Cover-Bild Die Wütenden und die Schuldigen
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 16.07.2021
  • ISBN: 9783832181635
John Düffel

Die Wütenden und die Schuldigen

Roman
März 2020: Ein protestantischer Pfarrer in der Uckermark, der dem Tod ins Auge blickt. Eine Anästhesistin der Charité, die mit einem Rabbi zusammen in Quarantäne gerät. Ein Kunststudent, der heillos in seine Professorin verliebt ist und in eine Welt der Betäubung abdriftet. Und Selma, die Enkelin, Tochter und Schwester der Genannten, die diese Familie irgendwie zusammenhalten soll – keine leichte Aufgabe in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln, in denen Distanz zur Tugend wird und Nähe zum Problem.
Die vier auseinandergerissenen Familienmitglieder sind weniger durch Ähnlichkeit miteinander verbunden als durch eine gemeinsame Leerstelle: Holger, Pfarrerssohn, Ex-Mann und Vater der Protagonisten befindet sich nach einem Suizidversuch in einer Klinik und ist nunmehr so gut wie unerreichbar. Für jede der Figuren bedeutet er eine Lücke, einen Phantomschmerz der anderen Art. Doch Holger ist nicht der einzige Abwesende, der im Leben der Familienmitglieder viel präsenter ist, als sie es wahrhaben wollen. Die Verschwundenen – Lebende wie Tote – und die Wut- und Schuldgeschichten, die zu ihnen führen, kommen immer mehr zum Vorschein in dieser extremen, brennglasartigen Zeit.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.07.2021

Grandios erzählt – dicht und atmosphärisch

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Deutschland in Zeiten der Corona-Pandemie 2020: Richard, ehemaliger evangelischer Pfarrer in der Uckermark hat nicht mehr lange zu leben, er hat Krebs im Endstadium. Eigentlich soll die Familie daher zusammenkommen, ...

Deutschland in Zeiten der Corona-Pandemie 2020: Richard, ehemaliger evangelischer Pfarrer in der Uckermark hat nicht mehr lange zu leben, er hat Krebs im Endstadium. Eigentlich soll die Familie daher zusammenkommen, aber die Schwiegertochter Maria ist coronabedingt in Quarantäne, der Enkel Jakob hat Beziehungsprobleme und der Sohn ist in der Psychiatrie. So bleibt nur Enkelin Selma, die gemeinsam mit der besten Freundin der Mutter Maria, Palliativmedizinerin Kathi Kuhn zu Richard ins alte Pfarrhaus reist.


Meine Meinung:
Der neue Roman von John von Düffel hat mich direkt an das große Werk „Houwelandt“ erinnert, denn er ist auch so grandios und poetisch, gleichzeitig in einer extrem präzisen Sprache erzählt.
Das Buch hat drei große Teile, die wiederum in verschiedene Kapitel aus unterschiedlichen Perspektiven eingeteilt sind. So lesen wir die Geschichte aus Sicht von Richard, Maria, Selma und Jakob, was insgesamt zu einem sehr runden Bild führt. Die Kapitel sind dabei nicht zu kurz und nicht zu lang und insgesamt sehr gut und flüssig zu lesen.
Thematisch ist das Buch keine leichte Kost, denn es geht um die großen Fragen des Lebens, z.B. Schuld und Wut im Laufe des Lebens (wie der Titel schon sagt) und wie man damit dem Tod ins Auge sieht. Auch physische und psychische Krankheiten, Alkohol und Drogen spielen eine Rolle.
Letztlich geht es vor allem um eine Familie und die Interaktion über die drei Generationen hinweg, auch mit den „abwesenden“ Personen, d.h. Richards Frau, die bei der Geburt des Sohnes Holger starb, und Holger, der in der Psychiatrie ist. Hier lebt sich der Roman unglaublich kraftvoll aus (auch wenn mir keine der Personen sonderlich sympathisch war), so dass mich das Gelesene sehr zum Nachdenken gebracht hat und mich noch länger beschäftigen wird.


Fazit:
Das neue Buch von John von Düffel ist ohne Frage einer der großen Romane unserer Zeit – wieder meisterhaft konstruiert und fesselnd erzählt.

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Veröffentlicht am 16.08.2021

Einsamkeit und Trauer

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"Die Wütenden und die Schuldigen" von John von Düffel ist ein ganz besonderes Buch. Hier begleiten wir eine Familie in den Zeiten der Quarantäne und Kontaktbeschränkungen durch Covid.
Richard ist ein Pfarrer ...

"Die Wütenden und die Schuldigen" von John von Düffel ist ein ganz besonderes Buch. Hier begleiten wir eine Familie in den Zeiten der Quarantäne und Kontaktbeschränkungen durch Covid.
Richard ist ein Pfarrer in der Uckermark, der auf der Schwelle zum Tod steht. Sein Sohn Holger befindet sich nach einem Suizidversuch in einer psychiatrischen Klinik. Seine Exfrau ist Ärztin und zusammen mit einem Rabbi in Quarantäne. Und die Enkel Selma und Jakob gibt es auch noch.
Es ist so einiges in Schieflage in dieser Familie und so nach und nach wird in einzelnen Abschnitten über die Familienmitglieder erzählt und man beginnt ihr Denken und Handeln zu begreifen.
Sehr viele Themen werden hier hinterfragt und kommen zur Sprache. Es ist ein Buch zu sehr viel mitdenken und nachdenken. Es waren hier so einige Sätze, die ich mehrfach gelesen habe.
Hier wurden keine sympathischen Protagonisten geschaffen, sondern echte Menschen mit Ecken und Kanten, sie wirken lebendig. Es war auch nicht ganz einfach in diese Geschichte reinzukommen, aber dann hatte sie mich doch im Griff und das Ende hat mir sehr gut gefallen und den Bogen geschlossen.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Den Schmerz betäuben

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John von Düffel zeigt in „Die Wütenden und die Schuldigen“ anhand einer gespaltenen Familie, was die Corona-Pandemie im Lockdown 2020 für zwischenmenschliche Auswirkungen hatte – drastisch, lakonisch und ...

John von Düffel zeigt in „Die Wütenden und die Schuldigen“ anhand einer gespaltenen Familie, was die Corona-Pandemie im Lockdown 2020 für zwischenmenschliche Auswirkungen hatte – drastisch, lakonisch und mit einem sezierenden Blick auf die unschöneren Gefühle.

Der ehemalige Pfarrer Richard hat Krebs im Endstadium – zurückgezogen gibt er sich im Pfarrhaus in der ländlichen Ueckermark seinen traumatischen Erinnerungen und Schuldgefühlen hin, bis ihn Enkelin Selma zusammen mit der Freundin der Mutter besucht. Diese ist Kathi und Palliativmedizinerin – mit im Gepäck hat sie Fentanyl, ein sehr starkes Schmerz- und Betäubungsmittel, das Richard in fieberhafte Tagträume versetzt.

„Er dachte an den Speicher, die Enge, das unentwegte Sich-Stoßen an allen Dingen, bei jedem Gedanken. Er brauchte nichts gegen die Schmerzen, sondern etwas gegen die Erinnerung.“

Richard ist Witwer – seine Frau kam vor Jahren bei der Geburt des Sohnes um. Dieser Schmerz sitzt tief, brodelt unter der Oberfläche sowie seine Schuldgefühle zum Sohn, den er nie richtig Liebe zeigen konnte: Holger sitzt seit einem Suizidversuch in der Psychiatrie, der Kontakt ist zu allen Familienmitgliedern sehr spärlich bis abgebrochen, doch gedanklich beschäftigen sie sich alle mit dem fehlenden Familienmitglied. Derweil hat Selma innerlich auch zu kämpfen, mit dem Gefühl, immer die auffangende Wolke in der Familie zu sein, aber auch mit einer unbändigen Wut – diese verspürt auch die perspektivlose Dorfjugend im leergefegten Dorf. Die Parteien geraten gewaltvoll und mit harten Szenen aneinander. Einzig und alleine der schwarze Kater Morpheus bringt neben der Aberglauben-Mystik etwas Wärme ins Pfarrerhaus, ist aber schwerkrank und muss operiert werden.

Zuhause bekommt Mutter Maria, Anästhesistin in der Charité, die Quarantäne- und Abstandsregeln mit voller Wucht zu spüren – da sie dem frisch wieder eingezogenen Sohn und ziellosen Kunststudenten Jakob aus dem Weg gehen möchte, quartiert sie sich zufällig in die Wohnung darüber bei einem älteren Rabbi ein. Die tiefsinnigen Gespräche mit ihm, wühlen auch bei Maria alte Gefühle von Schuld auf, zeigen ihr aber auch einen neuen Weg, ihre ältere Familiengeschichte aufzuarbeiten. Währendessen erlebt Jakob Drogen- und Beziehungskrisen.

In drei Teilen nimmt John von Düffel die Gesellschaft und ihre Schwachstellen in Zeiten der Krise zwischen Nähe und Distanz anhand dieser deformierten und distanzierten Familie auseinander. Klug komponiert und präzise beobachtet laufen viele Gedanken und Ereignisse ineinander über – an manchen Stellen humorvoll, an anderen brutal und manchmal poetisch mit bildgewaltigen Landschaftszenen. Die Assoziationen zum Sterben und zum Tod während Corona, das Aufplatzen unterdrückter Gefühle wie Schuld, Wut und Scham, wenn sich körperlicher und seelischer Schmerz nicht mehr betäuben lässt, nimmt der Autor detailreich und scharfsinnig unter die Lupe. Denn am Ende gibt es für Kathi nur zwei Sorten von Sterbenden: die Wütenden und die Schuldigen. Brillant und unterhaltsam geschrieben, mitunter nicht leicht verdaulich, aber am Zahn dieser schwierigen Zeit.

„Vom Sterben – dem eigenen wie dem Sterben der anderen – schienen sich die wenigsten Menschen eine klare Vorstellung zu machen. Offenbar war dieses Wissen das Erste und Letzte im Leben, das sich ins Gedächtnis prägte im Moment der Geburt, um wieder Gestalt anzunehmen in der Stunde des Todes. Dazwischen war es in Nebel gehüllt, in eine dichte dämpfende Wolke.“ S. 50

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Und dann auch noch Corona

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Eine brandenburgische Familie, bestehend aus drei Generationen erwachsener Menschen, gerät bei all ihren Problemen, die es jetzt schon miteinander gibt, auch noch in den Strudel der Pandemie. Lockdown, ...

Eine brandenburgische Familie, bestehend aus drei Generationen erwachsener Menschen, gerät bei all ihren Problemen, die es jetzt schon miteinander gibt, auch noch in den Strudel der Pandemie. Lockdown, Quarantäne- und was nun?

Ein Grund oder Anlass mehr, sich wieder mehr miteinander zu beschäftigen. Einer von ihnen, der Großvater und damit das älteste Familienmitglied, wird sich krankheitsbedingt sowieso bald vom verbleibenden Rest seiner kleinen Familie verabschieden.

Zeit, das Vergangene noch einmal zu überdenken, sich doch mehr umeinander zu kümmern, sich auch mal aufeinander einzulassen.

Sehr schöne, kultivierte, geschliffene Sprache und interessante Denkanstöße, wie ich finde.

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Veröffentlicht am 17.07.2021

Unter dem Brennglas der Pandemie

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Deutschland im Frühjahr 2020: Während die Corona-Pandemie den Alltag beherrscht, treten die Probleme unter dem Brennglas der Ausnahmesituation besonders zutage. Richard, ein Pfarrer im Ruhestand, ist schwer ...

Deutschland im Frühjahr 2020: Während die Corona-Pandemie den Alltag beherrscht, treten die Probleme unter dem Brennglas der Ausnahmesituation besonders zutage. Richard, ein Pfarrer im Ruhestand, ist schwer an Krebs erkrankt und hat nur noch kurze Zeit zu leben, die er in seinem Haus in der Uckermark verbringt. Seine Enkelin Selma macht sich zusammen mit einer Palliativmedizinerin auf den Weg dorthin. Selmas Mutter Maria Thomann, Anästhesistin in Berlin, muss sofort in Quarantäne, die sie mit einem Rabbi verbringt. Das Verhältnis zu ihrem Sohn Jakob, der Bruder von Selma, ist darüber hinaus derzeit schwierig. Der Kunststudent würde gerne bei ihr Unterschlupf finden und kämpft mit seinen eigenen Problemen...

„Die Wütenden und die Schuldigen“ ist ein Roman von John von Düffel.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die wiederum mehrere Kapitel umfassen. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven: der von Selma, Richard, Jakob und Maria. Manchmal sind die Kapitel recht kurz und die Perspektivwechsel zu schnell für meinen Geschmack. Meistens passt der Aufbau jedoch gut.

Der Schreibstil hat mir sehr gefallen. Er ist atmosphärisch stark, einfühlsam und voller gelungener Sprachbilder und Beschreibungen. Dem Buch ist immer wieder anzumerken, dass der Autor vortrefflich mit Worten umgehen kann.

Die Idee, gleich vier Protagonisten in den Fokus zu rücken, sagt mir sehr zu. Besonders reizvoll ist es, dass mehrere Generationen einer Familie beleuchtet werden. Zwar ist es zu Beginn nicht einfach, die Personenkonstellation zu entwirren. In die einzelnen Figuren, die lebensnah und mit ausreichend psychologischer Tiefe dargestellt werden, konnte ich mich aber von Anfang an gut einfühlen. Zudem mag ich das interessante Spektrum unterschiedlicher Charaktere.

Inhaltlich ist der Roman keine leichte Kost. Einerseits wird das aktuelle Thema der Corona-Pandemie aufgegriffen und in gelungener Weise verarbeitet. Andererseits geht es um viele große Fragen des Lebens. Wie der Titel erahnen lässt, spielen Wut und Schuld eine zentrale Rolle in der Geschichte. Aber auch physische und psychische Krankheiten, das Sterben und verschiedene zwischenmenschliche Konflikte stehen im Vordergrund. Außerdem dreht sich die Geschichte um Leerstellen und Lücken im Leben der Familienmitglieder. Der Roman hat mich immer wieder zum Innehalten und Nachdenken gebracht.

Den ersten Teil habe ich als am stärksten empfunden. Später zerfasert der Roman ein wenig und fällt etwas ab. Nicht alle losen Fäden werden am Ende noch einmal aufgegriffen. Das hat mich in diesem Fall allerdings nicht gestört, weil es gut zur Geschichte und den dargestellten Situationen passt. Auf den rund 300 Seiten ist nur wenig Raum für langatmige Passagen, sodass ich mich im Großen und Ganzen gut unterhalten gefühlt habe.

Die moderne, reduzierte Aufmachung des Hardcovers hat mich auf Anhieb angesprochen, wenngleich sie nicht besonders aussagekräftig ist. Der Titel ist äußerst treffend.

Mein Fazit:
Trotz kleinerer Schwächen hat mich „Die Wütenden und die Schuldigen“ von John von Düffel nicht enttäuscht. Ein durchaus lesenswerter Corona-Roman mit Anspruch.