Ein Jahr in Kamtschatka
Das Verschwinden zweier kleiner Mädchen mitten am Tag in Kamtschatka steht am Anfang des Buches. Die Frage danach, was aus ihnen geworden ist, wird immer wieder aufgegriffen aber erst am Ende des Buches ...
Das Verschwinden zweier kleiner Mädchen mitten am Tag in Kamtschatka steht am Anfang des Buches. Die Frage danach, was aus ihnen geworden ist, wird immer wieder aufgegriffen aber erst am Ende des Buches aufgelöst. Ich bin leicht in die Geschichte rein gekommen und konnte mir trotz der (für mich) fremden Szenerie von Kamtschatka direkt ein Bild von der Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski machen. Aber das erste Kapitel war zu kurz um einen wirkliche Verbindung zu den beiden verschwundenen Schwestern aufzubauen und im nächsten Kapitel geht es schon um ganz andere Menschen. Und immer so weiter. Das Buch ist in Abschnitte aufgeteilt, die Monatbezeichnungen haben; also gibt es für jeden Monat eines Jahres einen eigenen Abschnitt. In jedem Abschnitt geht es um andere Bewohner von Kamtschatka mit ihren eigenen Problemen. Die beiden Kinder werden zwar in jedem Abschnitt erwähnt, spielen aber nur eine kleine Nebenrolle. Auch Figuren, die schon in vorherigen Abschnitten als Hauptperson eingeführt wurden, kommen immer mal wieder in den nachfolgenden Abschnitten vor. Das ist ganz interessant, da man diese Personen dann aus anderer Perspektive wahrnehmen kann und sich ein umfassenderes Bild von ihnen macht.
Zwei Dinge haben mich aber an dem Buch gestört. Erstens, dass ich den „literarischen Thriller“, wie es auf dem Klappentext heißt, nicht als solchen gesehen haben. Zwar steht das Verschwinden der Mädchen im Mittelpunkt des Buches, bei mir hat sich aber in keinster Weise Spannung aufgebaut. Man hat von Anfang an so viele Anhaltspunkte, dass die Möglichkeiten, was denn konkret passiert sein könnte, sehr begrenzt sind und mich in den Details nicht Besonders interessieren. Es gibt kein Rätsel, das zu lösen ist. Und zweitens haben mir die einzelnen Abschnitte nicht gut gefallen. Die meisten verlaufen nach einem ähnlichen Muster und obwohl sich die Protagonistinnen unterscheiden (denn es stehen immer Frauen im Mittelpunkt), machen sie fast alle die selben Fehler und lassen sich von ihren Männern/ Freunden/ Familien unterdrücken und klein halten und finden das gegen Ende meistens auch noch richtig. Das kann man einmal lesen, aber nicht ein ganzes Buch über, das ist ermüdend.
Ich hatte lange darauf gewartet, dass da noch mehr kommt, dass die einzelnen Protagonisten wieder auftauchen, dass man eine stärkere Verknüpfung hat. Spätestens ab der Hälfte des Buches war es für mich langweilig und ich war froh, es dann irgendwann beenden zu können. Auch die Auflösung hat mich nicht überrascht.
Gut gefallen haben mir die „Extras“ im Buch: eine Karte von Kamtschatka, um die Schauplätze besser verorten zu können, eine Übersicht der Hauptfiguren, denn das wird irgendwann richtig verwirrend und ein Interview mit der Autorin. Auch wenn die einzelnen Abschnitte des Buches gut zu lesen sind habe ich jeden Abschnitt mit einem unbefriedigenden Gefühl beendet. Die Autorin schafft es meiner Meinung nach nicht, die Figuren ausreichend zu beschreiben und letztlich bleibt bei mir als Leser ein Bild von Kamtschatka zurück, dass nicht besonders schmeichelhaft ist, mich aber auch nicht wirklich beschäftigt. Der Roman hätte aus meiner Sicht wesentlich mehr Potenzial gehabt, so kann ich aber leider nur zwei Sterne geben. Ich habe sehr viel mehr und auch einfach etwas ganz anderes erwartet und finde nicht, dass Klappentext und Buch zueinander passen. Aber selbst wenn man das außer Acht lässt, kann mich auch der Roman an sich nicht mitreißen.