Allgemeines:
Der Zwillingscode ist am 13. Januar 2021 als Taschenbuch bei Loewe erschienen. Empfohlen wird das 320-seitige Buch ab einem Lesealter von 14 Jahren.
Autorin Margit Ruile arbeitete zunächst als Drehbuchlektorin und widmet sich nun auch dem Schreiben eigener Bücher. Das Jugendbuch ist der Kategorie Thriller zugeordnet und enthält viele technische Elemente, sodass es für mich auch vom Genre der Science Fiction geprägt ist.
Inhalt:
Was passiert, wenn die Dinge, die wir erschaffen, uns gar nicht mehr brauchen?
Vincent ist siebzehn und eine Doppel-C-Seele. Sein Sozialpunktestand ist so niedrig, dass an ein Studium nicht zu denken ist. Stattdessen repariert er heimlich die mechanischen Haustiere der Firma Copypet.
Eines Tages bringt eine alte Frau eine Katze zur Reparatur. Und die führt Vincent geradewegs in die Simulation – eine virtuelle Welt, in der alle unsere Gegenstände ihr digitales Leben führen. Verborgen in dieser Zwillingswelt aber liegt ein Code. Vincent muss ihn finden, denn davon hängt die Zukunft der Menschheit ab.
Margit Ruile erzählt vom Internet der Dinge, einer Welt, in der die digitalen Zwillinge unserer Maschinen und Alltagsgegenstände miteinander vernetzt sind zu einer gigantischen K.I. Ein Thriller mit einem außergewöhnlichen Zukunftsszenario im Stil von Black Mirror.
Meine Meinung:
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich Der Zwillingscode nicht unbedingt auf meiner Leseliste stehen hatte. Ich habe das Buch nicht als präsent in Vorschauen oder den sozialen Medien wahrgenommen. Umso mehr hat mich die Anfrage des Loewe-Verlags gefreut. Die Beschreibung des Buches hat mich sofort gefesselt und der Vergleich mit Black Mirror hat mich zum einen den Inhalt fürchten und zum anderen gespannt auf ebendiesen blicken lassen.
Mit gemischten Erwartungen begann ich die Lektüre und ich kann euch bereits an dieser Stelle sagen, dass Der Zwillingscode mich mitgerissen hat. Margit Ruile erschafft eine Welt, die zunächst nicht unmittelbar neu erscheint. Technik ist in den Mittelpunkt der Menschen getreten und ersetzt an vielen Stellen das tägliche Leben, das wir kennen. Katzen, die keine Katzen mehr sind, ein Sozialpunktesystem, das dem in China zumindest zu ähneln scheint. Ruile gelingt es jedoch, diesen Grundvoraussetzungen ihren ganz eigenen Charakter zu verleihen. Sie verleiht den schon heute existierenden Strukturen Tiefe, geht jeweils noch einen Schritt weiter und erzählt ihren Lesern von den Schrecken, die solche Szenarien in der Zukunft auslösen könnten. Von Klassifizierungen echter Menschen bis hin zu künstlichen Menschen, die die Positionen echter Menschen einnehmen, ist hier alles Denkbare dabei. Vieles erscheint mehr als glaubhaft und man sagt sich an mehr als einer Stelle, dass sich unsere Zukunft so hoffentlich nicht entwickeln wird. Hier möchte ich euch nicht noch mehr verraten, weil auch der Klappentext euch ein Detail vorenthält, das letzten Endes eine große Rolle spielt.
Für die Menschen scheint das erschreckende Zukunftsszenario akzeptierte Realität zu sein. Zumindest denkt das unser Protagonist Vincent zunächst. Dass dem nicht so ist, haben aufmerksame Leser des Klappentexts bereits bemerkt. Vincent geht dem System auf den Grund, entdeckt dabei gemeinsam mit seinen Freunden erschreckende Dinge und versucht nebenbei einfach nur zu überleben. Sie verstricken sich schnell immer tiefer in die Thematik und lange Zeit habe ich nicht geglaubt, dass die Autorin die Handlung plausibel auflösen kann. Das gelingt ihr jedoch relativ zufriedenstellend, wenn auch mit dem Ausblick auf einen zweiten Band, in dem die Geschichte vollständig aufgelöst werden könnte. Dabei bleiben in meinen Augen die Charaktere auf der Strecke. Der Zwillingscode bietet nicht ausreichend Raum, um hier wirklich jedem Detail den nötigen Platz zu geben. Hinsichtlich der Charaktere hätte ich mir mehr Entwicklung und weniger Nüchternheit gewünscht.
Ruile gelingt es gut, ihre Leser zum Nachdenken anzuregen. Ist es wirklich so wichtig, wie viele Likes mein Bild auf Instagram erhält? Spielt es eine Rolle, wie viele Menschen meine Rezension lesen werden? Macht das den Inhalt besser oder schlechter? In der Welt von Vincent gibt es darauf eine klare Antwort. Der Algorithmus bestimmt dort alles. Sogar, was für ein Mensch du bist, wo du lebst oder ob du einen Autounfall haben wirst. Mir persönlich fiel es leichter, von einem solchen Szenario zu lesen, als es verfilmt zu sehen. Black Mirror ist eine Serie, die ich nicht weiterverfolgen konnte. Ruile erzählt ihre Geschichte jedoch nicht für Erwachsene, sondern entwickelt ein dystopisches Szenario, das ab 14 Jahren gelesen werden kann. Sie gibt ihren Lesern eine Antwort auf die Frage, die das Buch prägt: Hat der Mensch in der neuen Welt, die er sich erschafft, selbst überhaupt noch einen Platz? Ich hoffe, dass ihr nun neugierig seid und euch auf die Suche nach der Antwort macht!
Fazit:
Ein überraschend spannendes Buch, das mit einer von moderner Technik geprägten Geschichte zum Nachdenken anregt.