Gelungene Fortsetzung
Kurzmeinung:
"Die Zeuginnen" von Margaret Atwood ist eine spannende Geschichte, eine interessante Dystopie und eine sehr gelungene Fortsetzung des großartigen Romans "Der Report der Magd".
Meine Bewertung:
Ich ...
Kurzmeinung:
"Die Zeuginnen" von Margaret Atwood ist eine spannende Geschichte, eine interessante Dystopie und eine sehr gelungene Fortsetzung des großartigen Romans "Der Report der Magd".
Meine Bewertung:
Ich muss zugeben, dass ich etwas skeptisch war. "Der Report der Magd" fand ich so, so gut und ich hatte meine Zweifel, ob die Autorin an dieses Meisterwerk würde anknüpfen können. Und der Klappentext hat mich auch nicht sonderlich überzeugt.
Doch zum Glück habe ich dem Buch eine Chance gegeben und Atwood hat mich mal wieder von ihrem Können überzeugen können.
Atwood widersteht der Versuchung, direkt an den riesigen Cliffhanger anzuknüpfen, mit dem sie "The Handmaid's Tale" hat enden lassen. Die Geschichte setzt einige Jahre später ein und dreht sich auch nicht mehr um Desfred, die Protagonisten aus dem vorangegangenen Roman, sondern um, wie der Titel schon verrät, drei Zeuginnen, die über die weitere Entwicklung und schließlich den Verfall des totalitären Gottesstaates Gilead berichten.
Zum einen erzählt ein zunächst noch junges Mädchen vom Aufwachsen in Gilead. Hier erhalten wir Einblicke in die Gedanken einer jungen Frau, die seit ihrer Geburt in Gilead lebt und kein anderes System kennt. Wir erfahren viel über ihren Glauben, der ihr Kraft gibt, aber auch über ihre Zweifel und die Ängste, angesichts der großen Ungerechtigkeiten, mit denen sie dieses misogyne System konfrontiert.
Die zweite Zeugin ist eine junge Frau, die in Kanada aufwächst und uns eine Außenperspektive auf Gilead ermöglicht. Wie wird der Staat in den benachbarten Ländern wahrgenommen? Wie reagieren die Regierungen. Wir erfahren etwas über Kriege, die andere Länder mit Gilead führen oder geführt haben. Über diplomatische Methoden. Über Flüchtlingsunterkünfte für die Frauen aus Gilead und über die Untergrundorganisation "Mayday", die die Zeit nach der Handlung von "The Handmaid's Tale" überdauert hat.
Die für mich spannendste Zeugin war die schon aus "Report der Magd" bekannte und berüchtigte Tante Lydia. War sie im vorangegangenen Roman hauptsächlich zur Schreckensfigur stilisiert, wird sie nun zur fassbaren Person, bekommt einen Hintergrund, Motive. Es lassen sich Schattierungen und Graustufen erkennen, statt nur schwarz und weiß. Ich fand es sehr interessant mehr darüber zu erfahren, wie diese zuvor vollkommen normale Frau, aufgewachsen und sozialisiert in dem uns bekannten Amerika, zur berüchtigten Tante Lydia wurde.
Die Geschichte Gileads wird plausibel weitererzählt. Die Perspektivwechsel zwischen den drei Zeuginnen sind gelungen und haben mir gut gefallen. Die drei verschiedenen Handlungsstränge sind spannend und Atwood verwebt sie nach und nach miteinander bis zu einem rasanten Schlussteil, der mich nur so durch die Seiten hat fliegen lassen.
Fazit:
"Die Zeuginnen" von Margaret Atwood hat mir gut gefallen. Zwar kann es nicht ganz an den großartigen Roman "Der Report der Magd" heranreichen, ist aber dennoch eine gelungene Fortsetzung und entwickelt die Geschichte des misogynen Gottesstaats Gilead plausibel weiter. Die Schicksale der drei Zeuginnen sind spannend erzählt und lassen sich sehr gut lesen. Denn Atwood ist eine großartige Erzählerin und das merkt man auch in ihrem neuen Roman "Die Zeuginnen". Ich kann euch die Geschichte sehr empfehlen, aber ich würde dazu raten, zuerst "Report der Magd" zu lesen, da einem sonst schon einige Hintergrundinformationen fehlen und die Geschichte eventuell weniger spannend ist.