Cover-Bild Die Bagage
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19,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 01.02.2020
  • ISBN: 9783446265622
Monika Helfer

Die Bagage

„Von uns wird man noch lange reden.“ Monika Helfers neuer Roman „Die Bagage“ – eine berührende Geschichte von Herkunft und Familie

Josef und Maria Moosbrugger leben mit ihren Kindern am Rand eines Bergdorfes. Sie sind die Abseitigen, die Armen, die Bagage. Es ist die Zeit des ersten Weltkriegs und Josef wird zur Armee eingezogen. Die Zeit, in der Maria und die Kinder allein zurückbleiben und abhängig werden vom Schutz des Bürgermeisters. Die Zeit, in der Georg aus Hannover in die Gegend kommt, der nicht nur hochdeutsch spricht und wunderschön ist, sondern eines Tages auch an die Tür der Bagage klopft. Und es ist die Zeit, in der Maria schwanger wird mit Grete, dem Kind der Familie, mit dem Josef nie ein Wort sprechen wird: der Mutter der Autorin. Mit großer Wucht erzählt Monika Helfer die Geschichte ihrer eigenen Herkunft.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.12.2020

Intimer Blick ins Familienalbum

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Monika Helfer erzählt in "Die Bagage" nichts weniger als die Geschichte ihrer Existenz, die sie wie jeder andere Mensch auch ihren Ahnen zu verdanken hat. Dafür blickt sie - durch die literarische Brille ...

Monika Helfer erzählt in "Die Bagage" nichts weniger als die Geschichte ihrer Existenz, die sie wie jeder andere Mensch auch ihren Ahnen zu verdanken hat. Dafür blickt sie - durch die literarische Brille der Erzählerin (die aber mit der Autorin gleichzusetzen ist) quasi ins orale Erinnerungsalbum ihrer Herkunftsfamilie. Dieses setzt sich aus Geschichten zusammen, die ihr ihre hochbetagte Tante Kathe kurz vor ihrem Tod erzählte. Sie fügt die Geschichten in "Die Bagage" zu einem Ganzen zusammen. Sie erzählt, wie sie es erzählt bekommen hat, versucht aber die Lücken in der Überlieferung, also die Ereignisse, die Kathe nur indirekt mitbekommen hat, mit ihrer eigenen Vorstellungskraft zu schließen, sie literarisch zu verfeinern. Und doch bleiben bei ihr am Ende noch Fragen offen, wie zum Beispiel: "Warum haben sich meine Leute immer absichtlich abgesondert? Warum?"

Die Geschichte beginnt kurz vor der Zeugung der Großmutter der Erzählerin im Spätsommer 1914, irgendwo in einem kleinen Dorf in Österreich. Kennt man die Biografie der Autorin, kann man sich das Dorf und das Bundesland erschließen, für die Geschichte aber ist der Name des Ortes nicht relevant. Es könnte jedes kleine österreichische Dorf sein und die Familie jede arme Familie im Jahr 1914, ist es aber nicht. Es geht um die Familie Moosbrugger, vor allem um die Mutter, die schöne Maria, ihren Mann Josef und die zunächst vier gemeinsamen Kinder: Hermann, Katharina, Lorenz und Walter. Josef wird im September 1914 in den 1. Weltkrieg eingezogen. Der Bürgermeister soll "ein Auge" auf die Familie haben, während der Vater im Krieg ist. Als er Maria auf einen Markt in die nächst größere Stadt mitnimmt, lernt diese dort den Deutschen Georg kennen. Sie verliebt sich in ihn und er in sie, aber es bleibt eine kurze, nicht lebbare Liebe. Josef darf gelegentlich für kurze Zeit auf Heimaturlaub. Bei einem dieser Urlaube wird Grete gezeugt. Die Gerüchte über Maria und den Deutschen erreichen auch Josef und dieser hegt einen schlimmen Verdacht….

Gut gefallen hat mir, dass Monika Helfer ihre Figuren nicht nur als arm und von Geburt an determiniert darstellt, sondern als Menschen aus Fleisch und Blut, die menschliche Bedürfnisse, ganz eigene Vorstellungen vom Glück und Träume haben. Dass diese meist an der Realität scheitern, ist die Tragik des Menschseins und das strahlt diese Geschichte für mich aus. Dennoch ist sie nicht fatalistisch und die Figuren bemitleiden sich nicht selbst (bis auf den Bürgermeister vielleicht).

Die große Frage des Romans ist im Grunde auch die nach der eigenen Verortung in der Genealogie einer Familie. An einer Stelle fragt sich die Erzählerin nämlich, wo "die Bagage" denn enden würde und ob sie selbst überhaupt noch dazugehöre bzw. ihre Familie, ihre Kinder und ihr Mann. Zieht sich ein roter Faden durch die Geschichte einer Familie, deren Teil man für alle Zeiten bleibt oder muss man sich selbst als eigene Bagage begreifen und seine selbst gegründete Familie als von der Vergangenheit unabhängig begreifen?

Obwohl Helfer ihre Figuren sehr profiliert darstellt und man sich ein genaues Bild der unterschiedlichen Charaktere machen kann, bleibt zwischen den Figuren und dem Leser eine gewisse Distanz. Es ist als würde man das Fotoalbum einer anderen Familie ansehen, nicht der eigenen. Man findet vieles interessant, hat Fragen, aber das Interesse bleibt oberflächlich und man hat das dumpfe Gefühl, dass einen diese intime Geschichte einer anderen Familie doch eigentlich nichts angeht. Dennoch möchte ich sagen, dass "Die Bagage" ein sehr fein gezeichnetes Zeitgemälde der bäuerlichen Lebenswelt des frühen 19. Jahrhunderts ist, rustikal erzählt und mit einem gewissen spröden Charme.

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Veröffentlicht am 19.07.2020

Intensiv

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Kurz, aber intensiv: so zeigt sich für mich Monika Helfers Roman „Die Bagage“.
Auf den Spuren ihrer Großeltern Maria und Josef Moosbrugger versucht sie dem Geheimnis um die Geburt ihrer eigenen Mutter ...


Kurz, aber intensiv: so zeigt sich für mich Monika Helfers Roman „Die Bagage“.
Auf den Spuren ihrer Großeltern Maria und Josef Moosbrugger versucht sie dem Geheimnis um die Geburt ihrer eigenen Mutter Margarethe näher zu kommen, die während des Ersten Weltkrieges als fünftes Kind in dem ärmlichen Haus am Ende eines kleinen Bergdorfes zur Welt kam. Kann Josef, der zu jenerZeit als Soldat eingezogen aber einige Male auf Heimaturlaub war, tatsächlich der Vater sein? Im Dorf wird viel gemunkelt, aus Bosheit oder vielleicht Neid auf die „schöne Maria“ oder Josefs „Geschäftchen“, mit denen er die Familie über Wasser hält. Auch der Pfarrer mischt sich ein. Josef selbst ist verunsichert; er akzeptiert die kleine Grete nicht, so lange er lebt.
Aus Erzählungen der überlebenden Geschwister ihrer Mutter gestaltet Monika Helfer ein Bild der armen Großfamilie im Bergdorf, von den anderen Bewohnern abfällig „Bagage“ genannt, und schmückt es mit ihrer Vorstellung von Maria und ihrer Lebenssituation aus. Wie lebte es sich in einem Dorf zu Beginn des 20. Jahrhunderts, unter den wachsamen Augen der Mitbewohner und den selbstgerechten Urteilen der Kirche? Die Autorin wertet nicht, doch zwischen den Zeilen steckt eine Menge Kritik. Gerade durch ihre schlichte, stark verkürzte Sprache erreicht sie Authentizität und eine hohe Intensität. Immer wieder nutzt sie Zeitsprünge in die Gegenwart und stellt damit die Verbindung zwischen ihr und ihren Großeltern her. Sie reflektiert über Familiengemeinsamkeiten und –zusammengehörigkeit; denn schließlich wirken (unverarbeitete) Erlebnisse weiter fort, oft über Generationen hinaus.
Mein Fazit: ein ruhiger, aber intensiv nachwirkender Roman.

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Veröffentlicht am 01.04.2020

Schöne Familiegeschichte

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Den Begriff „Bagage“ als despektierliche Bezeichnung für mache Menschen, kenne ich noch aus der Generation meiner Großeltern, die beide zu der Zeit geboren wurden, in der dieses Buch spielt. Lange habe ...

Den Begriff „Bagage“ als despektierliche Bezeichnung für mache Menschen, kenne ich noch aus der Generation meiner Großeltern, die beide zu der Zeit geboren wurden, in der dieses Buch spielt. Lange habe ich diesen Begriff icht mehr gehört und so hat es mich unweigerlich zu diesem Buch gezogen.

Monika Helfer lässt in ihrem Buch ihre Familie wieder auferstehen. Sie berichtet von ihren Großeltern Josef und Maria, zwei wunderschönen Menschen, die zwar nicht viel Geld haben, aber wegen ihrer Schönheit dennoch von allen beeidet werden. Als Josef in den Krieg zieht, bittet er den Bürgermeister, ein Auge auf Maria zu werfen. Maria freundet sich mit einem Deutschen an, der sie auch hin und wieder besucht. Auch Josef hat Fronturlaub und die Zeugung seiner kleine Tochter passt zeitlich auch gut in diesen Urlaub, aber ist Maria nicht einfach zu schön, um treu zu sein?

Monika Helfer kennt die Protagonisten ihres Buches nicht nur in ihrer eigenen Phantasie, sondern auch im Leben und so ist es nicht verwunderlich, dass diese schnell vor dem inneren Auge des Lesers zum Leben erwachen. Dazu tragen auch die Zeitsprünge bei, die immer mal wieder eingeschoben werden und zur Tiefe der Figuren beitragen.

Es passiert nicht viel in diesem Buch und doch ändert es für die Protagonisten alles. Es ist ein leises Buch mit lauten Untertönen. Ein Buch, das zeigt, dass es die Schönen nicht immer leicht haben. Dass es eine Bürde sein kann, schön zu sein, denn der Neid der anderen kann für Gerüchte sorgen, die einem das Leben schwer machen.

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen.

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Veröffentlicht am 23.03.2020

Die Familie vom Ende der Straße...

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Ehrlich gesagt hat mich der sonderbare Titel auf das Buch aufmerksam gemacht, denn von der Autorin hatte ich bisher noch nichts gelesen.

In der Geschichte geht es um Maria und Josef, die in den Bergen ...

Ehrlich gesagt hat mich der sonderbare Titel auf das Buch aufmerksam gemacht, denn von der Autorin hatte ich bisher noch nichts gelesen.

In der Geschichte geht es um Maria und Josef, die in den Bergen weit ab vom Schuss leben. Im Haus haben sie weder Strom noch Wasser und dennoch klappt es ganz gut mit den Kindern und allem. Doch dann muss der Vater in den Krieg ziehen, was das Leben der Familie enorm ändert. Wird er den Krieg überleben? Wird sich etwas verändern?

Das Besondere an dem Buch ist, dass die Autorin als Ich- Erzählerin agiert und uns an ihrer Familiengeschichte teilhaben lässt, in der sie noch nicht lebte und ihre Mutter teils ebenfalls noch nicht auf der Welt war. So etwas hatte ich bis dato noch nicht in den Händen und man bekam beim Lesen direkt Lust selbst Nachforschungen bezüglich der eigenen Familie anzustellen.

Für meinen Geschmack zeichnet die Autorin die Zeit des ersten Weltkrieges sehr authentisch und es liest sich so als würde man der Freundin der eigenen Großmutter lauschen.

Ich mochte vor allem wie sehr die Familie auch in Krisenzeiten zusammenhält und sich für den anderen einsetzt. Vor allem sind gerade die Kinder ohne den Vater über sich hinausgewachsen.

Etwas traurig gemacht hat mich, dass der Tratsch dazu geführt hat, dass Josef seiner Frau misstraut, obwohl er es eigentlich besser hätte wissen müssen. Da sorgte wohl eher der Neid der Bewohner dafür, dass man Maria etwas angedichtet hat, was nie stattgefunden hat und zum tiefen Schnitt in der Familie führte. Ich kann mir nur schwer vorstellen wie sehr es schmerzen muss, wenn der eigene Vater einen komplett ignoriert.

Ich habe mich beim Lesen sehr wohl gefühlt und hätte die Mitglieder der Bagage gern selbst kennengelernt.

Fazit: Berührende Familiengeschichte, die mich nicht kalt gelassen hat und die ich gern empfehle. Die ideale Lektüre für Zwischendurch.

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Veröffentlicht am 23.03.2020

Zeitgeschichte hautnah

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"Die Bagage" ist ein Roman der Autorin Monika Helfer, umfasst 159 Seiten und erscheint im Frühjahr 2020 im Carl Hanser Verlag.

Der Roman erzählt die Lebensgeschichte von Grete Moosbrugger, der Mutter ...

"Die Bagage" ist ein Roman der Autorin Monika Helfer, umfasst 159 Seiten und erscheint im Frühjahr 2020 im Carl Hanser Verlag.

Der Roman erzählt die Lebensgeschichte von Grete Moosbrugger, der Mutter der Autorin. Wir bewegen uns also im autofiktionalen Bereich. Begonnen wird die Lebenslinie zum Beginn des 1. Weltkrieges. Die Autorin nimmt uns mit in die Berge der Alpen, führt uns ein in das karge beschwerliche Leben der Alpendörfer und in die schier ausweglose Situation derer, die am Rande dieser Gemeinschaften ihr Dasein fristen ... so wie die Familie Moosbrugger. Josef und Maria haben sich mit ihren Kindern hier ein kleines Auskommen geschaffen, als der Vater an die Front einberufen wird und Marias Kampf als Alleinerziehende beginnt. Schonungslos beschreibt Helfer die Situation der jungen Mutter, gefangen zwischen Ablehnung und Abhängigkeit. Als dann die kleine Grete geboren wird und Josef seine Vaterschaft in Zweifel zieht, beginnt für das kleine Mädchen die harte Schule des Lebens: durch den Vater abgelehnt, von der Mutter umso mehr geliebt, von der Dorfgemeinschaft verspottet. Wie kann ein Mensch damit leben? Was macht das mit ihm? Und was bedeutet eine solche Erfahrung für zukünftige Generationen der Familie?
Helfer beantwortet diese Fragen, indem sie die Familiengeschichte bis zur Gegenwart offenlegt. Mit ihrer eindringlichen Sprache, mal sehr reduziert, mal pointiert, macht sie diesen kleinen Roman für mich zu einem ganz besonderen Werk. Daher gibt es für diesen Gesellschaftsroman eine klare Leseempfehlung für alle, die sich von Familiengeschichten unterhalten fühlen und die gerne Einblicke bekommen in das Leben längst vergangener Zeiten.