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Veröffentlicht am 03.07.2019

Auf dem Weg zur Gleichberechtigung im islamisierten Norden

Wintermaid
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Lhan ist die Wintermaid. „Die Jungfrau, die alle zehn Winter ausgesandt wurde, um den Bergen zu zeigen, wer die wahren Herrscher im Gebirge waren. Nicht die Schneestürme, Lawinen, Steinschläge oder Eisgeister. ...

Lhan ist die Wintermaid. „Die Jungfrau, die alle zehn Winter ausgesandt wurde, um den Bergen zu zeigen, wer die wahren Herrscher im Gebirge waren. Nicht die Schneestürme, Lawinen, Steinschläge oder Eisgeister. Nein, die Menschen waren es. Denn selbst ein schwaches Mädchen konnte es mit dem Winter in den Bergen aufnehmen und ihn bezwingen.“ (S.19)
Deswegen sitzt Lhan mit einem verletzten Knöchel und einem sterbenden Widder in einer Höhle und lauscht den Schreien eines Eisgeistes. Sie hat Angst. Sie hat so viel über Eisgeister gehört: „Jedes Kind wusste was mit Menschen geschah, die von einem Eisgeist gebissen wurden. Sie verwandelten sich selbst in Eisgeister, dazu verdammt im Gebirge zu hausen und des Nachts in die Häuser einzudringen, um Säuglinge im Schlaf zu ersticken oder Menschen bei lebendigem Leibe aufzufressen.“ (S. 26)
Ihr gesamtes Wissen über Eisgeister hat sie vom Zeremonienmeister gelehrt bekommen. Zwei Jahre lang wurde sie darauf vorbereitet die Wintermaid zu sein. In ihrem Dorf herrschen die Männer. Frauen gehören den Männern und dürfen ohne männliche Begleitung das Haus nicht verlassen. Deswegen ist es eine große Ehre als Wintermaid in die Berge zu ziehen. „Als gäbe es eine Frau, die über ausreichend Verstand verfügte, ein Volk zu regieren. […] Jedes Kind wusste, dass nur Männer geborene Anführer waren. Frauen zählten lediglich zum Besitz eines Mannes. Im Grunde waren sie nicht einmal richtige Menschen.“ (S. 40) „Bei einem Brand bestanden die Männer im Dorf darauf, dass ihre Frauen eher verbrannten, als das sie von anderen Männern auf offener Straße angeschaut werden konnten.“ (S.91)

In den Bergen trifft sie auf einen Eisgeist, betäubt ihn und schafft ihn in ihr Dorf zurück. Auf dem Weg dahin, plappert der Eisgeist viel unsinniges Zeug und Lhan ist bemüht sich nicht davon durcheinander bringen zu lassen. „Sie wollen, dass du hier oben stirbst“, fuhr der Eisgeist fort. „Du bist ein Opfer für die grausamen Götter der Berge. Dein Tod soll sie besänftigen. Dabei gibt es gar keine Götter in den Bergen, nur die Kräfte der Natur. Erosion, Tektonik, Feuer speiende Berge, Lufstströme ...“ „Schweig!“ […] „Eisgeister sind wie die Kirschvögel, […]. Sie reden nicht, sie plappern nur wirres Zeug.“ (S. 36)
Sie kann dem Eisgeist nicht glauben, obwohl sich im Dorf schnell zeigt, dass er mit seiner Aussage recht hat.

Der Dorfalltag, in dem Frauen nichts dürfen, nichts können und schon gar nichts sind, ist überspitzt dargestellt. Viele Verhaltensweisen, Ansichten und Regeln sind überzogen, wie oben im Zitat von S.91 gezeigt. Der Vergleich mit dem Islam drängt sich förmlich auf.
Die gleichberechtigte Gesellschaft der Eisgeister steht dazu im starken Kontrast . Sie werden von einer Königin regiert, teilen ihr Wissen mit allen und sind von Grund auf friedliche Wesen.
Die Wintermaid Lhan ist das beste Beispiel dafür, wie sehr die Frauen unterdrückt und dumm gehalten werden: sie wiederholt alles über die Eisgeister, was sie vom Zeremonienmeister gelernt hat, obwohl ihre Beobachtungen dem widersprechen, wie im Zitat oben von S. 26. Als sie ins Dorf zurück kehrt, wird ihr offenbart, dass sie an einen Mann verkauft wurde und akzeptiert dies nur widerwillig. „Ihr Ehemann würde stolz auf sie sein. […] Aber wenn sie dem alten Horg eine ergebene Ehefrau wäre, dann könnte sie es vielleicht wagen, ihn um Geld für ihre Mutter zu bitten.“ (S.58-59) Die Sitten sind barbarisch: „Ich habe den Beschneider einbestellt. Morgen Nacht […] macht er aus dir eine richtige Frau. Das ist mein Hochzeitsgeschenk für dich.“ (S.75)

In Wintermaid gibt es zwei zentrale Themen: Lhans Abenteuer in den Bergen und die Rolle der Frauen in ihrem Dorf. Im Anhang findet sich „Eine unsortierte Faktensammlung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt“ (S.189) mit einigen Fakten und ihren Quellen bezüglich der Unterdrückung der Frau in der heutigen Zeit.
Es bleibt zu hoffen, dass Lhan sich nicht in eine männerhassende Feministin wandelt, die das generische Maskulinum ablehnt und in ihrem Hang zur Gleichberechtigung den Gender* überstrapaziert. Dahingehend habe ich hohe Erwartungen an die Fortsetzung, die von der Autorin schon angekündig wurde.

Veröffentlicht am 29.06.2019

Zähflüssig

Der Gesang der Bienen
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Der Zeidler (heute: Imker) Seyfried ist ein einfacher Mann. Er kümmert sich um die Bienenstöcke hinter seinem Haus, sucht aber auch wilde Bienen im Wald. Er verkauft Honig, Wachs, Kerzen und andere Bienenprodukte ...

Der Zeidler (heute: Imker) Seyfried ist ein einfacher Mann. Er kümmert sich um die Bienenstöcke hinter seinem Haus, sucht aber auch wilde Bienen im Wald. Er verkauft Honig, Wachs, Kerzen und andere Bienenprodukte an umliegende Kloster und wohlhabende Bürger. Er wohnt mit seiner Frau und drei Kindern auf einer Lichtung in dem selbstgebauten Zeidlerhaus. Auch wenn ihn Schatten aus seiner Vergangenheit quälen, schafft es seine Frau Elsbeth sie immer wieder zu vertreiben.
Als Elsbeth zum Tode verurteilt und auf die Staufenburg in den Kerker verschleppt wird, macht Seyfried sich auf den Weg zur berühmten Heilerin Hildegard von Bingen.

„Sie ist ein Weib und kann allein deshalb keine Heilerin sein. Sie muss mit dem Teufel im Bunde stehen!“ […] „Wieso hört man dann landauf und landab von einer heiligen Frau, die sich auf die Heilung Kranker versteht?“ (S. 85)

Hildegard von Bingen ist eine historische Persönlichkeit, die auch heute noch mit ihren Heilungsansätzen berühmt ist. Der Autor schreibt im Nachwort, wie er sich an Hildegard als Romanfigur angenähert hat und betont noch einmal, dass Der Gesang der Bienen vor allem ein Abenteuerroman und keine Biografie sei.
Die Äbtissin Hildegard wird über allen erhaben dargestellt; sie lässt Bittsteller aus Prinzip warten, mischt sich in politische Angelegenheiten ein und demütigt hohe Persönlichkeiten mit ihren Briefen oder Boten. Doch wird sie auch als hilfsbereit und mütterlich beschrieben; sie gibt Rat bei Krankheiten und bemüht sich um das Wohl ihrer Nonnen, vor allem um das Wohl der Novizin Adelheyd. Die hochehrwürdige Mutter bezeichnet sich selbst als „einfachste Dienerin ihres Herren“ (S. 408), doch benimmt sie sich gegenüber dem weltlichen König, der mit Gottes Gnaden regiert, nicht sehr einfach oder demütig: „Adelheyd ging auf die Knie, während Hildegard sich nicht einmal verbeugte.“ (S.405)
Als Seyfried auf sie trifft, wird er auf eine harte Geduldsprobe gestellt: nachdem er fast zwei Tage auf eine Audienz gewartet hat, gibt Hildegard ihm einen auf den ersten Blick unlösbaren Auftrag: er soll ihr einen Schwarm Bienen bringen. Doch der Zeidler ist einfallsreich und bringt ihr nicht nur die Bienen, sondern hilft dabei auch noch dem ortsansässigen Zeidler und seiner Tochter Hanna. Allerdings ist die hochehrwürdige Mutter Hildegard nicht so einfach zufrieden zu stellen und Seyfried läuft die Zeit davon.

„Noch dazu kennt sich auch Hanna mit Bienen aus. Sie mag langsam sein in ihrem Denken, aber sie kann den Gesang der Bienen hören.“ (S.264)

Die Bienen sind ein durchgängiges Thema in diesem Buch. Die Kinder von Seyfried und Elsbeth wachsen mit einem eigens gedichteten Bienenlied auf, das Summen erfüllt im Sommer die Luft und Verhaltensweisen der Bienen werden ausführlich beschrieben, vor allem das Schwarmverhalten. Trotzdem sind die Bienen eher Mittel zum Zweck. Ein schönes Beiwerk zur Geschichte. Seyfried könnte auch Botaniker sein und Hildegard eine seltene Pflanze verlangen. Die Geschichte würde gleich ausgehen. Vielleicht hatte der Autor mit dem Gesang der Bienen eine Anspielung auf die Familie des Zeidlers im Sinn, welcher sich mir nicht erschlossen hat.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Religion. 1152 ist das Christentum weit verbreitet und überall finden sich Ritter auf Kreuzzügen oder erzählen von diesen. Die Äbtissing Hildegard ist erst kürzlich nach Bingen gezogen um dort ein neues Kloster aufzubauen. Die Nonnen verbringen ihre Tage mit Beten und Arbeiten. Seyfrieds Frau und Kinder beten regelmäßig vor dem Essen und zu Bett gehen. Einzig Seyfried hat den Glauben an einen barmherzigen Gott verloren. Dies führt zu Irritation und Reibereien vor allem mit Hildegard.

Neben Hildegard und dem Zeidler Seyfried geht es auch noch um seine Tochter Anna. Sie ist 14 Jahre alt und muss nach der Verurteilung ihrer Mutter mit ihrem Bruder zusammen auf der Staufenburg in der Küche arbeiten.

Der Gesang der Bienen ist ein Abenteuerroman. Über einen Mann, der seine Frau retten möchte; über ein Mädchen, das zu schnell erwachsen werden muss; über einen Mord, der gesühnt werden soll; über eine Äbtissin und ihre Ränkespiele. Die Reise Seyfrieds ist lang und mühselig, denn er ist zu Fuß unterwegs. Dementsprechend langwierig ist auch die Geschichte.
Das Ende war zufriedenstellend, da alle losen Fäden zusammengeführt wurden und einen Abschluss gefunden haben. Bis dahin wirkten Teile der Geschichte zusammenhanglos und wie Füllmaterial. Anstrengend waren die Spiele Hildegards mit Elsbeths Leben; ich habe zwar am Ende ihre Gründe dafür nachvollziehen können, trotzdem wirkte ihr ganzes Gehabe unnötig. Das Buch liest sich durch die ständigen Wortwechsel zwischen Seyfried und Hildegard zähflüssig. Einzig Annas Geschichte bringt etwas Spannung, die ebenso schnell vergeht wie Honig auf der Zunge.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Über den Wolken ...

Aeronautica
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Die Aufmachung der Bücher aus dem art skript phantastik Verlag macht jedes Buch zu etwas besonderem, schon bevor man in die Geschichten überhaupt eintaucht. Dieses Buch ist außen schlickt gehalten mit ...

Die Aufmachung der Bücher aus dem art skript phantastik Verlag macht jedes Buch zu etwas besonderem, schon bevor man in die Geschichten überhaupt eintaucht. Dieses Buch ist außen schlickt gehalten mit bronzefarbener Schrift und Verzierungen auf dunkelblauem Hintergrund. Innen sind die Seiten mit Wolken hinterlegt, sodass ich mich schon beim bloßen Anblick über den Wolken befinde. Die Innenseiten der Broschur ist mit einer alten Weltkarte geschmückt. Wie immer ist die gesamte Aufmachung sehr stimmig.

Die Geschichten sind vielfältig wie ihre Autoren, die vor jeder Geschichte kurz vorgestellt werden. Die Beschreibung von Paul Tobias Dahlmann fand ich bereits schwierig und „Kurs Nord-Nordzenit“ hat diesen Eindruck bestätigt. Der Schreibstil ist altmodisch, die Geschichte mit den Geistern verwirrend. Es entsteht das Gefühl, als fehle etwas in der Kurzgeschichte und hinterlässt Fragen zu den Hintergründen des Geschehens.
Eine andere Geschichte, die mich nicht angesprochen hat ist „Weißer Teufel oder Die Möwe“ von Markus Heitkamp. Die Idee, Moby Dick mit Nagetieren frei nachzuerzählen, ist originell und der Erzählstil locker und flüssig. Der Igel mit dem kleinen Sprachfehler hat mich zum Schmunzeln gebracht, doch überzeugt hat mich die Geschichte nicht.

„Es ist zu Ende, wenn der Kiel geborsten ist, das Segel verbrannt und das Herz erloschen.“
(S.65, Ins Herz des Sturms von L.Richter)

„Ins Herz des Sturms“ von Lena Richter hat mir dafür sehr gefallen. Erzählt wird die Geschichte von Xhemin Sturmherz aus der Ich-Perspektive. Sie ist eine bekannte Kapitänin, die ihre besten Zeiten hinter sich hat und als Verbrecherin gesucht wird. Auf ihrem Schiff, der Anemoi, wird sie von einem jungen Jäger gestellt, der sein Glück kaum fassen kann. Allerdings steuert die Anemoi geradewegs in einem Sturm hinein. So turbulent der Sturm für die beiden ist, so ist auch das Leben von Xhemin gewesen, das in Rückblicken erzählt wird. Das Herz der Geschichte ist ist wie das Ende: gefühlvoll und mitreißend.

„Es wurde von der Miskatonic University in Arkham entdeckt und dem Militär zur Verfügung gestellt.“ (S. 148, Am Ende der Welt von M.O.Bendrin)

„Am Ende der Welt“ von Manuel O. Bendrin hat mich sehr an den Film „Das Ding aus einer anderen Welt“ von John Carpenter erinnert. Da der Film mich immer auch an die Geschichten von H.P.Lovecraft erinnert hat, fand ich die Anspielung auf Arkham sehr passend.
Ein norwegisches Team ist in die Arktis geflogen, um das amerikanische Luftschiff MAS Horizon aus dem Eis zu bergen. Die gesamte Crew ist tot, bis auf eine Person. Nicht lange, nachdem der Überlebende auf die Krankenstation des norwegischen Luftschiffes MLS Freya überführt worden ist, taucht grüner Rost im Maschinenraum auf und die die Crew fängt an sich seltsam zu benehmen. Professor Haugen und Kapitän Thorsen vermuten einen Zusammenhang zwischen dem grünen Rost und des Absturzes der MAS Horizon.
Die Kurzgeschichte ist spannend und düster, ganz wie H.P.Lovecraft und „Das Ding aus einer anderen Welt“.

Pina Parasol aus „Pina Parasol und das Verlorene Königreich“ von Tino Falke verliert professionell Dinge, die verschwinden sollen. Sie hat einen fantastischen Humor und der Autor einen humorvollen Schreibstil. Über Pina kann ich mir sehr gut eine längere Geschichte vorstellen; sie würde sich sicher gut zwischen Erasmus Emmerich und Archibald Leach fühlen.

Die 12 Kurzgeschichten führen in andere Welten, über die Wolken und Land, aber immer mit Hilfe eines Luftschiffes. Sie sind abwechslungsreich und spannend und ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Ich kann diese Anthologie auch Lesern empfehlen, die noch nichts aus dem Steampunk-Genre gelesen haben, denn die Geschichten setzen kein Wissen voraus oder beinhalten Insiderwissen.

Veröffentlicht am 14.06.2019

Leider zu viele Fehler

Elyyrs Blut
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Hätte ich das Cover in der Buchhandlung entdeckt, wäre ich an diesem Buch sofort vorbei gegangen: Titel und Autor sind in auffälligen Farben aufs Cover geklatscht, drunter und drüber nichtssagende dunkle ...

Hätte ich das Cover in der Buchhandlung entdeckt, wäre ich an diesem Buch sofort vorbei gegangen: Titel und Autor sind in auffälligen Farben aufs Cover geklatscht, drunter und drüber nichtssagende dunkle Bilder. Ich habe nicht mal erkannt, was das untere Bild sein soll, bis ich ganz genau hingeschaut habe. Der Klappentext ist ebenso auffällig gestaltet, wie der Titel, wird jedoch vom ISBN-Code auf der Rückseite überschattet. Insgesamt ist die Covergestaltung unattraktiv.
Der Klappentext hat mich vor allem neugierig gemacht, weil der Roman „geschickt mit Survival-Abenteuern und Science-Fiction“ angereichert ist und diese „höchst attraktive Mischung […] sich nicht hinter populären Vorbildern verstecken muss.“ Außerdem reizte mich der Jäger- und Sammlerkult in einer modernen Gesellschaft.

Klappentext:
Als junger Mensch in Firrland aufzuwachsen, ist nicht einfach. Obwohl die im hohen Norden liegende Insel offen für moderne Errungenschaften ist, herrscht unbemerkt von der Weltöffentlichkeit der jahrhundertealte Elyyr-Kult. Die Traditionen dieser archaischen Jäger-und-Sammler-Gesellschaft erstrecken sich bis in höchste politische Regionen und sind im firrländischen Alltag allgegenwärtig.
Die Studentin Anna möchte ihr Leben am liebsten ganz auf Studium und Forschung konzentrieren. Stattdessen muss sie sich hochgefährlichen Prüfungen unterziehen, die ergeben, dass die das Zeug hat, die neue Hohepriesterin des Kultes zu werden. Als sich die Göttin Elyyr dann auch noch leibhaftig manifestiert und ihren Segen gibt, ist Annas Schicksal besiegelt.
Doch vielleicht kann sie die ungeahnte Macht, die ihr zugänglich gemacht wird, auch für einen guten Zweck nutzen…

Das Buch beginnt mit einem Prolog, der kurz nach Annas Geburt spielt. In ihm wird der Elyyr-Kult grob beleuchtet: „Die Bewohner Firrlands verehrten die Göttin Elyyr. Dabei stellte Elyyr […] keine unsichtbare Macht dar, sondern wurde als Person verehrt.“ (S.11) Schnell wird deutlich, um welche Art von Religion es sich handelt: „Der Kult war nicht so friedlich, wie er auf den ersten Blick aussah. Menschenopfer und Hetzjagden auf Grabschänder oder Forscher […] waren keine Seltenheit.“ (S.14) Bereits auf Seite 15 hat die Göttin selbst ihren ersten Auftritt: „Hinter ihm stand Elyyr.“
Nach dem Prolog geht es mit Anna weiter. Sie ist erwachsen und dabei ihr Studium in der Schweiz zu beenden, als sie unerwünschten Besuch bekommt, der sie zurück nach Firrland ordert. Dass sie keine andere Wahl hat, als dem Folge zu leisten, ist Anna bewusst: „Sie war fünfzehn gewesen, als Anna das wahre Gesicht der Elyyrsekte durchschaut hatte.“ (S.22) Die Kapitel werden mit Sequenzen aus Annas Kindheit im Elyyr-Kult abgewechselt. So lernt man nicht nur Anna besser kennen, sondern auch die Sekte und wie weit ihre Macht in Firrland reicht.
Schnell wird Anna als Hohepriesterin in die Geheimnisse der Sekte eingeweiht: sie bekommt Flashbacks von Erinnerungen der anderen Hohepriesterinnen, weil sie das Blut ihrer Großmutter Nichua getrunken hat, die die amtierende Hoheprieserin ist und Anna ausbildet; Nichua weiht sie recht schnell in das wahre Geheimnis ein: „Elyyr ist eine Hochstaplerin.[…] Elyyr ist böse. Wenn sie könnte, würde sie auch den Rest der Welt erobern […].“ (S..85) Damit ist Annas Neugierde als Wissenschaftlerin geweckt. Während sie also den Schein als Elyyrs Hohepriesertin wahrt, versucht sie hinter das Geheimnis dieser falschen Göttin zu kommen. Damit endet auch schon mein Abenteuer mit diesem Buch, denn ich habe bei Seite 103 abgebrochen.

Zu diesem Buch gibt es eine Vorbemerkung des Herausgebers, der auf das Schweizer Hochdeutsch der Autorin hinweist und dass sich, „trotz des sorgfältigen Lekorats“ (S.5), der ein oder andere Fehler eingeschlichen haben kann. Genau diese Fehler häufen sich so sehr, dass sie den Lesefluss stören und ich das Buch abgebrochen habe.
Wichtiger an einem Buch als die Geschichte ist die Erzählweise. Obwohl die Geschichte um den Elyyr-Kult spannend klingt, Annas Entdeckung etwas Science-Fiction mitbringt, stört mich wie diese Geschichte erzählt wird.
Die Sätze wirken holprig und plump formuliert, als wären sie hastig zu Papier gebracht, ohne beispielsweise auf Wiederholungen zu achten: auf Seite 103 unten gibt es einen Abschnitt über sieben Zeilen lang, in dem fünf mal der Name „Coralie“ vorkommt.
Die Autorin verwendet eine Aneinanderreihung von kurzen Hauptsätzen und verbindet diese auffällig häufig mit „doch“ und „denn“, was sich unter anderem auf Seite 75 in der Beschreibung von Annas Sommerjägerprüfung zeigt. Hinzu kommen falsch angewandte Fälle und zahlreiche Kommata, wo sie nicht hingehören. Der Lesefluss ist bis zu einem gewissen Grad davon unbeeinflusst, wird hier aber massiv gestört.

Die Mischung aus Survival, Sekte und Science-Fiction ist, wie im Klappentext beschrieben, nicht zu leugnen und sicherlich spannend, vielleicht sogar „attraktiv“. Doch das „wie“ der Geschichte drängt das „was“ in den Schatten und macht das Buch somit, passend zum Cover, unattraktiv.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Der Grusel geht nicht von der Handlung aus

Friedhof der Kuscheltiere
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Friedhof der Kuscheltiere von Stephen King ist in drei Kapitel gegliedert: Der Tierfriedhof, Der Begräbnisplatz der Micmac und Der Große und Schreckliche Oz.
In Der Tierfriedhof wird Louis Creed vorgestellt. ...

Friedhof der Kuscheltiere von Stephen King ist in drei Kapitel gegliedert: Der Tierfriedhof, Der Begräbnisplatz der Micmac und Der Große und Schreckliche Oz.
In Der Tierfriedhof wird Louis Creed vorgestellt. Er zieht mit seiner Familie gerade nach Ludlow, Maine, um dort an der Universität als Arzt zu arbeiten. In Ludlow ist es jedoch nicht so ruhig, wie erhofft. Sein neuer Nachbar Judsen Crandall zeigt der Familie den Pfad hinter ihrem Haus, der in einem Tierfriedhof endet. Dieser Ort wirkt friedlich, die Kinder des Ortes pflegen ihn schon seit Jud ein kleines Kind war und begraben dort ihre Haustiere. Auch Familie Creed hat ein Haustier, Kater Church, und die Angst, dass er auf die viel befahrenden Straße vor der Tür rennt, lässt Louis zu dem Entschluss kommen den Kater kastrieren zu lassen.
Am ersten Tag nach den Sommerferien wird ein von einem Auto angefahrener Junge in Dr. Creeds Praxis gebracht; er stirbt noch im Eingangsbereich im Beisein von Louis. Dies hinterlässt einen bleibenden Eindruck bei ihm, sodass er sogar von Victor Pascow, dem toten Jungen, träumt.

Gerade in diesem ersten Abschnitt lässt der Autor sich sehr viel Zeit für Details: die Wiesenfarbe hinter dem neuen Creed-Haus, der Zustand des Hauses, der Tierfriedhof, der Tod von Victor Pascow. Die Protagonisten werden durch diese Kleinigkeiten ebenso charakterisiert wie durch ihre Handlungen: der Streit zwischen Louis und Rachel über ihre Ansichten zum Thema Tod zeigt deutlich, wie unterschiedlich sie sind.
Das Wetter passt sich der Stimmung an, sowohl in den Träumen als auch in der Realität: als Familie Creed zum ersten Mal den Tierfriedhof besucht, wirkt alles friedlich, fast feierlich. Doch als Louis träumend von Victor Pascow dorthin geführt wird, geht von den Barrieren hinter dem Friedhof eine namenlose Bedrohung aus, die durch den Regen noch verstärkt wird.

Der darauf folgende Abschnitt Der Begräbnisplatz der Micmac beginnt mit einer Vorschau auf die Ereignisse, die neugierig macht, ohne die Handlung vorweg zu nehmen. Bis zu diesem Kapitel ist Louis Creed als Wissenschaftler, als Kopfmensch oder rational einzuschätzen. Doch ein Schlüsselereignis und die daraus resultierenden Gefühle, sowie die Macht des Ortes hinter dem Tierfriedhof lassen ihn fadenscheinige Entschuldigungen für seine Pläne finden. Rachel ist dabei keine große Hilfe, da sie mit ihrer Vergangenheit und der Gegenwart hadert. Einzig Ellie, die Tochter der beiden, scheint vernünftig zu sein. Sie spürt die aufkommende Angst und wird in ihren Träumen davon heimgesucht.

In Der Große und Schreckliche Oz werden alle Stränge, die im vorherigen Kapitel ihren Anfang genommen haben, zusammen geführt.

Wie nicht anders gewohnt von Stephen King lässt er sich Zeit, die Charaktere vorzustellen und führt gemächlich an das Geschehen heran. Ein Schlüsselereignis war vorhersehbar, ist dadurch aber nicht weniger bestürzend. Der Grusel in diesem Buch geht jedoch weniger von der Handlung aus. Es sind vielmehr die inneren Konflikte der Charaktere ausgelöst durch ihre Taten.



Pet Sematary – Original und Neuverfilmung

Achtung Spoiler zur Handlung!

Dieses Jahr ist eine Neuverfilmung von Pet Sematary heraus gekommen. Wir haben uns die Zeit genommen beide Filme im Vergleich zu schauen.
Der 1989er Verfilmung liegt ein Screenplay von Stephen King zu Grunde. Ich wurde enttäuscht. Oberflächliche Charaktere, die rasende Handlung und ungenügende Erklärungen konnten meine hohen Erwartungen nicht zufrieden stellen. Viele Szenen wirkten wie reingesetzt, z.B. der Tod von Victor Pascow oder die Beerdigung von Gage. Der Film leidet sehr unter der kurzen Spielzeit. Was mir jedoch gut gefallen hat war die Erscheinung von Victor Pascow, der als eine Art guter Geist gezeigt wurde.

Die Neuverfilmung hingegen spielt mit den Erwartungen der Zuschauer. Der Kater Church war präsenter; er war nicht nur Beiwerk sondern spielte einen wichtigen Teil in der Geschichte. Hier wurde auch mehr auf das Übernatürlich eingegangen. Die Geschichten von Jud, die im Original von ihm erzählt wurden, tauchten hier als Zeitungsausschnitte auf. Der Film wirkt stimmiger.

Es gibt noch einen zweiten Teil von 1992, den wir uns nicht entgehen lassen konnten. Dieser Film spielt ebenfalls in Ludlow und die Kinder der Stadt erzählen sich Horrorgeschichten über die Ereignisse der Familie Creed. Am Ende ist uns aufgefallen, dass die Neuverfilmung auch Elemente aus diesem Teil übernommen hat.