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Veröffentlicht am 02.11.2024

Freiheit ist das wichtigste Gut

Das Glück am Ende des Ozeans
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Ich hatte über viele Seiten das Gefühl einen Erstlingsroman zu lesen, aber dem ist nicht so...

Aufgrund des Klappentextes war ich auf die Ereignisse während der Überfahrt gespannt und überrascht, dass ...

Ich hatte über viele Seiten das Gefühl einen Erstlingsroman zu lesen, aber dem ist nicht so...

Aufgrund des Klappentextes war ich auf die Ereignisse während der Überfahrt gespannt und überrascht, dass dieser Abschnitt lediglich drei kurze Kapitel umfasste. (Allzu vorhersehbar kann man die Handlung daher nicht bezeichnen.) Die Darstellung wirkt bis dahin sprunghaft, wie eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse. Weitere Szenen hätten der Entwicklung gut getan. Auch der Blick in die Gefühlswelt der drei Protagonistinnen bleibt anfangs verwehrt, von Freundschaft keine Spur. Das Verhalten nach dem verbindenden Ereignis ist unglaubwürdig, vor allem seitens der amischen Gottwitha. Annett's vehementes Auftreten dürfte ebenfalls kaum dem einer 18-Jährigen Mitte des 19. Jahrhunderts entsprechen. Dies widerspricht vor allem der Tatsache, dass sie ihr 2.-Klasse-Ticket samt eigener Kabine ohne schlüssige Begründung für einen Platz im Zwischendeck aufgegeben hat. (Gleichwohl konnte sie jedoch gefälschte Papiere besorgen?) Ich könnte hier noch weitere Beispiele nennen, möchte aber nicht spoilern.

Die Sprache ist einfach und bemüht sich damaliger Ausdrucksweisen zu bedienen: "Und kaum waren diese Worte ausgesprochen, da musste sie wieder bitterlich weinen, und ihre Schultern bebten, die Nasenflügel zitterten, die Brüste hoben und senkten sich. Vivian versuchte nun gar nicht mehr, Gottwitha zu beruhigen, sondern wartete einfach, und dabei lächelte sie."

Ich hätte nach den ersten Kapiteln fast aufgegeben, breche Bücher jedoch ungern ab. Die Schicksale von Annett, Gottwitha und Susanne werden nach der Ankunft in New York abwechselnd weiterverfolgt, die unterschiedlichen Lebenswege etwas tiefgründiger betrachtet.

Da ich an der Lebensweise der Amischen großes Interesse habe und u.a. mehrere Siedlungen in den USA besuchen durfte, war ich an diesem Teil besonders interessiert. Die Darstellung unterscheidet sich deutlich von den gottesfürchtigen Familienmenschen (mit starkem Gemeinschaftssinn), die mir persönlich und in anderweitigen Schilderungen begegnet sind. An der historischen Genauigkeit habe ich darüber hinaus ebenfalls Zweifel. Vermutlich ist mit dem mehrfach erwähnten Batterfield Park, der New Yorker Battery Park gemeint?! Nach mehreren Besuchen der Stadt hat auch Google keine Erklärung für die abweichende Bezeichnung gefunden.

Fazit:
Die Geschichte bleibt insgesamt trivial, lässt aber in Ansätzen Potential erkennen. Viele wichtige Themen wirken wahllos platziert und oberflächlich abgehandelt. Leider bleiben dabei auch Klischees nicht aus, vor allem gegen Ende des Buches.

Tipp: Wesentlich gelungener in Bezug auf die Auswanderer-Thematik ist beispielsweise "Schiff der tausend Träume" von Leah Fleming.

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Veröffentlicht am 24.10.2024

Frankie oder das Mädchen, dass die Welt verändern wollte

Die Frauen jenseits des Flusses
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Bei Kristin Hannah's Neuerscheinungen greife ich meist blind zu und lasse mich von den abwechslungsreichen Inhalten überraschen. Auch diesmal war ich schnell mitten im Geschehen, genauer gesagt: mit Hauptprotagonistin ...

Bei Kristin Hannah's Neuerscheinungen greife ich meist blind zu und lasse mich von den abwechslungsreichen Inhalten überraschen. Auch diesmal war ich schnell mitten im Geschehen, genauer gesagt: mit Hauptprotagonistin Frankie auf dem Weg von den USA ins südvietnamesische Kriegsgebiet...

»Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frag, was du für dein Land tun kannst.« Patriotismus, (falsche) Entscheidungen oder Pflichtbewusstsein? Lässt sich damit wirklich die Welt verbessern? Auf diese und andere Fragen liefert die Autorin auf 542 Seiten bzw. innerhalb von 17,5 Hörstunden Antworten. Nach der Leseprobe habe ich mich diesmal für das Hörbuch entschieden, kann jedoch beide Versionen empfehlen. Den Klappentext finde ich passend. Es wird nicht zu viel vom Inhalt des Buches verraten. Bei Titel und Cover bevorzuge ich die US-Ausgabe. ("The women")

Frankie's Weltbild der Frauen im Kalifornien kurz nach Kennedy's Ermordung löst sich (etwas zu) schnell in Wohlgefallen auf. Natürlich sind auch mir impulsive Entscheidungen nicht fremd, aber sich nach 2 kurzen Begegnungen für den Kriegsdienst zu melden, erscheint etwas blauäugig - vor allem mit Blick auf ihren familiären Hintergrund. Vielleicht sorgt aber gerade dieser Umstand dafür, dass ich umso gespannter Frankie's Weg begleitet habe, nachdem die Realität sie - rasch & unbarmherzig - eingeholt hat... Trotz der Schilderung des harten Krankenhausalltags im Kriegsgebiet, gelingt der Autorin eine realistische Darstellung der Geschehnisse. Statt ins Negative abzudriften und sich in Klischees zu verlieren, gibt es Lichtblicke und Hoffnungsschimmer. Der Zeitgeist der 60er und 70er Jahre wurde gut getroffen. Die gelegentliche Erwähnung der Musiktitel hat mich an den Soundtrack von Forrest Gump erinnert.

Nachdem ich Vietnam vor der Pandemie bereisen durfte, war ich besonders an den Schauplätzen und Einblicken in den (Kriegs-)Alltag interessiert. Der erste Teil hat diesbezüglich meine Erwartungen voll erfüllt. (****) Die knapp 2/3 des Buches umfassen Frankie's Rekrutierung, Stationierung und Rückkehr. Der 2. Teil setzt 1971 ein und schildert Frankie's Alltag nach der Rückkehr in die USA. Der Grat zwischen Erinnerungen und Schuld sowie Heilung und Heldentum ist schmal. Hier fiel das Buch leider für mich ab. (**) Manches wurde zu schnell abgehandelt, bei einigen Charakteren und dem Ende wurde Potential verschenkt.

Vorkenntnisse sind für die Lektüre nicht erforderlich, aber evtl. mit Blick auf die geschichtlichen Hintergründe von Vorteil. (Hinweis: Nachdem ich das Kriegsopfermuseum in Ho-Chi-Minh-Stadt, dem ehemaligen Saigon, besichtigt habe, empfand ich die Beschreibungen im Buch als authentisch - Zartbesaitete seien jedoch vor den Kriegsverletzungen gewarnt. Außerdem könnte das Buch noch weitere Themen triggern. Ich möchte hier jedoch nicht spoilern.)

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Vom Gewicht des Verlustes und der Schuld des Überlebens

Suche liebevollen Menschen
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"Du sollst kein Täter sein, du sollst kein Opfer sein und niemals, unter keinen Umständen, ein Zuschauer.“ Yehuda Bauer

Das es sich bei diesem Buch keinesfalls um leichte Kost handelt, verrät ein Blick ...

"Du sollst kein Täter sein, du sollst kein Opfer sein und niemals, unter keinen Umständen, ein Zuschauer.“ Yehuda Bauer

Das es sich bei diesem Buch keinesfalls um leichte Kost handelt, verrät ein Blick auf den Klappentext und das vorangestellte Zitat. Ich brauchte daher einige Tage für die gut 300 Seiten umfassende Lektüre. Der Schreibstil mit häufig verwendeten Satzfragmenten ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, könnte jedoch der Übersetzung geschuldet sein.

Bereits die Einleitung macht neugierig auf die einzelnen Schicksale. Man spürt sofort an wie viel Mühe sich Julian Borger bei seiner Recherche, der Spurensuche der Schicksalsgeschwister, gemacht hat. Das folgende Zitat ist der Webseite JewishGen.org, entlehnt und repräsentiert teilweise die Beweggründe des Autors: „Wir können nicht in der Vergangenheit leben, und wir können sie nicht zurückfordern. ... Aber wir dürfen zulassen, dass die Erinnerung an die Vergangenheit uns prägt, unser Identitätsgefühl prägt und das prägt, was wir an künftige Generationen weitergeben."

Ich mag den eindrucksvollen Stil, der sowohl sachlich als persönlich ist und aus kurzen Annoncen sowie Erinnerungen Menschen samt ihrer Geschichten zu neuem Leben erweckt. Den roter Faden bildet über 12 Kapitel die Familienhistorie der Borgers - geschickt verwoben mit den Biografien weiterer Inseraten-Kinder und unter Bezugnahme auf das damalige Weltgeschehen. In jungen Jahren aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen, wurden sie auf sich allein gestellt von den Schrecken des Krieges erfasst.

Der persönliche Anteil verdrängt zunehmend die geschichtlichen Hintergründe. Trotz aller Entbehrungen und Verluste vermittelt die Geschichte Hoffnung in Form von unterschiedlichsten Lebenswegen und kleinen Wundern - obwohl die detaillierten Erinnerungen erschüttern. Den gemeinsamen Nenner bildet die Frage "Was wäre, wenn...?" Besonders die Schicksale von Manfred Schwarz und Lisbeth Weiss bewegen und stehen exemplarisch für die endlosen Gräueltaten: "Plötzlich ist man im Dunkeln eingeschlossen", schreibt Fred. „Die Lok pfeift, der Zug setzt sich in Bewegung. Wir sind unterwegs. Wohin?"

Ich würde das Werk als biografisches Sachbuch bezeichnen, welches zum Nachdenken anregt und Interessierten zu empfehlen ist. Borgers kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Verantwortung ist sowohl zeitgemäß als auch objektiv. Er stellt Fragen, die uns alle betreffen, und fordert uns auf, unser eigenes Handeln zu hinterfragen. Ich bin 38 Jahre alt und hoffe das dieses wichtige Buch dazu beiträgt, Verständnis und Mitgefühl zu wecken - denn: "Am Ende ist die Geschichte eines Lebens die Geschichte von Zufällen."

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Veröffentlicht am 28.08.2024

Bienvenue au château Brémont

Das kleine Weingut in Frankreich
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"Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die sich mit schwierigen Familienthemen herumschlagen müssen – möge es für euch ein Licht am Ende des Tunnels geben."

Diese Widmung hat die Autorin dem neusten Teil ...

"Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die sich mit schwierigen Familienthemen herumschlagen müssen – möge es für euch ein Licht am Ende des Tunnels geben."

Diese Widmung hat die Autorin dem neusten Teil der Romantic-Escapes-Reihe vorangestellt, aber ich habe etwas völlig anderes im Hinblick auf die folgende Geschichte erwartet. Bei Julie Chaplin's Neuerscheinungen greife ich blind zu und bin gespannt, mit welchem Inhalt Sie diesmal überrascht.

Auch im 10. Band ist man wieder direkt im Geschehen, genauer gesagt: mit der sympathischen Hattie im Château Saint Martin. Zwecks einer detaillierteren Inhaltsangabe verweise ich auf den Klappentext. Ein Pluspunkt ist wie gewohnt das lokale Flair: die Landschaftsbeschreibung samt Kulinarik.Champagnerproduktion zählt nicht unbedingt zu meinen Interessen, aber auf die Autorin ist wie immer Verlass: das Thema wurde informativ und kurzweilig in die Handlung eingebunden. Ebenso gibt es ein gut gewähltes Wiedersehen mit bekannten Protagonisten aus den vorherigen Geschichten.

Leider waren das Verhalten der Protagonisten und der Plot diesmal klischeehaft, oberflächlich und vorhersehbar. Die Kapitel wirkten teils episodenhaft und ich hätte mir etwas mehr Einblick in das Alltagsgeschehen auf dem Chateau gewünscht. Mit Letzterem habe ich gerade bei dieser Reihe kein Problem, allerdings störte mich der negative Unterton, welcher durch die Spielchen und Intrigen vor allem im ersten Teil vorherrschte. Hattie hatte es ziemlich schwer zuversichtlich zu bleiben. Auch die Liebesgeschichte(n) fand ich wenig überzeugend.
Ich hätte mir mehr Spannung und Tiefgang gewünscht, da das Setting wirklich Potenzial bot.

"Das kleine Weingut in Frankreich" von Julie Caplin hat zwar einen charmanten Schauplatz und einige nette Momente, konnte mich jedoch nicht wirklich überzeugen.

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Veröffentlicht am 14.08.2024

Frie & Robert - Biografie einer Liebe

Man sieht sich
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"Es gibt kaum ein Unterfangen, das mit so ungeheuren Hoffnungen und Erwartungen begonnen wird und das mit einer solchen Regelmäßigkeit fehlschlägt wie die Liebe."

Obwohl ich einige Jahre jünger bin als ...

"Es gibt kaum ein Unterfangen, das mit so ungeheuren Hoffnungen und Erwartungen begonnen wird und das mit einer solchen Regelmäßigkeit fehlschlägt wie die Liebe."

Obwohl ich einige Jahre jünger bin als die Protagonisten, habe ich direkt einen Draht zu Frie und Robert gehabt. Die Autorin schafft von Beginn an eine Verbindung, die mir bisher nur selten begegnet ist. Vielleicht liegt aber einfach daran, dass bei mir kürzlich das 20-jährige Abschlusstreffen anstand und einige Parallelen - auch zur zurückliegenden Schulzeit - bestanden.

"Man sieht sich" ist ein beeindruckender Roman, der die Höhen und Tiefen einer Freundschaft über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren nachzeichnet. Im Mittelpunkt stehen Robert und Frie, zwei Charaktere, deren Lebenswege unterschiedlicher nicht sein könnten.

Klassische Liebesgeschichten zählen nicht unbedingt zu meinen literarischen Vorlieben, allerdings fand ich in diesem Fall die authentische Schilderung überaus gelungen. Die Kapitel werden abwechselnd aus den Perspektiven der Hauptprotagonisten erzählt. Die Leichtigkeit bleibt dabei auf 400 von 480 Seiten erhalten - gegen Ende wird es ein wenig anstrengend. Zum Glück kompensiert dies der flüssige Schreibstil der Autorin.

Julia Karnick war mir nicht bekannt. Das Buch hätte ich mir - wie so häufig bei Überraschungen - nicht selbst ausgesucht...mich reizt jedoch gelegentlich das Unerwartete. Titel und Cover sind auf das Wesentliche reduziert und äußerst passend. Der Klappentext gibt einen guten Überblick des Inhalts.

Ich habe meine Rezension bewusst allgemein gehalten um nicht zu Spoilern. Dieses Buch muss man einfach selbst lesen!

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