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Veröffentlicht am 06.06.2023

Ein Fremder bis in den Tod?

Auf dem Nullmeridian
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In seinem Buch "auf dem Null-Meridian" lotet Shady Lewis die Erfahrung von Fremd-Sein in einer Mehrheitsgesellschaft vielschichtig, ja geradezu philosophisch aus. Mit seinem Ich-Erzähler eint ihn die Herkunft ...

In seinem Buch "auf dem Null-Meridian" lotet Shady Lewis die Erfahrung von Fremd-Sein in einer Mehrheitsgesellschaft vielschichtig, ja geradezu philosophisch aus. Mit seinem Ich-Erzähler eint ihn die Herkunft aus der Minderheit der christilichen Kopten in Ägypten. Dieser Erzähler hat es aus der Sicht seiner Familie geschafft: Schließlich arbeitet er in London als Sozialarbeiter für die Vergabe von Sozialwohnungen in einem Büro, so richtig mit Schreibtisch und Bürostuhl! Ein Onkel dagegen, der sich schon Jahre zuvor über das Mittelmeer nach Großbritannien durchgeschlagen hat, viele Rückschläge und Hindernisse überwinden musste, putzt ungeachtet seines Bildungsabschlusses immer noch Toiletten. Wie stolz ist er auf den Neffen, der in einem Verwaltungsjob angekommen ist!

Dabei, so der Erzähler, sind die weißen Briten in der Arbeit überhaupt nicht präsent, allenfalls ferne Vorgesetzte: Nahezu sämtliche Sozialarbeiter, Sachbearbeiter, Psychologen, mit denen er zu tun hat, sind ebenfalls Migranten, in der Regel in verschiedenen Braun- und Schwarztönen, ganz wie ihre Klienten. Und er kommunistische englische Kollege, so ein nigerianischer Kollege, der die Menschen in verschiedene Arten des Schwarz-seins kategorisiert, sei doch schon aufgrund seiner politischen Auffassung selbst als schwarz anzusehen.

Der Anruf eines Freundes aus Ägypten reißt den Erzähler aus seiner Routine: Er soll die Beerdigung eines jungen geflüchteten Syrers organisieren, der nach Gefängnis, Folter, dramatischer Flucht unerwartet in seinem Bett starb. Zwar versuchte die verzweifelte Familie, aus Ägypten nach London zu erreichen, doch der Tod des Sohnes und Bruders ist offenbar kein Grund für eine Visumserteilung. Der Todesfall ist letztlich ein weiterer Aspekt der Bürokratie und Fall-Verwaltung der lebenden und toten Fremden.

Mal nachdenklich, mal sarkastisch, mal dramatisch überspitzt wie ein Märchen aus tausendundeiner Nacht schildert Lewis die Bemühungen seines Protagonisten, einen würdigen letzten Abschied zu organisieren. Dabei reflektiert er immer wieder auch seine eigene Rolle, die Erfahrungen, aber auch die Konkurrenz und Abgrenzung von Minderheiten untereinander. Das findet keineswegs nur in Europa statt - schon in der Kindheit in Ägypten war der Erzähler höchst erleichtert, als er herausfand, dass die syrischen Flüchtlinge in der Hackordnung noch unter den Kopten zu stehen schienen. Endlich konnte auch er jemanden als "minderwertig" beschimpfen!

Zugleich wird die Last sichtbar, die durch Druck und Erwartung im Herkunftsland auf den Migranten lasten: Ein Scheitern im neuen Land wäre eine Schande für alle. Die mit den Jahren zunehmende Entfremdung und demütigende Erfahrungen in Europa sind nur dann zu ertragen, wenn man im Alter den erworbenen Wohlstand demonstrativ mit einem Altersruhesitz in der einstigen Heimat unter Beweis stellen kann.

Lewis schreibt genau beobachend, geradezu nüchtern und ohne Larmoyanz. Erregte Opferdebatten gibt es nur in den Äußerungen einiger KollegInnen des Erzählers. "Auf dem Nullmeridian" ist ein ruhig erzählendes und nachdenklich machendes Buch mit einem kleinen Moment rührender Menschlichkeit am Schluss.

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Veröffentlicht am 03.06.2023

Höhere Tochter im Taumel der Gefühle

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie
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Ich kannte Anne Stern bereits als Autorin der historischen Romane (mit ein bißchen Krimi) um die Berliner Hebamme Hulda Gold im Berlin der 1920-er Jahre - eine toughe, selbstbewusste Frau, die sich nicht ...

Ich kannte Anne Stern bereits als Autorin der historischen Romane (mit ein bißchen Krimi) um die Berliner Hebamme Hulda Gold im Berlin der 1920-er Jahre - eine toughe, selbstbewusste Frau, die sich nicht mit herkömmlichen Rollenklischees abfinden will. Also war ich sofort interessiert, als ich sah, dass Stern ein Buch mit einem anderen historischen Kontext, nämlich dem Dresden des 19. Jahrhunderts, noch vor der Revolution von 1848 geschrieben hat. Der Titel "Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie" klang für meinen ein ja bißchen sehr melodramatisch. Würde sie auch hier eine starke Frauenfigur finden, um die sich die Handlung entwickelt?

Nach der Lektüre würde ich sagen, jein. Denn einerseits träumt die behütete Bürgerstochter Elise Spielmann durchaus davon, ihr musikalisches Talent als Violinistin auszuleben, ist beeindruckt von der Geschichte Clara Schuhmanns. Doch andererseits ist sie in Konventionen gefangen, weiß das Leben einer höheren Tochter und Verlobten eines durchaus einflussreichen Mannes zu schätzen, auch wenn sie den Altersgenossen ihres Vaters nicht liebt. Wenn, dann ist es ihre 15-jährige Schwester, die aufbegehrt und von einem anderen Leben für Frauen ihrer Gesellschaftsschicht träumt.

Eine toughe Frau ist auch die Requisitenbeschafferin des Kurfürstlichen Theaters, die früh verwaist ihren kleinen Bruder auf der Straße durchgebracht hat und vermutlich das eine oder andere Geheimnis hat, dem die Leser (in diesem Buch jedenfalls) nicht auf die Spur kommen. Auch ihr Bruder Christian arbeitet am Theater als Malergehilfe. Zufällig trifft er während einer Aufführung auf Elise - und die beiden sind sofort voneinander fasziniert, sehen sich als verwandte Seelen.

Doch hat die sich entwickelnde Liebe angesichts von Konventionen und sozialen Unterschieden eine Chance? Wie sehr das Leben einer Frau von ihrem Ruf und ihrer intakten "Ehre" bestimmt wird, macht das tragische Schicksal einer jungen Ballerina klar, die von einem verheirateten Mann schwanger wird. Und auch eine Kindheitsfreundin Elise ist tief gefallen, nachdem eine Affäre der verheirateten jungen Frau ans Licht gekommen ist. Schnell ist klar: Den Preis für eine unvorsichtige und aus Sicht der Gesellschaft unmögliche Liebe zahlen stets die Frauen.

Wie auch in ihren anderen Romanen hat Stern akribisch recherchiert, setzt ihre Geschichte in den Kontext der damaligen Gesellschaft und zeichnet ein atmosphärisch dichtes Bild des Dresdens vor fast 200 Jahren. Eine Zeit, in der das Leben einer Frau kein Vergnügen gewesen sein kann, ob nun im "goldenen Käfig" wie Elise, oder in der Unterschicht, wo Frauen gleich doppelt benachteiligt waren.

Wie sich Elise in ihrer Liebesgeschichte entscheidet, soll hier nicht verraten werden. Besonders gut gefallen hat mir in diesem Buch die Schilderung des Mikrokosmos Theater. Mit Blick auf das Jahr 1848, dessen Vorboten sich in so mancher Keipendiskussion ankündigen, gehe ich eigentlich fest von einer Fortsetzung aus, in der vielleicht die jüngere Spielmann-Tochter stärker in den Mittelpunkt gerät. Hier ging es mir mitunter ein wenig zu viel um Liebeslied und -frust. Und über manche Figur hätte ich gerne mehr erfahren. Aber vielleicht liegt ja genau dies in den Plänen der Autorin für eine Fortsetzung?

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Veröffentlicht am 03.06.2023

Ein Thriller fürs digitale Zeitalter

Going Zero
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"Going Zero" von Anthony McCarten ist ein moderner Thriller des digitalen Zeitalzers, der Spannung und einen interessanten Plot mit nachdenkenswertem Stoff verbindet. Es beginnt als Spiel mit großem Einsatz: ...

"Going Zero" von Anthony McCarten ist ein moderner Thriller des digitalen Zeitalzers, der Spannung und einen interessanten Plot mit nachdenkenswertem Stoff verbindet. Es beginnt als Spiel mit großem Einsatz: Im Rahmen eines Projekts, das zugleich der Testfall für eine private-public partnershio zwischen CIA und FBI einerseits und einem gigantischen Cyberunternehmen andererseits ist, sollen zehn Testpersonen 30 Tage lang von der Bildfläche verschwinden. Wer das schafft, ohne von Zugriffsteams, Drohnen oder den Teams des Unternehmers Cy Baxter aufgespürt zu werden, dem oder der winkt ein Preisgeld von drei Millionen Dollar.

Ist Baxter erfolgreich, winkt ihm eine Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden, die ihm Zugriff auf eine Fülle von Daten erlaubt - eine Machtfülle, wie sie ein Privatunternehmer nicht haben sollte? Und können Sicherheitsbehörden die Datentechnik Baxters wirklich nur für das Aufspüren von Terroristen, organisierten Verbrechern usw nutzen? Schon bei dem Gedanken an beide Szenarios kommt Unbehagen auf.

Baxter hat mit Start Up zu sozialen Medien und Netzwerken begonnen, sein Unternehmen ist immer breiter verzahnt und hat Zugang zu den zahllosen Informationen, die Menschen im digitalen Raum hinterlassen, sei es durch die Nutzung von smarter Technologie in Haushalt, Finanzen, Reisen oder Arbeitsleben, sei es durch Aktivitäten beim Browsen, in sozialen Netzwerken, beim großzügigen Umgang mit Cookies und Privatsphäreeinstellungen. Wie sehr diese Informationen dazu helfen können, Menschen individuell zu manipulieren, wird schnell klar - ob es nun Kaufentscheidungen sind oder bei anderen Überlegungen. Und natürlich werden auch die Menschen immer "gläserner" - eigentlich ein Horrorszenario. Baxter hingegen ist überzeugt: Die meisten wollen gar keine Privatsphäre, sie suchen den Ruhm oder die Popularität bei "followern" und digitalen Freunden.

Unter den zehn Testpersonen sind fünf Profis - ein Ex-Marine oder eine Polizistin etwa, aber auch fünf Normalbürger. Ausgerechnet eine Bibliothekarin mit einer Vergangenheit mit psychischen Problemen ist besonders erfolgreich, vom Radar der Häscherteams zu verschwinden, während anderen die digitalen Spuren der Vergangenheit teils sehr schnell zum Verhängnis werden. Dass gerade diese Kandidatin eine ganz eigene Agenda hat, zeigt sich erst in der zweiten Buchhälfte, die auch in die Welt der Geheimdienste, von Staatsraison und Vertuschung führen wird.

Es wird nicht verwundern, dass McCarten im Nachwort höchst kritisch mit "Datenkapitalismus" ins Gericht geht. Beim Lesen wird man schnell nachdenken auch über den eigenen Umgang mit Daten, zu denen Apps oder Netzwerken Zugang gewährt wird - und warum es besser ist, dabei restriktiv vorzugehen. Dieser Thriller überzeugt mit einem Szenario, das bei aller Fiktion plausibel und möglich erscheint, wenn Daten-Macht in die falschen Hände gerät. Unbedingt empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 03.06.2023

Mörderische Hochzeit

Akte Nordsee - Der Teufelshof
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Nein, diese Hochzeit ist nicht der schönste Tag im Leben des norddeutschen Jung-Landwirts Henning und seiner aus Lettland stammenden Frau Anna: Eine Nachbarin findet Hennings Eltern erschossen im Schlafzimmer, ...

Nein, diese Hochzeit ist nicht der schönste Tag im Leben des norddeutschen Jung-Landwirts Henning und seiner aus Lettland stammenden Frau Anna: Eine Nachbarin findet Hennings Eltern erschossen im Schlafzimmer, Henning ist schwerverletzt, Anna hat sich in einer Scheune versteckt. Was steht hinter den Morden in der Hochzeitsnacht? Fentje Jacobsen, deren Großeltern einen Schafbauernhof gleich in der Nacbarschaft betreiben, kennt Henning nicht nur aus ihrer Schulzeit, sie ist auch Anwältin und wird gebeten, Henning zu vertreten. Denn die Polizei sieht in dem Hoferben keineswegs nur das Opfer, sondern auch einen möglichen Verdächtigen in Eva Almstädts Kriminalroman "Akte Nordsee. Der Teufelshof".

Almstätt lässt Fentje Jacobsen mit diesem Buch bereits zum zweiten Mal ermitteln. Fentje ist eine eher untypische Juristin, muss sie sich ihre Zeit schließlich zwischen den Bedürfnissen ihrer Klienten und denen mutterloser Lämmer aufteilen - die Großeltern sind in die Jahre gekomme, da muss auch auf dem Bauernhof mit angepackt werden. An dem professionellen Engagement der Anwältin, die als Einheimische auf der Halbinsel Eiderstedt bestens vernetzt ist, ändert das nichts.

Henning ist allerdings nicht der Einzige, der anwaltliche Hilfe benötigt. Auch Anna gilt als tatverdächtige, hat sie doch das Drama als einzige unbeschadet überlebt - und angeblich vergessen, das Handy mitzunehmne. Warum hat die junge Frau, deren Schwiegereltern mit der Ehe nicht einverstanden gewesne sein sollen, nicht schon früher versucht, Hilfe zu holen? Auf diese Fragen will die Polizei Antworten.

Einer, der Anna eine solche Tat keinesfalls zutraut, ist der Journalist Niklas John, der bereits im ersten Buch der "Akte Nordsee" mit Fentje an der Aufklärung eines Falles arbeitete. Diesmal hat er ein ganz persönliches Motiv, denn Anna war die erste große Liebe seines Lebens. Nun gibt er den Ritter in schimmender Rüstung.

Eva Almstädt spart nicht mit Andeutungen und Motiven sonstiger Beteiligter: Hennings Bruder und seine geldgierige Frau könnten doch ebenfalls ein Interesse am Erbe haben. Dann ist da Annas windiger Ex-Mann, vorbestraft wegen Betrugs. Oder hatte die vor wenigen Monaten verstorbene Dorfhebamme auf dem Totenbett Hennings Mutter ein Geheimnis verraten, für das jemand morden würde? Manche der Verdächtigen sind so unsympathisch und haben so triftige Motive, dass man beim Lesen abwinkt: die können´s nicht sein, schließlich werden sie schon in der ersten Buchhälfte in den Blickpunkt gerückt - und welcher Krimi-Autor macht das schon? Oder ist es gerade deshalb der Trick?

Almstädt lässt ihre Leser*innen jedenfalls eine ganze Weile rätseln und spart auch nicht mit ein paar dramatischen Momenten, obwohl dank kuscheliger Lämmer, Salzwiesen und kauziger Dorfbewohner durchaus auch Cozy-Potential in ihren Eiderstedt-Büchern steckt. Auch die wechselhafte Beziehung zwischen Fentje und Niklas hat sicher noch Potentials für weitere Bücher. "Der Teufelshof" ist spannend, gut lesbar, mit sympathischen Protagonisten. Und wer die Gegend um Sankt Peter-Ording mag, kommt auf jeden Fall auf seine Kosten.

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Veröffentlicht am 30.05.2023

Kommerz, Archäologie und Rache

Kretische Nacht
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Die Serie von Nikos Milonas (ein weiterer Fall von einem deutschen Autor, der mit seinem Pseudonym einen Landsmann von Schauplatz seiner Romana vorgaukelt, in diesem Fall nicht Frankreich, Portugal oder ...

Die Serie von Nikos Milonas (ein weiterer Fall von einem deutschen Autor, der mit seinem Pseudonym einen Landsmann von Schauplatz seiner Romana vorgaukelt, in diesem Fall nicht Frankreich, Portugal oder Italien, sondern eben Griechenland) um den griechischen Kriminalkommissar Michalis Charisteas kannte ich bisher nicht. Es machte aber trotzdem nichts, mit dem bereits fünften Band "Kretische Nacht" einzusteigen. Denn erstens hat der Autor ein breites Personenverzeichnis vorangestellt und zweitens erschließt sich das Bezieuhngsgefüge recht schnell. Zudem ist das Privatleben des Kommissars ständig in die Handlung eingewoben, das macht den Einstieg leicht.

Leicht hat es unterdessen Charisteas nicht gerade. Da will er die Beziehung zu seiner deutschen Freundin auf eine neue Ebene hieven, hat heimlich Verlobungsringe gekauft - doch mit Heimlichkeiten ist das auf Kreta so eine Sache, vor allem angesichts des sechsten Sinns seiner Mutter und seiner Schwester für solche Geheimnisse. Kein Wunder, dass Charisteas beim Essen im Familienrestaurant angesichts vieler neugieriger Fragen schon mal der Hunger vergeht. Aber auch wieder ganz praktisch, wenn er zu einem Unfall-, möglicherweise auch Tatort gerufen wird:

Ein Boot mit drei Menschen an Bord ist an einen Felsen gefahren und explodiert, es gab drei Tote. Der Sohn des Bootsbesitzers glaubt an einen Anschlag. Doch er war nicht an Bord, wohl aber seine Verlobte, sein bester Freund und eine weitere Frau. Falls es ein Anschlag war, wem galt er - der Hoteiliersfamilie des Bootseigners, oder den tatsächlichen Opfern? Die Befragung von Zeugen und Hinterbliebenen ist mühsam, vor allem der Hotelierssohn entzieht sich immer wieder Befragungen. Als Sympathieträger kommt er auch nicht rüber - doch reicht das für einen Verdacht?

Der Hotelier hatte zudem zahlreiche Neider, der Ortspolizist scheint auf eigene Faust ermitteln zu wollen und den Kripo-Kollegen aus Chania einiges zu verschweigen, dafür mischt sich der Kriminaldirektor höchstselbst in die Ermittlungen ein - kein Zweifel, Charisteas hätte es lieber unkomplizierter. Als wäre es nicht noch schwierig genug, muss er sich auch noch mit einer übereifrig-aggressiven Archäologin herumschlagen und eine Vendetta verhindern. Da wäre es schon schwierig, eine romantische Verlobung zu planen, wenn die Geliebte nicht ständig von Tagung zu Tagung jetten müsste!

Nebenbei gibt es folkloristisch-kulinarische Einlagen, als Gastronomensohn weiß Charisteas gutes Essen zu wünschen. Manches ist recht stereotypisierend, aber bei Kreta-Urlaubern dürfte gerade dies vielleicht auch auf Gegenliebe stoßen. Ein nicht zu kuscheliger Urlaubskrimi, der sich am Ende durchaus schlüssig auflöst. Ob Charisteas dazu kommt, die Frage aller Fragen zu stellen, wird hier natürlich nicht verraten.

Ein Kreta-Krimi, der beim Lesen auch immer wieder Hunger macht und die Sehnsucht nach Meer und dem Geruch blühender Kräuter weckt.

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