This is our time
Dieses Buch klingt so harmlos. Praktikantin wird zum Serienstar und darf vor der Kamera den heißesten Schauspieler dieser Generation küssen. Aber es steckt so viel mehr dahinter. Denn die Schattenseiten ...
Dieses Buch klingt so harmlos. Praktikantin wird zum Serienstar und darf vor der Kamera den heißesten Schauspieler dieser Generation küssen. Aber es steckt so viel mehr dahinter. Denn die Schattenseiten von Hollywood sind spürbar, auch wenn sie nicht direkt thematisiert werden.
ZU ALT FÜR DAS BUCH?
Das erste Kapitel von “This is our Time” hat mich sofort mitgerissen. Der Schreibstil ist nicht unbedingt etwas besonderes, wie ich finde, aber lässt sich wirklich gut lesen, sodass die Seiten nur so dahin fliegen. Das erste Kapitel, in dem Fernes Familie vorkommt, hat mich dann etwas stocken lassen. Das Buch gehört dem New Adult-Genre an, zu dessen Zielgruppe ich mich definitiv noch zähle. Die Hauptcharaktere sind um die 20, was für dieses Genre und die Zielgruppe auch ganz normal ist. Trotzdem kamen sie mir irgendwie jünger vor. Gerade die Szenen mit Fernes Familie hätten auch super gut in einem Jugendbuch vorkommen können, Ferne wirkte nicht immer wie die Studentin, die sie ist. Bei Rio war es ähnlich, wobei er manchmal auch deutlich, deutlich älter wirkte, was vermutlich auch mit seiner Vergangenheit zu tun hat.
Aber insgesamt habe ich persönlich mich ein bisschen zu alt für das Buch gefühlt. Verstärkt wurde dies noch von Dialogen, in denen “haha” vorkam. Ein Charakter sagt zum Beispiel mal “Haha, als ob” und das kommt mir so extrem umgangssprachlich und jugendlich vor, dass ich mich beim Lesen richtig alt gefühlt habe. Vielleicht kommt es mir auch nur so extrem vor, weil ich das nicht erwartet habe. Aber ich habe mir beim Lesen wirklich gedacht: Dieses Buch ist für jüngere Leser*innen gedacht und nicht für mich. Was total okay ist. Ich finde es einfach nur sehr schade für mich persönlich, weil ich mich dadurch auch einfach nicht so gut in die Charaktere hineinversetzen konnte.
FERNE RESNIK
Abgesehen davon, dass Ferne teilweise etwas jünger auf mich wirkte als sie ist, mochte ich sie aber sehr gerne. Ich mag es, wie selbstzufrieden sie ist. Sie bekommt sowohl von Rio, als auch von Lidia, einer weiteren Schauspielerin am Set, ständig abfällige Kommentare über ihre “Girl next door”-Ausstrahlung und ihre normale Figur um die Ohren geknallt. Aber sie lässt sich davon nicht beeindrucken. Sie hat deswegen nicht Selbstzweifel oder denkt, dass sie abnehmen muss, um eine Topmodel-Figur wie Lidia zu haben. Das fand ich wirklich schön, es war sehr wholesome über so eine Protagonistin zu lesen, weil es einem auch selbst das Gefühl gibt, dass es okay ist, wie man ist. Daher großes Kompliment für Fernes Darstellung. Die ein Girl next door ist und damit auch vollkommen zufrieden ist.
RIO MCQUOID
Was Rio angeht, wird das ganze schon schwieriger. Er ist ein riesiges Arschloch und natürlich ist das gewollt so. Seine Vergangenheit wird ein bisschen beleuchtet, sodass seine Handlungsweisen auch nachvollziehbar sind. Und er soll ja auch noch eine Entwicklung durchmachen. Trotzdem ist er ein erwachsener Mann und ich habe mir ganz oft gedacht, dass er sich mal zusammenreißen soll. Klar, kann dich die Vergangenheit verkorksen und dann fehlen dir vielleicht auch gewisse Sozialkompetenzen und vielleicht ist die ablehnende Haltung auch irgendwie eine Schutzmauer. Aber wenn du dich aufführst, wie ein Arsch, dann ist das deine eigene Entscheidung. Und irgendwie bin ich es so leid, dass sowas immer auf die “schwere Kindheit” geschoben wird. Und das ist wirklich eine rein subjektive Meinung. Denn wie gesagt: Rios Charakter und die Entwicklung sind total plausibel dargestellt und kommen nicht von irgendwo her. Sie waren nur einfach nicht mein Fall. Weshalb die Liebesgeschichte für mich dann auch leider nicht so wirkungsvoll war.
Denn ganz ehrlich? Ich persönlich kann absolut nicht nachvollziehen, wie man sich in eine Person verlieben kann, die kurz zuvor noch richtig gemein zu mir war. Und nicht mal hintenrum gemein, sondern total offensichtlich und bloßstellend gemein. Ich als Person würde über sowas nicht hinwegkommen. Auch hier möchte ich wieder sagen: Alles absolut plausibel dargestellt, die Annäherung und das Gefühle entwickeln geht dann zwar doch ziemlich schnell, aber trotzdem sehr nachvollziehbar. Nur für mich persönlich wäre Rio nach seinem Verhalten ein absolutes No Go, weshalb ich Fernes sich entwickelnde Gefühle selbst nicht fühlen konnte. So gar nicht. Leider. Gedanken wie “Ich spüre, wie mein verfluchter Schwanz in meiner Hose durchdreht” (S. 324) machen Rio für mich leider auch nicht sympathischer – abgesehen davon, dass diese Art von Spice nicht mein Fall ist.
Ferne reagiert oft sehr erwachsen und reflektiert. Wie gesagt, das fand ich super. Trotzdem hätte ich sie gerne geschüttelt, damit sie sich Rios toxischen Mist gar nicht erst gibt.
FAZIT
“This is our Time” fasziniert mich ein bisschen. Weil ich es spannend finde, dass ich gut durchdachte, vielschichtige Charaktere schätzen kann und gleichzeitig aber sagen kann, dass sie absolut nicht mein Fall sind. Und es gibt durchaus miese Charaktere, deren Geschichte ich dennoch genießen kann. Aber bei “This is our Time” war das leider nicht der Fall. Das Voranschreiten der Dreharbeiten habe ich gerne verfolgt, aber die Liebesgeschichte zwischen Ferne und Rio war schon beinahe schmerzhaft mit zu erleben, weil Rio so ein Mistkerl ist. Dieses toxische Arschloch-Verhalten ist für mich persönlich nicht zu entschuldigen und dadurch kann ich eine Liebesgeschichte mit so einem Kerl auch einfach nicht fühlen.