„Zusammenbrüche waren ein Privileg anderer Menschen. Ich war auf Furchtlosigkeit programmiert.“
(Emmabelle in Boston Belles - Rake)
Worum geht’s?
Nichts schätzt Emmabelle Penrose mehr als ihre Unabhängigkeit. Die selbstbewusste Geschäftsfrau sucht daher Männer nur für eine Nacht. Bis sie sich auf einmal etwas noch mehr wünscht als ihre Freiheit - ein Baby. Der perfekte Vater ist schnell gefunden. Devon Whitehall ist ein britischer Adeliger, attraktiv, millionenschwer - und das Beste: Er hat eine ebenso große Abneigung gegen die Ehe wie sie. Es ist der ideale Deal: ein Kind zeugen, gemeinsames Sorgerecht, aber mehr nicht. Doch obwohl Emmabelle sich nie an einen Mann binden wollte, kommt sie nicht gegen die starken Gefühle an, die sie plötzlich für Devon empfindet ...
Boston Belles – Rake ist Band 4 der Boston Belles-Reihe. Das Buch ist in sich geschlossen, Vorkenntnisse aus den Vorbänden sind nicht zwingend nötig, aber hilfreich. Das Buch spoilert Inhalte der Vorbände.
Inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird durch Emmabelle und Devon in der Ich-Perspektive erzählt. Im Buch sind Rückblenden enthalten, die gesondert ausgewiesen sind. Das Buch beinhaltet Thematiken, die triggern können, insbesondere aus dem Bereich sexueller Missbrauch.
Meine Meinung
Die Boston Belles Reihe von L. J. Shen hat wahrscheinlich einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Nicht nur, dass L. J. zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen gehört, in diese Reihe habe ich mich instant verliebt. Nachdem Band 1 und 2 mich begeistert haben, kam mit Band 3 (dem Band, auf den ich mich am meisten gefreut habe) eine große Enttäuschung. Entsprechend nervös war ich, wie mir nun Band 4 gefallen wird, da Devon für mich bislang kein sonderlich interessanter Charakter war, ich Emmabelle aber schon seit Band 1 ziemlich cool finde. Rake steht dieses Mal unter der Prämisse „Royal Romance“.
Die Grundidee ist eigentlich gar nicht mein Geschmack. Es geht darum, dass Emmabelle dringend und zeitnah schwanger werden möchte, da sie medizinische Probleme hat. Belle, die einen berüchtigten Nachtclub führt und wohl die unabhängigste Frau Bostons ist, sieht hier kein Problem, denn einen Mann braucht sie nicht, Samenspender reicht. Doch schon bald kommen ihr Zweifel, denn die anonymen Spender können ja auch Psychopaten sein oder genetische Probleme mitbringen. Durch Zufall trifft sie auf Devon, mit dem sie bereits in der Kiste war. Devon ist einst regelrecht aus England geflohen, hat sich in Boston ein neues Leben aufgebaut und ist jetzt erfolgreicher Anwalt. Devon will keine Beziehung, keine festen Bindungen, aber eigentlich gern einen Erben. Und so kommen beide auf die wahnwitzige Idee, zusammen ein Kind zu kriegen, aber auch nicht mehr als das. So hat das Kind beide Elternteile, Devon einen Erben und Emmabelle ist zugleich abgesichert. Klingt idiotensicher, vor allem, als Devon einen wasserfesten Vertrag aufsetzt. Blöd nur, dass sich bald die Ereignisse überschlagen, Emmabelle verfolgt wird, Schatten aus Devons Vergangenheit auftauchen und beide auch irgendwie anerkennen müssen, dass ihre Herzen schneller schlagen, wenn sie beieinander sind.
Wie gesagt, die Idee hat mich jetzt nicht ganz so abgeholt. Es ist eine sehr konstruierte Idee (wobei man aber zugeben muss, so war es bei den anderen Boston Belles Teilen bisher halt auch) und dennoch ging es sehr schnell, bis die Geschichte mein Herz hatte. Devon und Emmabelle sind so gegensätzlich, dass es wahnsinnig Spaß macht, sie miteinander zu erleben. Vor allem Devon schlägt aus der typischen LJ-Boyfriends-Reihe komplett aus: Er ist ein ruhiger, durchdachter Mann, der sich sehr um Emmabelle kümmert, ihre Bedürfnisse und Sorgen ernst nimmt (manchmal sogar ernster als sie selbst) und dem viel an Kommunikation liegt. Anders als die klassischen Enemies to Lovers Geschichten, die die Autorin meist verfasst, sind hier derartige Elemente nicht enthalten. Es geht viel mehr darum, dass Emmabelle Devon bei jeder Gelegenheit wegstößt und zeigen möchte, wie unabhängig sie sein kann. Warum sie dies tut, wird im Laufe der Geschichte nach und nach enthüllt und betrifft im Wesentlichen zwei Gründe. Devon hingegen ist durch seine familiäre Vergangenheit schwer belastet und ist der Meinung, keine Beziehung zu verdienen, gleichzeitig merkt man aber auch, dass er gern mehr mit Emmabelle hätte, sich aber zurückzieht, weil er von ihr immer wieder abgewiesen wird. Beide zusammen harmonieren so wunderbar, ich musste oft schmunzeln, lachen, aber auch die Augen verdrehen, dass beide sich so vehement gegen ihre Gefühle stemmen. Die Chemie der beiden hat gestimmt und wahrscheinlich hätten sich die meisten Devon als Bookboyfriend an ihrer Seite gewünscht.
Neben als dem Trubel um die Schwangerschaft hat die Autorin hier aber so einige Twists und Geheimnisse in der Geschichte versteckt. Das passt sehr gut, weil die Schwangerschaftsstory sehr gradlinig ist und eher wenig Überraschungen mitbringt. Die Würze liegt im Drumherum. Auf einmal taucht Devons Verlobte auf, seine Familie macht ihm nach dem Tod des Vaters riesigen Druck und die Geheimnisse, die Devon so krampfhaft weggeschlossen hat, brechen nach und nach heraus. Er tat mir wahnsinnig leid, wie viel er durchmachen musste. Devons Vergangenheit ist kompliziert und von Traditionen und Erwartungen geprägt gewesen. Umso schöner ist es, zu realisieren, was für ein starker Mann aus Devon geworden ist. Jedenfalls sorgen seine Familie und seine (ungewollte) Verlobte für ganz viel Aufregung, aber auch für einige Gefahren. Denn eine weitere Handlung ist, dass Emmabelle offenbar von einer oder sogar mehr Personen verfolgt wird, Drohungen erhält und man während des ganzen Buches versucht, sich zusammenzureimen, was hier los ist. Wie vielschichtig die Auflösung am Ende dann war, fand ich bewundernswert und überraschend. Sie ist mit etwas Action, einiger Aufregung, jeder Menge Schocks und auch ein bisschen Wut verbunden. Zudem gibt es noch die Handlung um Emmabelles Vergangenheit, die wahnsinnig wehtat und erklärt, wieso sie so eine starke Frau geworden ist. Ich möchte hierzu nicht zu viel sagen, die Autorin hat sich Mühe gegeben, mit vielen Andeutungen und ausreichend Details zu arbeiten, ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen. So entsteht ein Kopfkino, was oft schwer erträglich war, aber eben auch so viel erklärt. Mir hat die Mischung der Themen, die jeweilige Tiefe, die Irrungen und Wirrungen der Plotlines gut gefallen. Der Autorin ist ein rundes Buch mit vielen Entwicklungen und Erkenntnissen gelungen.
Etwas zu kurz kam mir in diesem Buch aber eigentlich die Boston Belles Clique. In den bisherigen Bänden fand ich die Mädels deutlich präsenter, hier kamen sie wenig vor und wenn, ging es häufig um die Thematik Babys und Muttersein. Das fand ich etwas schade, andererseits sind die Charaktere mittlerweile auch in einem Alter, wo dies normale Themen sind. Gleiches gilt für die Jungs um Devon. Ich hätte mir ein wenig mehr Präsenz von Hunter, Cillian und Sam gewünscht. Das hätte für mich für einen noch runderen Abschluss gefehlt.
Mein Fazit
Boston Belles – Rake ist ein gelungener Abschluss einer vielseitigen Reihe. Emmabelle und Devon konnten mich von Anfang an begeistern, auch wenn man dieses Mal mit Devon ausnahmsweise mal einen Good Guy hat. Gemixt mit Spannung, Dämonen aus der Vergangenheit und starken Wortgefechten konnte ich das Buch auf jeden Fall begeistern.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]