemeinsamen Tochter Audrey von Sydney zurück nach Evelyn Bay kommt, um seinen Eltern beim Umzug zu helfen, kommt es zu einem weiteren Todesfall. Bronte, die junge Aushilfskellnerin aus dem "Surf and Turf" wird tot am Strand gefunden. Sehr schnell wird der junge Liam verdächtigt, der sie nach Hause gebracht hat. Doch hat er die junge Frau tatsächlich ermordet? Doch dann kommen alte Schuldzuweisungen hoch und Kieran wird plötzlich ebenso verdächtigt, wie sein demenzkranker Vater Brian....
Das Setting in Tasmanien fand ich sehr interessant, auch wenn wir uns lesetechnisch nur zwischen Strand, dem Restaurant Surf and Turf, den Klippen und Höhlen rund um die Statuen »Die Überlebenden« (die eine große Rolle spielen) und einigen Strandhäusern herumreiben. Der Radius des Geschehens ist also sehr eingeschränkt, dafür ist die Personenzahl hoch.
Die Charaktere bleiben diesmal leider etwas blass, obwohl die Autorin verstanden hat die Schuldgefühle von Kieran, die Verzweiflung von Gabbys Mutter Trish oder den Hass von Liam auf Kieran, sehr plastisch darzustellen. Alle anderen jedoch bleiben an der Oberfläche.
Mit der Zeit tritt die Frage, wer die junge Frau am Strand ermordet hat, in den Hintergrund. Es dauert lange, bis erste Details zum zwölf Jahre zurückliegenden Unglück preisgegeben werden. Die hintergründige und schwelende Spannung bleibt trotz einiger Längen bestehen, denn man möchte unbedingt wissen, was damals wirklich vorgefallen ist und ob der Tod von Bronte mit den Ereignissen vor zwölf Jahren zusammenhängt. Das Ende kommt dann jedoch etwas zu plötzlich und ich habe in der Hoffnung weitergeblättert, noch mehr Hintergründe zu erfahren, was leider nicht der Fall war.
Trotz meiner Kritik ist es ein lesenswertes und leises Drama mit kleineren Längen.
Fazit:
Ein eher ruhiges Drama mit großartiger atmosphärischer Stimmung und einem wohldosierten Spannungsaufbau. Trotz einigere Längen im Mittelteil bleibt eine unterschwellige Spannung bestehen. Nicht das beste Buch der Autorin.