Profilbild von Goldilinchen

Goldilinchen

Lesejury Profi
offline

Goldilinchen ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Goldilinchen über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.07.2024

Eine andere Art von Glück

Eine andere Vorstellung vom Glück
0

Zwei Frauen, fünf Tage, ein Roadtrip...

"Ich biete dir die Gelegenheit, Menschen zu begegnen, die du sonst niemals kennenlernen würdest, Menschen, die vielleicht dein Schicksal verändern. Glaubst du an ...

Zwei Frauen, fünf Tage, ein Roadtrip...

"Ich biete dir die Gelegenheit, Menschen zu begegnen, die du sonst niemals kennenlernen würdest, Menschen, die vielleicht dein Schicksal verändern. Glaubst du an das Schicksal?'

Ich schätze ungewöhnliche Geschichten, und der Klappentext dieses Buches hat mich sofort angesprochen. Marc Levy hat mit Milly, Agatha und Tom einzigartige Charaktere geschaffen. Trotz der wechselnden Erzählperspektiven gelingt es dem Autor, eine besondere Atmosphäre zu erzeugen und gesellschaftliche Themen generationsübergreifend einzubeziehen. An einigen Stellen liest sich die Geschichte wie ein kurzweiliger geschichtlicher Exkurs. Die Annäherung der beiden unbekannten Frauen wird trotz der kurzen Zeitspanne der Handlung glaubwürdig dargestellt. Hier und da hätte ich mir tiefgehendere Einblicke in die Gedankenwelt der Protagonisten gewünscht.

Ab der Hälfte des Buches wird nach und nach Agatha's Vergangenheit aufgearbeitet. Die Spannung bleibt bis zum letzten Moment erhalten, wobei einige meiner Vermutungen zutrafen. Manche Wendung war absehbar, doch das Ende entsprach nicht meiner Erwartung.

Obwohl mir der französische Autor schon länger bekannt war, ist dies mein erstes Buch von ihm.
(Und dann wurde der Schauplatz ausgerechnet von Frankreich in die USA verlegt...)

Die Übersetzung des Titels entspricht dem französischen Original und ist passend gewählt. Der Klappentext bietet einen guten Einblick in die Handlung, ohne zu viel zu verraten. Allerdings empfinde ich die Übersetzung ins Deutsche an einigen Stellen als nicht zeitgemäß, insbesondere das formelle "Sie" in Anlehnung an das amerikanische Original. Das knappe Ende fand ich zufriedenstellend.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2024

"Es gibt kein richtiges Leben im falschen." T. Adorno

Terafik
0

Das Zitat, welches auch im Buch vorkommt, bringt den Inhalt auf den Punkt: "terafik" oder traffic - internationaler Verkehr und Beziehungen. Das Debüt von Nilufar Karkhiran Khozani - ein deutsch-iranisches ...

Das Zitat, welches auch im Buch vorkommt, bringt den Inhalt auf den Punkt: "terafik" oder traffic - internationaler Verkehr und Beziehungen. Das Debüt von Nilufar Karkhiran Khozani - ein deutsch-iranisches Genogramm.

"Selbst in Berlin kam ich mir immer noch vor, als würde ich mich in meinem eigenen Leben immerzu beobachten. Als würde ich über mir schweben und immer weiter von mir wegtreiben wie auf einem Ozean."

Der Roman wartet mit interessanten Perspektivwechseln auf. Zum einen wird die Ankunft von Khosrow (Vater der Autorin) Ende der 70er Jahre in Deutschland in Rückblenden thematisiert, andererseits steht der erste Besuch Nilufars in Iran an. Es ist sind ehrliche und persönliche Einblicke.

Ich bin allerdings zwiegespalten: der fehlende Optimismus und die anhaltende Distanz zu Nilufar machen das Gelesene schwer greifbar, obwohl ich nur wenige Jahre jünger bin als sie und es Parallelen zu meiner eigenen Kindheit in der DDR gibt. Erst nach ca. 170 Seiten habe ich langsam Zugang zu Nilufars Zerrissenheit, der Suche nach Identität und Zugehörigkeit in zwei grundverschiedenen Welten gefunden.

"Ich erinnere mich daran, wie einmal in Berlin ein schmaler, schüchtern aussehender Mann in einem roten löchrigen T-Shirt vor mir am U-Bahnhof Hermannplatz stand. In meinen Gedanken hat er auf einmal eine bauschige Hose an. Ich griff damals am Obststand nach einer Avocado, Getümmel, »ein Euro ein Euro, billig billig billig«, Kinderwagen, Kopftücher, Einkaufstrolleys. Der Mann hielt dem Verkäufer eine Tüte mit Tomaten hin, lächelte, suchte Augenkontakt. »Bitte«, sagte er. Ich konnte die Scham spüren, die er soeben überwunden hatte, Kälte wehte durch die Schreie der Verkäufer, seine durchgedrückten Schultern sagten: »Ich bin hier, ich bitte dich«, der Verkäufer sagte: »Nee, nee, mein Freund, pack das mal alles schön wieder aus, yalla.« Die Erwartung, die von weit her mitgekommen sein musste, in diesem Moment zersprang sie im Gesicht des jungen Mannes, seine Augen wurden leer. Ich legte die Avocado wieder weg und spürte einen Schmerz, obwohl es nicht meiner war."

Die Schilderungen erinnern an bruchstückhafte Fragmente im Episodenstil. Was ist Realität und was Fiktion? Ein imaginäres Leben - was wäre wenn...?

"Nachrichten, Videoclips, Zeichentrickserien, eine Satellitenschüssel voll von Gefühl wie altes Badewasser mit abgestorbenen Schuppen, einer DNA, die nur noch im Äther existiert. Es fließt in sein Leben hinein, nachts Atemaussetzer, Schlafapnoe, Erstickungsgefühl, besser, seit er mit der Maske schläft."

"Ich konzentrierte mich auf die Box und versuchte, nicht zuzuhören. Eine Kette nachkommender Kleenex-Tücher, die wie ein Perpetuum mobile immer weiter aus der Pappbox wuchs. Wie eine Blume, nein, wie eine Hydra, der man portionsweise den Kopf abschlug."

Die abschweifenden Gedankengänge und der bildhafte Schreibstil erfordern Konzentration, strengen auf Dauer aber an. Die Schachtelsätze mit den endlosen Aufzählungen verstärken diesen Effekt. Mir fiel es oft schwer aufmerksam zu bleiben. Hier lohnt sich ein Blick in die Leseprobe.

Es ist nicht mein erstes Buch mit Schauplatz Iran. Anderen gelang es besser mein Interesse aufrecht zu halten. Inhaltlich stehen die Autorin und ihre familären Beziehungen klar im Vordergrund. Ich kann das Buch daher eher als subjektiven Kultur- denn Reisebericht empfehlen. Mich hat das Buch leider nur teilweise erreicht, obwohl zeitgenössische und gesellschaftskritisch Themen aufgegriffen werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.03.2024

Nichts auf der Welt bricht einfach so

So ist das nie passiert
0

"Man kann alles heil machen, solange man das richtige Werkzeug hat." Ist das wirklich so? Die Antwort auf diese Frage liefert das Debüt von Sarah Easter Collins auf den folgenden 400 Seiten...

Gelegentlich ...

"Man kann alles heil machen, solange man das richtige Werkzeug hat." Ist das wirklich so? Die Antwort auf diese Frage liefert das Debüt von Sarah Easter Collins auf den folgenden 400 Seiten...

Gelegentlich lasse ich mich von geschenkten oder geliehenen Büchern überraschen und stürze mich ohne einen Blick auf den Klappentext ins Geschehen. Das zu empfehlen um z.B. unvoreingenommen neue AutorInnen kennenzulernen. Diesen Roman hätte ich wohl selbst nicht gewählt.

Da ich aufgrund des Titels keinerlei Vorstellung vom Inhalt hatte, fühlte ich mich zu Beginn unorientiert, einer unbehaglichen Atmosphäre ausgesetzt. Trotz der Ich-Erzähler-Perspektiven, den unterschiedlichen Blickwinkeln und obwohl bin etwa im Alter der Hauptprotagonisten bin, ist der Funke erst in der zweiten Hälfte des Buches übergesprungen. Ich mache das u.a. an bedrückenden Stimmung und den Geheimnissen fest. Selbst nach mehreren Kapiteln wirkte z.B. Protagonistin Robyn noch distanziert. Die Perspektivwechsel zu Willa und später Claudette sprachen mich hingegen mehr an.

Als besonderes Highlight möchte ich den Ansatz der
"Korrumpierung des Gedächtnisses" hervorheben. Dabei geht um die Fehlbarkeit unserer Erinnerungen, dass unser Verstand Dinge umarbeitet und selbst Schlüsselerlebnisse aus unserer Kindheit womöglich Einbildung sind. Ein faszinierendes Motiv, welches treffen gewählt und umgesetzt wurde und außerdem zum Nachdenken angeregt. Auch die Verbindung zum japanischem Kintsugi ist gelungen und die Rückblenden auf die Geschehnisse vor 20 Jahren sorgen für Spannung.

Die unerwarteten Misshandlungen von Mensch und Tier sind in Kombination mit dem Thema Missbrauch sicher nicht ungewöhnlich, aber für zartbesaitetere Lesende eventuell ungeeignet.

Ob sich mit dem richtigen Werkzeug wirklich alles heilmachen lässt, können die Lesenden nach der Lektüre für sich selbst entscheiden...

PS Bei dem Titel meiner Bewertung handelt es sich um die übersetzte Bezeichnung des englischen Originals. Diese sowie den dazugehörigen Klappentext finde ich im Nachhinein passender als die deutschen Versionen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.03.2024

Seltsame Zufälle und seltsame Fährten

Die Hausboot-Detektei - Tödlicher Stoff
0

Die Leseprobe von "Die Hausbootdetektei: Tödlicher Stoff" entführt die Lesenden auf ein charmantes Hausboot im regnerischen Amsterdam. Passend zum derzeitigen Frühlingswetter hatte ich spontan Lust auf ...

Die Leseprobe von "Die Hausbootdetektei: Tödlicher Stoff" entführt die Lesenden auf ein charmantes Hausboot im regnerischen Amsterdam. Passend zum derzeitigen Frühlingswetter hatte ich spontan Lust auf die gedankliche Reise in die Niederlande...

Die Gestaltung der Cover der Reihe hinsichtlich Farbwahl und Details gefällt mir ausgesprochen gut. Der Plot vom dritten Teil ist ebenfalls gelungen: kurzweilig und ansprechend, eine nicht alltägliche Geschichte mit niederländischem Flair und Lokalkolorit. Die Beschreibungen vermitteln das Gefühl die Stadt zu kennen. Das sorgt für Glaubwürdigkeit. Stilistisch ist das Buch leicht lesbar und atmosphärisch.

Die Ermittlungen zum im Klappentext erwähnten Unfall starten zügig. Nach 3 Kapiteln sind die wichtigsten Protagonisten eingeführt. Mir persönlich haben auch keine Vorkenntnisse aus den vorherigen Bänden gefehlt.

Amy Achterop zeichnet mit Arie Poepjes einen glaubhaften Hauptprotagonist, der zwischen den Grachten der niederländischen Hauptstadt eine Hobby-Detektei gegründet hat. Ihn und Hund habe ich bereits nach dem ersten Kapitel ins Herz geschlossen. Ich mochte auch die differenzierte Darstellung sowie die verschiedenen Blickwinkel der weiteren Charaktere (insbesondere den des Gnadenhof-Besitzers) und die gemütliche Atmosphäre auf der "Lakshmi". Treffend fasst es dieses Zitat zusammen: "Solche Freunde will ich auch haben"

Der Spannungsbogen hat für meinen Geschmack noch ein wenig Luft nach oben. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Regel Nr. 9 und deren kreative Auslegung ("Manchmal ist es unmöglich, sich an das Gesetz zu halten und gleichzeitig das Richtige zu tun. Im Zweifel wählen wir Letzteres.") nicht den Geschmack aller Lesenden trifft - zumindest nicht derjenigen mit ausgeprägtem Realitätssinn und hoher Moralvorstellung Für mich vervollständigt sie die unkonventionelle Hausboot-Detektei.

Fazit: Unterhaltsame Cozy Crime in klassischer Whodunit-Manier im frühlingshaften Amsterdam mit liebenswerten Charakteren. Ich freue mich nach der Trilogie von Britta Bolt eine ähnliche Reihe gefunden zu haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2024

Was wäre, wenn...

10 Tage in Vancouver - Jahre später / 10 Tage in Vancouver
0

Meine anfängliche Begeisterung ist leider innerhalb weniger Seiten verflogen... Dabei hat Jutie Getzler eine tolle Vorlage in Form eines interaktiven Romans geliefert.

Das Buch stand schon länger in meinem ...

Meine anfängliche Begeisterung ist leider innerhalb weniger Seiten verflogen... Dabei hat Jutie Getzler eine tolle Vorlage in Form eines interaktiven Romans geliefert.

Das Buch stand schon länger in meinem Regal und vermutlich bin ich mit 37 Jahren einfach nicht mehr die richtige Zielgruppe. Sowohl New Adult als auch Young Adult sind aus diesem Grund nicht meine bevorzugten Genres und ich hätte den Roman - aufgrund des Alters der Hauptprotagonisten (ca. 25-30 J.) - auch nicht in einer dieser Kategorien erwartet.

Die unterschiedlichen Ansätze sind charmant: zufällige, unbewusste Entscheidungen (wie z.B. die Wahl eines Taxis) können unverhoffte Folgen haben... Die Ausgestaltung der einzelnen Verläufe hätte für meinen Geschmack ein wenig kreativer bzw. diverser ausfallen dürfen, teilweise wurden vermeintlich nur die Rollen vertauscht. Zu meinem Missfallen verhalten sich die meisten Handelnden wie Teenager, was den Mangel an Tiefgang verstärkt. Man erfährt wenig aus dem Alltag und bisherigen Leben der Beteiligten. Innerhalb der 10 Tage richten alle Beteiligten den Fokus auf (die ihnen bis dato unbekannte) Lara. Eigene Pläne oder gar Verpflichtungen: Fehlanzeige...

Leider haben alle Versionen einen gemeinsamen Nenner: widersprüchliches Verhalten. "...ich hätte lieber zentraler - irgendwo in Downtown gewohnt..." Sechs Sätze weiter: "Ich kann es mir vorstellen, wollte dort [in New York] nicht wohnen. In der Beziehung bin ich ein Landei."

Auch die sprunghaften Meinungsänderungen verringern die Glaubwürdigkeit, wenn z.B. eine zufällige Entdeckung "der Hammer ist", um zwei Absätze weiter als "langweilig" bezeichnet zu werden - mit der festen Absicht nach kurzer Zeit zu besagter Attraktion zurückkehren zu wollen.

Oder die Erkenntnis "Erstaunlich, wie die Gewohnheit Dinge verändert" - die Rede ist von einem Zeitraum von 24 Stunden! Lara blieb mir dadurch über alle Handlungsstränge hinweg fremd. Die Handlung ist über weite Strecken meilenweit entfernt von jeglicher Realität. Da verwundert es auch nicht, dass Lara die Reise völlig unvorbereitet angetreten hat...

Die drei Geschichten umfassen 120 bis 200 Seiten, wobei vor allem die kürzeste Version zu Lasten der Substanz geht, indem einige Tage komplett ausgespart werden. Inhaltlich kommt es auf den wenigen Seiten zu Wiederholungen des gerade Erlebten. Alle Geschehnisse und Worte werden peinlich genau aus Lara's Perspektive analysiert und es bleibt kaum Raum für eigene Gedanken. ("Ich denke, er freut sich wirklich, dass ich hier bin. Es ist bestimmt doof, mit Mitte zwanzig ausschließlich Senioren um sich zu haben. Wie alt mag er sein?") Diese Zwiegespräche nehmen viel Raum ein und unterbrechen für mich persönlich den Lesefluss.

Tag 2 nach der Ankunft in Vancouver: "Sein Dackelblick trifft mitten in mein Herz. Lachend schaue ich in seine schönen Augen und fühle mich eigenartigerweise wie von einer schweren Last befreit. Ich bin mir sicher, was auch immer er mir nicht sagen kann oder will, was auch immer es ist, wir zwei überstehen das, denn wir gehören zusammen. Er scheint erleichtert, nimmt mich unglaublich sehnsüchtig in seine Arme."

Belanglosigkeiten enden in überbordenden emotionalen Beschreibungen, Kleinigkeiten werden ständig bereut oder direkt entschuldigt. Sobald Lara nur einen Blick zugeworfen bekommt (was des Öfteren geschieht), kann sie keinen klaren Gedanken mehr fassen... Ich möchte es am liebsten nicht erwähnen, aber hier ist gelegentlich Fremdschämen angesagt.

Insgesamt würde ich das Buch als Sammlung von drei Szenarien der gleichen Hauptprotagonistin in Episodenform beschreiben. Ohne zu viel verraten zu wollen: im Hinblick auf den kurzen Zeitraum der Handlung sind alle ziemlich unrealistisch. In Kombination mit der stetigen "Unsicherheit" und den "Geheimnissen" ist das Konzept leider wenig überzeugend. Des Weiteren war für mich die "Interaktivität" enttäuschend. Ein einziger Auswahlpunkt zu Beginn der Handlung? Hier wurde viel Potential verschenkt. 2-3 weitere Wahloptionen hätte ich mir in jedem Fall gewünscht, war dies doch mein Hauptgrund zu diesem Roman zu greifen. Tatsächlich erscheint mir die Umsetzung aufgrund der parallelen Handlungsstränge und verschiedenen Protagonisten jedoch sehr komplex. Das wäre mit einem linearen Erzählstrang einfacher umzusetzen. Der Schauplatz ist gut gewählt, spielt aber keine große Rolle.

Mit der eigentlich einfachen Sprache bin ich nur schwer warm geworden, vor allem die häufige Verwendung von Adjektiven sticht hervor und bauscht Nebensächlichkeiten übertrieben auf. Dafür das Lara's Englisch vermeintlich schlecht ist, drückt sie sich sehr wortgewandt in der ungewohnten Fremdsprache aus. Die Ausdrucksweise wirkt jedoch des Öfteren unpassend, teilweise kindlich. ("...ich schmelze in seinen Armen dahin wie ein Stück Wachs, dass jemand in eine Flamme geworfen hat.") Hinzu kommt eine hohe Anzahl von Wortwiederholungen und Ausdrucksweisen, die ich nicht anders als schwülstig bezeichnen kann. (scheue Lächeln, verzeihendes Grinsen, Verängstigung, Verwunderung) Fremde Menschen interagieren ab dem Moment des Kennenlernens ausschließlich "behutsam", "sanft", "liebe- und rücksichtsvoll" und sind überaus "empfindsam".

Hier ein Beispiel: "Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut, im nächsten Moment seine Lippen, die unablässig meine küssen. Meine Beine fühlen sich watteweich an, die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen Rumba und mein Herz trommelt wie die Buschtrommeln einer Sippe australischer Eingeborener, die eine Hochzeit feiern. Niemand anders hat solch ein Gefühl im Blick und küsst dermaßen hingebungsvoll"

Für die Prüfung von Wortwahl, Rechtschreibung und Interpunktion trägt ganz klar das Lektorat die Verantwortung. Zwischenzeitlich wurden zu allen Konstellationen Folgeromane veröffentlicht. Bei einer Entstehungszeit von 11 Jahren stellt sich mir die Frage, ob hier eventuell zu viele Überarbeitungen das Ergebnis geschmälert haben könnten...

Warum ich das Buch nicht abgebrochen habe? Ich möchte mir ein vollständiges Bild machen und habe in diesem Fall auf Besserung gehofft... Und tatsächlich hat mich meine zuletzt aufgesparte Version sowohl stilistisch als inhaltlich am meisten angesprochen. Diese hebt sich ganz klar von den zuvor genannten Kritikpunkten ab. (Hier treten Lara's umfangreiche Gedankengänge etwas in den Hintergrund und der Handlungsverlauf ist etwas offener gestaltet.)

Das Durchhalten hat sich also gelohnt, allerdings bleibt mein Gesamteindruck mittelmäßig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere