Ein tragischer Fall
Inhalt: Die 64-jährige Kommissarin Hulda Hermannsdóttir steht kurz vor ihrer Rente, womit sie sich nicht anfreunden kann. Die Lage spitzt sich noch zu, als ihr von heute auf morgen mitgeteilt wird, dass ...
Inhalt: Die 64-jährige Kommissarin Hulda Hermannsdóttir steht kurz vor ihrer Rente, womit sie sich nicht anfreunden kann. Die Lage spitzt sich noch zu, als ihr von heute auf morgen mitgeteilt wird, dass sie mit sofortiger Wirkung in den Ruhestand versetzt wird. Verbissen handelt sie mit ihrem Vorgesetzten einen Deal aus: Sie darf noch zwei Wochen arbeiten und sich einen abgeschlossenen Fall neu aufrollen, danach ist Schluss. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich auf den Todesfall der russischen Asylbewerberin Elena, der als Unfall abgetan worden ist. Ein schwerwiegender Fehler, wie sich herausstellen wird…
Persönliche Meinung: Ragnar Jónasson hat in seinem Thriller „Dunkel“ gleich zweierlei geschafft: Der Fall der verschwundenen Elena ist spannend und die Aufklärung ist durch das Spiel mit den Leser*innenerwartungen überraschend. Zusätzlich dazu ist die Ermittlerfigur Hulda sehr komplex und plastisch gezeichnet, was dadurch gelingt, dass ihre Vergangenheit in einem eigenen Handlungsstrang beleuchtet wird. Hulda ist gewissermaßen eine gebrochene Figur, wobei ihre Brüche erst nach und nach aufgedeckt werden. Diese Gebrochenheit habe ich in dieser Art noch nie zuvor gelesen. Beide Handlungsstränge hatten für mich einen ähnlich hohen Spannungsgrad. Der Erzählstil von „Dunkel“ ist sehr flüssig zu lesen und hat, passend zur Handlung, einen bedrückenden Ton. „Dunkel“, der Titel des Romans, ist Programm: Die Ermittlerin ist eine tragische Figur, ihre Vergangenheit düster, der Erzählstil melancholisch und bedrückend, Island als Handlungsort atmosphärisch dicht, der Weg, den Ragnar Jónasson geht, ist mutig und radikal. Alles ist hier dunkel – und das macht den Thriller zu einem besonderen und einmaligen Leseerlebnis.