Ruhig und atmosphärisch - gelungener Roman
"Im letzten Licht des Herbstes" ist ein ruhiger, aber sehr stimmungvoller Roman. Wir befinden uns im idyllischen Kleinstädtchen Solace in Kanada. Für die erst siebenjährige Clara steht die Welt Kopf. Ihre ...
"Im letzten Licht des Herbstes" ist ein ruhiger, aber sehr stimmungvoller Roman. Wir befinden uns im idyllischen Kleinstädtchen Solace in Kanada. Für die erst siebenjährige Clara steht die Welt Kopf. Ihre ältere Schwester Rose ist seit einigen Tagen spurlos verschwunden. Clara hängt an ihrer Schwester und steht jeden Tag am Fenster, um ihre Rückkehr nicht zu verpassen. Das Verschwinden von Rose wird zu einer großen Belastungsprobe für die ganze Familie. Die Mutter fällt in eine Depression und der Vater versucht irgendwie die Familie aufrecht zu halten. Als auch noch im Haus von Mrs. Orchard gegenüber, plötzlich ein Fremder einzieht, ist Clara verzweifelt. Sie soll doch Moses, den Kater der Nachbarin versorgen, seit diese im Krankenhaus liegt. Und warum wohnt in ihrem Haus plötzlich jemand Fremder?
Die Geschichte spielt in den 1970-iger Jahren und wird aus der Ich-Perspektive von Clara, Elizabeth (Mrs. Orchard) und Liam erzählt. Besonders berührt hat mich die Sichtweise der erst siebenjährigen Clara. Die Autorin versteht es ganz wunderbar, den drei Charakteren eine unterschiedliche Stimme zu geben und vorallem bei Clara den richtigen Ton zu treffen. Oftmals haben Autor:innen Probleme die Sichtweise von Kindern gekonnt darzustellen. Mary Lawson ist dies jedoch großartig gelungen. Ihre Sprache und ihr Verhalten wirken lebensecht und stimmig. Man spürt Claras Verzweiflung, ihr Pflichtbewusstsein und die Frage, wo Rose und Mrs. Orchard verblieben sind.
Letzere liegt im Krankenhaus und erkennt, dass sie nicht mehr viel Zeit hat. Sie lässt ihr Leben Revue passieren und denkt an die 1940-iger Jahre zurück, als sie glücklich verheiratet war. Doch ihr Glück ist nicht vollständig und ein schlimmer Vorfall verändert ihr Leben für immer. Dabei erfahren wir in Rückblicken, was damals passiert ist und warum Liam ein wichtiger Teil ihres Lebens war.
Liam ist ein eher phlegmatischer Typ. Nach der Trennung von seiner Frau, verlässt er Toronto und steht vor einem Neuanfang. Was ihn in die kanadische Kleinstadt führt, erfahren wir vorallem aus den Erinnerungen von Elizabeth. Wie sich der Stadtmensch in Solace, wo jeder jeden kennt fühlt, wird mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt....
Besonders der Schreibstil und die Poesie, die Mary Lawson in ihrer Geschichte verpackt hat, konnte mich überzeugen und hielt mich in der Handlung gefangen.
Obwohl der Roman ruhig erzählt wird, gibt es jede Menge Spannung, die meine Neugierde durchgehend geweckt hat. Was ist mit Rose passiert? Welches Drama gab es um Elizabeth? Kann sich Liam an seine Vergangenheit erinnern? Wie wird seine Zukunft aussehen? Jede Menge Fragen, die alle beantwortet werden. Ein Roman, der mich wunderbar unterhalten hat und den ich in einem Rutsch durchgelesen habe.
Cover:
von links nach rechts:
drei englischsprachige Titel, das litauische Cover, das italienische und das französische Cover. Meiner Meinung nach kann keines der Cover mit dem wunderschönen deutschsprachigen mithalten.
Fazit:
Dieser wunderbare Roman hat mich auf ganzer Linie positiv überrascht. Daher spreche ich gerne eine Lesempfehlung aus!