Spannend, aber auch grenzwertig
Inhalt: Charlie erwacht - kurz vor ihrem siebzehnten Geburtstag - in einem pechschwarzen Raum. Wie sie dort gelandet ist: unklar. Doch sie ist nicht das einzige Mädchen, das in der letzten Zeit verschwunden ...
Inhalt: Charlie erwacht - kurz vor ihrem siebzehnten Geburtstag - in einem pechschwarzen Raum. Wie sie dort gelandet ist: unklar. Doch sie ist nicht das einzige Mädchen, das in der letzten Zeit verschwunden ist, sodass sie sich als das neue Opfer eines Serientäters wähnt. Und tatsächlich: Einige Zeit nach ihrem Erwachen meldet sich ihr Entführer über einen Bildschirm. Mit unterschiedlichen Aufträgen, die sie erledigen muss, um - vielleicht - freizukommen...
Persönliche Meinung: "Auf der Mauer, auf der Lauer" ist ein Jugendthriller von Mel Wallis de Vries. Er lässt sich unabhängig von anderen Thrillern der Autorin lesen. Erzählt wird der Roman schwerpunktmäßig aus der Ich-Perspektive Charlies. Diese hat seit dem plötzlichen Tod ihrer Schwester psychische Probleme, was innerhalb der Handlung eindrücklich dargestellt wird. Die Handlung entwickelt sich geschickt konstruiert auf zwei sich wechselnden Zeitebenen: In der Gegenwart werden Charlies (physische) Torturen durch den Entführer sowie dessen Aufträge thematisiert; in einem Vergangenheitsstrang wird Charlies Leben kurz vor der Entführung erzählt. Unterbrochen werden die beiden Handlungsstränge durch weitere Texte: Tagebucheinträge, Statusupdates des Entführers sowie polizeiliche Befragungen der Freund*innen Charlies. So entsteht eine abwechslungsreiche, fesselnde Lektüre mit vielen falschen Fährten, Cliffhangern und Rätselei. Soweit ein schön konstruierter, hochspannender Thriller, den man uneingeschränkt empfehlen könnte - wäre da nicht sein Ende. Dieses ist zwar - durch einen eiskalten Twist - sehr überraschend; zugleich moralisch aber auch grenzwertig. Ohne die gesamte Handlung zu spoilern, kann ich hier allerdings nur vage bleiben. Nur so viel: Das Ende ist krass und bedürfe - da hier moralische Grenzen überschritten werden - einer ausführlicheren Aufarbeitung, damit keine falschen Signale gesendet werden - zumal der Thriller sich ja primär an jugendliche Lesende richtet. Der Schreibstil von Mel Wallis de Vries lässt sich - wie bereits bei ihren anderen Thrillern - angenehm und flüssig lesen, sodass man durch die Seiten des Romans fliegt. Insgesamt ist "Auf der Mauer, auf der Lauer" ein spannender, erzähltechnisch fesselnder Thriller, der allerdings ein grenzwertiges Ende besitzt.