Cover-Bild Reichskanzlerplatz
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21,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Biografischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 12.08.2024
  • ISBN: 9783518780237
Nora Bossong

Reichskanzlerplatz

Roman | Ein intensives Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde

»Ein furchtloser Roman über Mittäterschaft und darüber, wie aus dem kleinen Bösen das große Böse wächst. Kann man denn über das ›Dritte Reich‹ erzählen? Die Frage wird oft gestellt, nicht zu Unrecht. Nora Bossong beantwortet sie mit diesem großartigen Buch, indem sie es tut – vielschichtig, besonnen und erbarmungslos.« Daniel Kehlmann

Als Hans die junge und schöne Stiefmutter seines Schulfreunds Hellmut Quandt kennenlernt, ahnt er noch nicht, welche Rolle Magda in seinem Leben spielen wird, für ihn persönlich, aber auch Jahre später als fanatische Nationalsozialistin und Vorzeigemutter des »Dritten Reichs«. Noch ist die Weimarer Republik im Aufbruch und Hans so heftig wie hoffnungslos in Hellmut verliebt. Doch nach einem Unglücksfall beginnen Hans und Magda eine Affäre, von der sie sich Trost und Vorteile versprechen: Sie will aus ihrer Ehe ausbrechen, er seine Homosexualität verbergen. Erst als Magda Joseph Goebbels kennenlernt und der NSDAP beitritt, kommt es zwischen Hans und ihr zum Bruch. Während Magda mit ihren Kindern bald in der Wochenschau auftritt, gerät Hans zunehmend in Gefahr. Ein Roman, der über zwanzig Jahre den Weg zweier Menschen und eines Landes erzählt, der nicht unausweichlich war.

Nora Bossong zeichnet in ihrem neuen Roman das intensive Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde, und ihres jungen Liebhabers. Zwei Menschen in der Maschinerie der historischen Ereignisse, unterschiedlich verstrickt, unterschiedlich schuldig geworden. Auch an sich selbst.

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2024

Fakten und Fiktion gekonnt verknüpft

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Dieser historische Roman beschert uns Einblicke in eine Zeit des Umbruchs und gleichzeitig in das Leben der 1901, als Johanna Maria Magdalena Behrend (zunächst) unehelich geborenen Tochter eines Dienstmädchens. ...

Dieser historische Roman beschert uns Einblicke in eine Zeit des Umbruchs und gleichzeitig in das Leben der 1901, als Johanna Maria Magdalena Behrend (zunächst) unehelich geborenen Tochter eines Dienstmädchens. Als ihre Mutter in zweiter Ehe den jüdischen Kaufmann Richard Friedländer heiratet und der das Mädchen adoptiert, wächst sie in einem bürgerlichen Umfeld auf. 44 Jahre später wird sie im Führerbunker ihre sechs Kinder vergiften und anschließend Selbstmord verüben. Der geneigte Leser wird nun wissen, von wem die Rede ist, nämlich von Magda Goebbels, geschiedene Quandt.

Wir lernen die junge Johanna Maria Magdalena Friedländer kennen, die mit knapp 19 Jahren den verwitweten Industriellen Günther Quandt (und seine Söhne) heiratet und den gemeinsamen Sohn Harald bekommt. Doch recht bald langweilt sie das komfortable Leben und Madame Quandt, wie man sie nennt, betrügt ihren Mann mit wechselnden Liebhabern.

Wenig später, nach der, für sie lukrativen, Scheidung (1929) von Günther Quandt, zieht sie in eine Wohnung am Reichskanzlerplatz und schließt sie sich gänzlich der NSDAP an. Dort erregt sie die Aufmerksamkeit von Joseph Goebbels und Adolf Hitler. Als Ehefrau des Propagandaministers wird sie nun Magda genannt und, nachdem sie in schneller Abfolge, insgesamt sechs weitere Kinder zu Welt bringt, zur Vorzeigemutter des Reiches hochstilisiert.

Als sich Goebbels 1938 in die tschechische Schauspielerin Lida Baarová (1914-2000) verliebt und eine Menage à trois von Magda verlangt, wendet sich Magda an Hitler, der Goebbels eine Scheidung verbietet.

Meine Meinung:

Die Erzählweise ist recht ungewöhnlich gewählt, denn es ist der fiktive, schwule Hans Kesselbach, der als Ich-Erzähler fungiert. Kesselbach ist mit Hellmuth Quandt in dieselbe Klasse gegangen, beide schwärmen für die schöne Madame Quandt, die nur wenige Jahre älter ist. Er beginnt eine Affäre mit ihr, um seine Homosexualität zu vertuschen, die in Deutschland verboten ist .

Immer wieder kreuzen sich die Lebenswege von Hans Kesselbach und Magda Goebbels. Dass Magda Goebbels keinen Finger für vom Regime bedrohte Menschen rührt, ist an jener Stelle zu lesen, als sich völlig ungerührt, ganz nebenbei erzählt, dass ihr Stiefvater Richard Friedländer sei im KZ Buchenwald an einer „Lungenentzündung“ verstorben. Ein jüdischer Stiefvater passt so gar nicht in das Leben der fanatischen Vorzeigemutter.

„Siehst du Hans, es wird niemand bevorzugt, auch wir nicht. Wir essen unseren Eintopf und zahlen unseren Teil.“ (S. 249)

Dieser historische Roman lässt zahlreiche reale Prominente aufmarschieren. Von Auwi, dem Sohn des ehemaligen Kaisers über zahlreiche Größen des NS-Regimes bis hin zu zahlreichen Verfolgten.

Der Roman kommt ohne direkte Rede aus, was mich diesmal eigenartigerweise nicht allzu sehr gestört hat. Geschickt sind die Lebensläufe der realen Personen mit jenen der fiktiven verquickt. Eine Biografie der Magda Goebbels ist dieser historische Roman nicht. Wer eine solche lesen möchte, muss zu anderen Büchern greifen.

Interessant ist, wie sich der fiktive Hans Kesselbach durch die für Homosexuelle höchst bedrohliche Zeit laviert. Dabei kann er deutlich sehen, wie es den gleichgeschlechtlich Liebenden ergeht. Eine pro-Forma-Hochzeit, die für ihn nützlich sein könnte, lehnt er recht lange ab.

Der Schreibstil ist eindringlich und zeichnet ein gelungenes Bild jener Zeit.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman 5 Sterne.

Veröffentlicht am 02.10.2024

Wer war Magda Göbbels?

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Als Hellmut als neuer Schüler in die Klasse kam, wird zunächst der Tod seiner Mutter bekanntgegeben. Hans ist ein Klassenkamerad und weiß nicht, wie er seine Anteilnahme an diesem Verlust ausdrücken soll. ...

Als Hellmut als neuer Schüler in die Klasse kam, wird zunächst der Tod seiner Mutter bekanntgegeben. Hans ist ein Klassenkamerad und weiß nicht, wie er seine Anteilnahme an diesem Verlust ausdrücken soll. Der Vater Hellmuts blieb nicht lange alleine. Er heiratete ein sehr junge Frau. Sie war ausgesprochen hübsch und noch nicht einmal 7 Jahre älter als Hellmut. Der Ich-Erzähler Hans ist sein guter Freund und lebt mit seinem kriegsversehrtem Vater sowie der Hausfrau und Mutter zusammen.

Die junge Stiefmutter von Hellmut gefällt nicht nur ihm. Auch Hans mag sie sehr und es dauert nicht lange, bis die beiden sich ineinander verlieben. Magda, so heißt die junge Frau, fühlt sich von ihrem Ehemann vernachlässigt und Hans will seine Zuneigung zu Männern verbergen. Beide haben also einen triftigen Grund für ihre Beziehung.

Dass Reichskanzlerplatz es bis auf die Longlist des #dbp24 schaffte, ist nachvollziehbar. Es gibt zwar etliche Bücher zum Thema, aber nur wenige, die wirklich gut sind. Magda Göbbels war eine Frau, die es an der Seite ihres Ehemanns zu blamabler Berühmtheit brachte. War sie tatsächlich so naiv und wusste nicht, wie Joseph tickte? Welche Macht er hatte? Für mich nicht zu glauben, dass sie ein ahnungsloses Frauchen war. Der Klappentext zeigt nicht wirklich das, was in dem Buch geschrieben steht. Es sind zwar einige Kapitel der Frau des Propagandaministers gewidmet. Viel mehr gibt es allerdings über Hans zu lesen. Der junge Mann hatte Einblick in die Familie des Herrn Göbbels. Gleichzeitig beschreibt er sein Leben im Schatten der NSDAP. Für mich ein Buch, das ich ausdrücklich empfehle.

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Veröffentlicht am 17.12.2024

Historische Fakten treffen auf Fiktion

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Homosexualität war bis 1969 unter Strafe gestellt und endete während der Naziherrschaft bei Bekanntwerden nicht selten mit der Verbannung in ein Konzentrationslager. Der Protagonist und Ich-Erzähler des ...

Homosexualität war bis 1969 unter Strafe gestellt und endete während der Naziherrschaft bei Bekanntwerden nicht selten mit der Verbannung in ein Konzentrationslager. Der Protagonist und Ich-Erzähler des Romans 'Reichskanzlerplatz' von Nora Bossong, Hans Hesselbach lernt während seiner Schulzeit den aus vermögendem Haushalt stammenden Hellmut Quandt kennen und lieben. Diese Liebe wird allerdings nicht erwidert. Aber auch die nur wenige Jahre ältere Stiefmutter Magda Quandt von Hellmut, später verheiratet mit Joseph Goeppels, dem Reichspropagandaminister, übt eine starke Anziehungskraft sowohl auf ihren Stiefsohn als auch auf Hans aus. Beide gehen nacheinander mit Magda eine Liebesbeziehung ein. Hans versteckt seine wahre Veranlagung hinter dieser Affäre, wird aber seine Angst nicht los, doch eines Tages einem Verrat zum Opfer zu fallen. Hans ist ein Mitläufer, dessen Geschichte von 1918 bis 1944 erzählt wird.
Der Roman wurde für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert.

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Veröffentlicht am 08.12.2024

Magda und Hans

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Das Buch wurde nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024 und beinhaltet 296 Seiten. Das Buch hat mit optisch wie auch inhaltlich angesprochen, somit ist die Wahl, es lesen zu wollen, gefallen. Es wird ...

Das Buch wurde nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024 und beinhaltet 296 Seiten. Das Buch hat mit optisch wie auch inhaltlich angesprochen, somit ist die Wahl, es lesen zu wollen, gefallen. Es wird erbarmungslos erzählt, wie aus dem kleinen Bösen das grosse Böse wächst. Es ist ein Roman über die Schuld eines Mitläufer.
Als Hans die junge schöne Stiefmutter seines Schulfreund Helmut Quant kennenlernt, ahnt er nichts schlimmes. Sie ist die Tochter eines wichtigen jüdischen Kaufmanns. Aber welche Rolle Magda mit der Zeit in seinem Leben spielt, für ihn persönlich als fanatische Nationalsozialistische und Vorzeigemutter des Dritten Reiches. Die Weimarer Republik ist noch im Aufbruch, Hans ist hoffnungslos in Helmut verliebt. Nach einem Unglücksfall beginnt Hans eine Affäre mit Magda, von der er sich Trost und Vorteile verspricht. Helmut stirbt an einer verschleppt Krankheit. Hans und Magda werden eins. Jeder möchte dadurch etwas für sich gewinnen. Magda möchte aus ihrer Ehe raus, Hans möchte seine Homosexualität verbergen. Magda macht einen grossen politischen Schritt. Sie tritt der NSDAP bei. Dort lernt sie Joseph Goebbels kennen. Seitdem läuft es mit Hans nicht mehr so gut und intensiv. Währendd sie mit ihren Kinder in Warschau auftritt, gerät Hans zunehmend in Gefahr. Ihre Wege trennen sich für immer.
Magda wird Goebbels Frau, ihr Liebhaber gerät in Vergessenheit, Magda wird erste Frau im Dritten Reich.
Der Leser erfährt, wie sie es wurde und, wer sie war. Eine Romanerzählung über Menschen und ihre Abgründe, es ist keine direkte Biographie. Man erlebt auch Magdas letzte Stunden, den Mord an 6 ihrer Kinder im Führer Bunker. Das Buch wird aus der Sicht von Hans erzählt. Der Schreibstil ist literarisch, trotzdem leicht, flüssig und verständlich. Es ist spannend und interessant erzählt. Man erfährt viele historische Aspekte und Begegnungen, die vorgefallen sind. Die wurden gut aufgegriffen und detalliert dargestellt. Habe es mit viel Interesse gelesen, deshalb vergebe ich 4 Sterne und eine Weiterempfehlung.

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Veröffentlicht am 22.11.2024

Mehr Hans als Magda

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Ein Portrait Magda Goebbels? Ja schon, aber nicht nur. Und wer tatsächlich mit der Erwartung eines ‚intensives Porträts‘ dieser Frau an die Lektüre heran geht, wird vielleicht enttäuscht werden. Magda ...

Ein Portrait Magda Goebbels? Ja schon, aber nicht nur. Und wer tatsächlich mit der Erwartung eines ‚intensives Porträts‘ dieser Frau an die Lektüre heran geht, wird vielleicht enttäuscht werden. Magda Goebbels, geschiedene Quandt ist eine zentrale, wiederkehrende Person in Nora Bossongs „Reichskanzlerplatz“, bleibt aber immer unscharf bzw. uneinschätzbar. Auch für den Ich-Erzähler Hans, der sie seit seiner Jugendtage kennt und sich ihrer Präsenz bis zum Schluss nicht erwehren kann. Es ist auch eher seine Geschichte, die hier beschrieben wird. Das Leben eines queeren Jugendlichen in der Weimarer-Republik, der später als Beamter im Nationalsozialismus noch ambivalenter als zuvor lebt. Das wäre auch ohne Magda Goebbels eine interessante Geschichte gewesen. So ergibt sich aus beiden Figuren eine interessante wenn auch nicht zwingende Kombination.
Ein Buch über den Nationalsozialismus, das nur subtil über sein Personal wertet und in dem Verantwortliche im Nationalsozialismus erschreckend menschlich dargestellt werden. Interessant auch die unbeantwortbar bleibenden Fragen, was wäre gewesen wenn.