Gefangen in einer zwanghaften Gedankenwelt
Die 16jährige Aza ist nicht wie andere Teenager. Um sich zu vergewissern, dass sie wirklich existiert, öffnet sie seit Jahren mehrmals am Tag eine Wunde am Finger, presst Blut heraus, desinfiziert das ...
Die 16jährige Aza ist nicht wie andere Teenager. Um sich zu vergewissern, dass sie wirklich existiert, öffnet sie seit Jahren mehrmals am Tag eine Wunde am Finger, presst Blut heraus, desinfiziert das Ganze und klebt ein neues Pflaster drauf. Dazu kommt ihre Angst vor Mikroben und lebensbedrohlichen Infektionen. Die Gedanken daran, was alles passieren könnte, sind allgegenwärtig und lassen sich nicht vertreiben. Daher der deutsche Titel, den ich trotzdem unpassend finde, denn der Autor hat sich ja etwas dabei gedacht, wenn er sein Buch im Original „Turtles all the way down“ genannt hat.
Aza lebt allein mit ihrer Mutter, der Vater ist seit vielen Jahren tot. In einem Sommercamp, in dem trauernde Kinder über den Verlust eines Elternteils hinwegkommen sollen, lernte Aza damals Davis, den Sohn des Millionärs Russell Pickett, kennen. Jetzt ist der Millionär verschwunden und für Hinweise zu seiner Ergreifung ist eine Belohnung von 100.000 Dollar ausgesetzt. Azas Freundin Daisy kommt auf die Idee, die alte Bekanntschaft wieder aufleben zu lassen, um auf diese Weise den Aufenthaltsort von Davis’ Vater herauszufinden. Zunächst scheint der Plan auch zu funktionieren, doch dass Aza und Davis sich ineinander verlieben, war so nicht geplant, zumal Aza sicher ist, sich beim Küssen tödlich infiziert zu haben...
Es ist einerseits interessant, andererseits aber auch äußerst anstrengend, Azas verworrenen Gedankengängen und Phobien zu folgen. Was ich in dem Buch gelernt habe, ist, dass amerikanische High Schools offensichtlich mit Metalldetektoren ausgestattet sind und es möglich ist, dass ein 13jähriger und ein 16jähriger allein in einer Villa leben, ohne dass sich irgendeine staatliche Stelle um ihr seelisches Wohlergehen kümmert.
Der Roman spricht viele Probleme an, bleibt aber weitgehend an der Oberfläche. Als Aza feststellt, dass eine Person in Daisys Fan Fiction Blog nach ihrem Vorbild gestaltet ist, fühlt sie sich von ihrer besten Freundin hintergangen und bloßgestellt. Azas Autounfall kann als direkte Auswirkung dessen gesehen werden. Dieser Teil der Geschichte wird nicht wirklich aufgearbeitet.
Die Auflösung, was mit Russell Pickett geschehen ist, finde ich auch ziemlich grenzwertig. Alles in allem ist es ein Buch, das okay ist, an die früheren Bücher des Autors aber nicht herankommt.