Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah, ist schon länger mein Credo und ich denke nun mit Corona werden noch einige mehr erkennen, was so vor der Haustür alles möglich ist. Denn das ist wirklich eine ganze Menge! Hier werden 55 Destinationen vorgestellt, die bekanntere Pendants im Ausland haben. Die Vergleiche fand ich nicht immer perfekt und mancher hinkt ein wenig (aus meiner Sicht ist die deutsche Alternative aber manchmal auch vorziehen), aber das tut der Sache keinen Abbruch. Es gibt sehr viel zu entdecken und das mit einer deutlich besseren ökologischen Bilanz als beim Besuch der Alternativen in allen Herren Ländern. Dazu gibt es in der entsprechenden Region noch zahlreiche Ausflugstipps, damit man eben nicht nur für ein bestimmtes Ziel in eine Region fährt. Restauranttipps und Hotels brauche ich als Ferienwohnungsreisender nicht, aber sie runden das Ganze schön ab.
Die Fotos sind sehr ansprechend und hochwertig, die Karten, auf der man sieht, wie weit die Ziele voneinander entfernt sind, machen noch einmal deutlich, was man der Umwelt ersparen kann.
Am Anfang dachte ich, dass das Buch vielleicht doch nicht so überzeugend ist. Es ist aufgeteilt in Norden und Süden und beginnt mit Hamburg – einer Stadt, die ich einfach immer und immer wieder besuche und nie überdrüssig werde. Doch der Mississippi Dampfer, ob in Hamburg oder New Orleans, löst bei mir keine Begeisterungsstürme aus. Weiter ging es mit der Lüneburger Heide – schön, aber der Vergleich zur Provence ist wohl allgemein bekannt und auch Bremerhaven mit seinem Hotel, das dem Burj al Arab in Dubai wirklich stark ähnelt, bot für mich nichts Neues. Ist aber in jedem Fall zu empfehlen! Die Hafenwelten sind echt das Prunkstück des „Armenhauses Deutschlands“. Weiter geht’s mit Helgoland. Das ist wirklich zumindest ein Tagestrip wert, wenn ich persönlich auch die Robben viel interessanter fand als die alten Fischerbuden, aber das ist ja Geschmackssache. Aber dann fand ich doch noch einiges, was ich bisher nicht kannte und bisher nur überlegt habe, ob man nicht mal in die Kante fahren sollte, das ist beispielsweise bei Potsdam der Fall, auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass man die Filmstudios Babelsberg nicht unbedingt mit Hollywood vergleichen kann. Völlig unbekannt war mir der Kalimanscharo von Zielitz. Umwelttechnisch eher bedenklich, aber wenn wir mal in der Nähe sind, werden wir sicher mal hinfahren. Nicht ganz so gelungen fand ich das deutsche Stonehenge, aber dafür ist die Erfurter Krämerbrücke tatsächlich deutlich hübscher als Ponte Vecchio. Besonders gelungen fand ich die „Werbung“ für meine Region im Südwesten, teils auf dem platten Land, die ich nicht unbedingt in dem Buch erwartet hätte, wenn es auch absolut zu Recht seinen Platz darin gefunden hat. Der japanische Garten Kaiserslautern ist einfach phantastisch. Das Buch hat mir auch Versäumnisse aufgezeigt, so war ich noch immer nicht in Andernach an dem Geysir, der sich vor Island nicht verstecken braucht – der nächste Tagestrip steht also schon. So könnte ich noch gefühlt ewig ausholen – lass ich aber, denn unter dem Strich reicht hier, dass das Buch die sowieso schon vorhandene Lust in Deutschland zu reisen nochmal befeuert hat.
Es gibt aber auch Fälle, wo ich tatsächlich das eigener Erfahrung und weil es on top für den ökologischen Fußabdruck auch noch besser ist, das Ausland vorziehe. In meinem Fall sind das die Kreidefelsen von Étretat statt Rügen, zumal das Bild in der Normandie nicht unbedingt das Highlight der Felsen präsentiert. Der Auf/Abstieg an der Klippe ist hier zu Fuß und ohne Hilfsmittel möglich, wie das in Rügen aussieht - keine Ahnung. Die Frankfurter Skyline mit der in New York zu vergleichen ist sportlich, aber die Frankfurter hat auf jeden Fall was. Direkt an der Autobahn gibt es einen Turm von dem man einen guten Blick hat, also kann man auf seinem Weg, wohin auch immer, mal einen guten Blick erhaschen.
Das Buch ist, sieht man von manch arg flapsigem Spruch des Autors ab, sehr gelungen und überzeugt trotz manch hinkendem Vergleich auf ganzer Linie.