Cover-Bild Die Sommer
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 17.08.2020
  • ISBN: 9783446267602
Ronya Othmann

Die Sommer

Roman
Leyla ist die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden… Das ergreifende Debüt der Gewinnerin des Publikumspreises des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs (2019) über das Dasein zwischen zwei Welten

Das Dorf liegt in Nordsyrien, nahe zur Türkei. Jeden Sommer verbringt Leyla dort. Sie riecht und schmeckt es. Sie kennt seine Geschichten. Sie weiß, wo die Koffer versteckt sind, wenn die Bewohner wieder fliehen müssen. Leyla ist Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Sie sitzt in ihrem Gymnasium bei München, und in allen Sommerferien auf dem Erdboden im jesidischen Dorf ihrer Großeltern. Im Internet sieht sie das von Assad vernichtete Aleppo, die Ermordung der Jesiden durch den IS, und gleich daneben die unbekümmerten Fotos ihrer deutschen Freunde. Leyla wird eine Entscheidung treffen müssen. Ronya Othmanns Debütroman ist voller Zärtlichkeit und Wut über eine zerrissene Welt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.09.2020

Schwermütige, über weite Strecken ruhige, aber auch sehr lehrreiche Geschichte!

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Das Buch besteht in erster Linie aus Rückblicken, wer einen actionreichen Spannungsbogen sucht, ist hier also fehl am Platz. Dennoch hat es sich für mich auch an keiner Stelle wirklich gezogen, sondern ...

Das Buch besteht in erster Linie aus Rückblicken, wer einen actionreichen Spannungsbogen sucht, ist hier also fehl am Platz. Dennoch hat es sich für mich auch an keiner Stelle wirklich gezogen, sondern konnte mich gerade auch mit dem leicht poetischen Schreibstil überzeugen, der Bilder von Syrien in meinem Kopf malte, unterlegt mit leichter Melancholie.

Im Endeffekt besteht das Buch zu einem großen Teil aus Rückblicken, in denen sich die Protagonistin Leyla an die Sommer erinnert, die sie in dem Heimatdorf ihres Vaters bei ihrer kurdischen Verwandtschaft in Syrien verbracht hat. An die Sommer mit ihrer Familie dort, die sie teils sehr ins Herz geschlossen hat und die ihr viel beibringt.
Als LeserIn erfährt man dadurch sehr viel über die êzîdische (die im Buch benutzte Schreibweise, weswegen ich sie hier auch wähle) Kultur, Geschichte und politische Situation. Ich muss gestehen, dass ich sehr wenig Wissen über ÊzîdInnen habe, wodurch dieses Buch sehr lehrreich für mich war.

Gleichzeitig dreht es sich aber auch um die Identität der Protagonistin, die zwischen ihrem Leben in Deutschland und ihrer kurdischen Identität hin- und hergerissen ist beziehungsweise versucht herauszufinden, wie sie beides gleichzeitig sein kann.
Ich muss zugeben, dass Layla bis zum Schluss nicht so ganz greifbar wurde für mich, vielleicht auch, weil man zu wenig über ihren Alltag erfährt. Gegen Ende wird ihre Beziehung mit ihrer Freundin aufgegriffen und ihr Studium, vorher ein wenig ihre Freundschaft, aber sie bleibt eher passiv - was aber durchaus intendiert sein dürfte.

Insgesamt bleibt der Spannungsbogen anfangs eher flach, ist aber durchaus da, gerade da man ahnt, dass die teils idyllisch anmutenden Sommer nicht von Dauer sein werden, was mir ein wenig ins Herz schnitt. Im letzten Drittel stieg der Bogen dann nochmal und spätestens jetzt war ich gefesselt, aber auch schockiert und betroffen von den Dingen, die letztendlich ja tatsächlich geschehen sind. Das macht die Geschichte umso eindrücklicher.

Die Grundstimmung der Geschichte ist relativ melancholisch, gerade auch, weil man als LeserIn längst weiß, dass der Syrische Bürgerkrieg kommen wird, und die schönen Erinnerungen an das Leben in dem Dorf in Nordsyrien einen umso bitteren Beigeschmack haben - umgekehrt werden aber auch in der Vergangenheit schon Themen wie Unterdrückung und Massenmorde angesprochen. Das macht das Buch zu keiner leichten Lektüre, aber zu einer umso lesenswerteren und sehr aktuellen.

FAZIT: Lesenswerte, poetische, aber auch melancholische und schwermütige Geschichte, die die Möglichkeit eröffnet, viel über Êzîd*innen zu lernen

Veröffentlicht am 24.08.2020

Zu gehen ist in erster Linie eine Abfolge von Schritten

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„Eine Geschichte, dachte sie, erzählt man immer vom Ende her. Auch wenn man mit dem Anfang beginnt.“ [10]

„Die Sommer“ von Ronya Othmann handelt von Leyla, die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen ...

„Eine Geschichte, dachte sie, erzählt man immer vom Ende her. Auch wenn man mit dem Anfang beginnt.“ [10]

„Die Sommer“ von Ronya Othmann handelt von Leyla, die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Es ist ein Blick auf eine zerrissene Welt.
„Du darfst diese Geschichte nicht vergessen … das ist deine Geschichte, Leyla. Diese Geschichte, in der sie kein Land hatten, keinen Platz, und wegen der sie in Deutschland waren.“ [137]
Das Buch gliedert sich ein zwei Teile. Der erste Teil erzählt hauptsächlich Anekdoten über die Kindheit des Vaters und Leylas Erinnerungen an die Großeltern. Teil zwei geht auf den Krieg (2011) in Syrien ein und schildert einiges aus Leylas Leben in Deutschland.
Othmann schreibt unaufgeregt. Aber dafür sehr pointiert. Politische, gesellschaftliche Ereignisse fließen in die Geschichte ein, fesseln die Leser *innen, öffnen die Augen, machen betroffen. Es ist ein Blick auf eine Welt, anders, intensiv. Die Autorin zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass sich gewisse politische Verhältnisse und generelle Ereignisse, wie Diktatur, nicht an vordefinierten westlichen Meinungen messen lassen. Dies wird durch Leylas Verhalten in der Schule, als die Frage nach diktatorischen Ländern gestellt wird, sehr gut dargestellt. Durch die vorangegangenen Erzählungen und Informationen kann man sich dementsprechend gut in die emotionale Lage der Protagonistin versetzen. Man fühlt mit ihr mit. Versteht warum sie so handelt.
Die Gänze der Unterdrückung der Kurden wird an vielen Faktoren festgemacht. Einiges davon war mir neu, dass zum Beispiel die türkische Regierung Buchstaben verbot, die im Türkischen nicht vorkommen, wie beispielsweise das q, x oder w.
„Mein Asylantrag wurde bewilligt. Zeugen bestätigten den deutschen Behörden, dass ich als staatenloser Kurde in Syrien politisch verfolgt sei.“ [117]
Wer sich für fremde Länder, geschichtliches und politisches Zeitgeschehen interessiert, der findet in „Die Sommer“ ein eindrucksvolles Werk. Es beinhaltet viele Informationen, Emotionen und zeigt Ängste und Hoffnung.
Die Überschrift ist ein Zitat aus dem Roman [Seite 285].

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Veröffentlicht am 13.11.2020

Zwischen zwei Welten

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Das Cover des Buches wirkt sehr idyllisch. Es hat etwas von Romantik aber auch von einer gewissen Sehnsucht.

Inhalt:
Leyla ist die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden… Das ergreifende ...

Das Cover des Buches wirkt sehr idyllisch. Es hat etwas von Romantik aber auch von einer gewissen Sehnsucht.

Inhalt:
Leyla ist die Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden… Das ergreifende Debüt der Gewinnerin des Publikumspreises des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs (2019) über das Dasein zwischen zwei Welten
Das Dorf liegt in Nordsyrien, nahe zur Türkei. Jeden Sommer verbringt Leyla dort. Sie riecht und schmeckt es. Sie kennt seine Geschichten. Sie weiß, wo die Koffer versteckt sind, wenn die Bewohner wieder fliehen müssen. Leyla ist Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Sie sitzt in ihrem Gymnasium bei München, und in allen Sommerferien auf dem Erdboden im jesidischen Dorf ihrer Großeltern. Im Internet sieht sie das von Assad vernichtete Aleppo, die Ermordung der Jesiden durch den IS, und gleich daneben die unbekümmerten Fotos ihrer deutschen Freunde. Leyla wird eine Entscheidung treffen müssen. Ronya Othmanns Debütroman ist voller Zärtlichkeit und Wut über eine zerrissene Welt.

Meine Meinung:
Hier ist der Autorin ein Buch gelungen, das noch sehr lange nachwirkt. Sehr realistisch und brutal ehrlich schildert sie die Geschehnisse rund um den syrischen Bürgerkrieg. Auch die Zerissenheit Leylas wird sehr gut dargestellt. Man leidet förmlich mit Leyla mit, wenn sie zwischen zwei Welten pendelt.
Der Schreibstil ist sehr flüssig, interessant und wahnsinnig mitreisend. Man hat die Bilder der einzelnen Schauplätze förmlich vor Augen und kann die Zerstörung förmlich fühlen.
Leylas Vater ist in meinen Augen eine tragische Person, der sich aufgegeben zu haben scheint und nur vor dem Fernseher sitzt und dort die Ereignisse in Syrien verfolgt. Man hat einige Male das Gefühl, das er trotz seines langen Lebens in Deutschland, er nie richtig hier angekommen ist.
Insgesamt hat mich das Buch sehr aufgewühlt zurück gelassen.

Mein Fazit:
Klare Leseempfehlung, sehr gute 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 08.11.2020

Komplexe episodenhafte Handlung

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Leyla wächst als Tochter eines jesidischen Kurden und einer Deutschen in einem kleinen Ort in Bayern auf. Die Sommerferien in ihrer Kindheit verbringt sie in Syrien bei ihrer Familie väterlicherseits. ...

Leyla wächst als Tochter eines jesidischen Kurden und einer Deutschen in einem kleinen Ort in Bayern auf. Die Sommerferien in ihrer Kindheit verbringt sie in Syrien bei ihrer Familie väterlicherseits. In "Die Sommer" werden einerseits episodenhaft Leylas Erinnerungen in Bezug auf die Sommer in Syrien sowie Erinnerungen ihres Vaters beschrieben, zum anderen ihr Leben und Erwachsenwerden in Deutschland. Je älter Leyla wird, desto stärker spitzt sich die politische und humanitäre Lage im Heimatland ihres Vaters zu.

Der Debütroman von Ronja Othmann ist nicht ganz einfach zu lesen. Ich habe die Sprache als eher emotionslos empfunden und die Sätze als relativ komplex. Der Schreibstil ist meiner Meinung nach passend, um die Unsicherheit und Zerrissenheit Leylas zu schildern. Die Art des Beschreibens hat bei mir Eindruck hinterlassen und dazu geführt, dass ich immer wieder innegehalten habe. Es hilft allerdings definitiv am Ball zu bleiben, um den Episoden folgen und diese einordnen zu können. Manchmal habe ich es als schwierig empfunden, die einzelnen Geschichten und Berichte in einen zeitlichen Rahmen und in Zusammenhang zu bringen, um für mich einen roten Faden ausmachen zu können. Obwohl ich dachte, ganz gut informiert zu sein, war es nicht immer einfach, die geographischen, historischen, politischen und religiösen Aspekte zusammenzubringen.
Der Autorin gelingt es vor allem im zweiten Teil des Romans, Leylas Prozess des Erwachsenwerdens authentisch und nachvollziehbar zu beschreiben. Die Spannung zwischen ihrer Jugend in Deutschland mit Feiern und kleinen Ladendiebstählen und auf der anderen Seite den Fernsehbildern aus Syrien und den durch die Behörden verhinderten Nachzug ihrer Familie ist wirklich gut herausgearbeitet. Diesen Teil des Romans habe ich als besonders und eindrücklich empfunden.

Dennoch war es mir vor allem in der ersten Romanhälfte einfach zu komplex und etwas zu sprunghaft zwischen den einzelnen Episoden, als dass ich mich von dem Roman komplett fesseln lassen konnte. „Die Sommer“ ist trotzdem empfehlenswert, auch aufgrund des Schreibstils, und durchaus lehrreich.

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Veröffentlicht am 22.10.2020

Zerrissen zwischen zwei Kulturen

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Leyla liebt die Sommerferien, die sie in der Heimat ihres Vaters in Syrien verbringt. Ihr Vater ist jesidischer Kurde, und damit eine Minderheit in Syrien. Seine Großfamilie lebt in einem kleinen Dorf ...

Leyla liebt die Sommerferien, die sie in der Heimat ihres Vaters in Syrien verbringt. Ihr Vater ist jesidischer Kurde, und damit eine Minderheit in Syrien. Seine Großfamilie lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe der türkischen Grenze. Leylas Sommerwelt dreht sich um ihre tatkräftige Großmutter. In der Nacht schlafen die Enkel bei ihr, am Tag stemmt sie den Großteil der Arbeit allein. Sie versorgt den blinden Großvater, kocht und backt Brot, putzt und erntet, und hat stets eine Tasse Tee für Besucher bereit.

Wenn Leyla den Rest des Jahres im kalten Deutschland ist, zehrt sie von ihren Erinnerungen an die heißen Sommertage bei der Verwandtschaft. Sie weiß es zu schätzen, dass sie, im Gegensatz zu ihrer jesidischen Cousine, eine gute Schulbildung erhält und in einem großen Haus lebt, doch sie trauert dem Dorf hinterher. Und obwohl sie in Syrien immer das Gefühl hat nicht so richtig dazuzugehören und sie sich dort manchmal nach Ruhe sehnt, ist ihr dieser Teil ihres Lebens sehr wichtig.

Doch dann kommen politische Unruhen. Ab 2011 leben Leyla und ihre Familie in großer Angst und Sorge. Leylas deutsche Mutter versucht die syrische Verwandtschaft nach Deutschland zu holen, denn das Leben dort ist gefährlich geworden. Leyla selbst lebt wie in einem Traum, stets in sorgenvollen Gedanken an die geliebten Verwandten.

Der Erzählstil dieses Buchs ist ruhig und melancholisch. Der Leser durchlebt an der Seite Leylas die Sonnen- und Schattenseiten dieser Tage in Syrien. Leyla ist ein unsicheres Kind, das einerseits als Deutsche eine Sonderstellung unter der armen Dorfbevölkerung genießt, die sich aber andererseits nicht so gut auskennt und den Dialekt nicht so gut sprechen kann wie die gleichaltrige Cousine. Sie ist anhänglich und fühlt sich am wohlsten in der Nähe der geliebten Großmutter. Sie lauscht den Erzählungen des Vaters und der Verwandtschaft, und erfährt so wie ihre Vorfahren grausam verfolgt wurden. Als junge Frau leidet sie darunter, dass ihre deutsche Freundinnen sie nicht wirklich verstehen, da sie keine Ahnung von ihrem Leben in Syrien haben.

Die Gefühle und der innere Kampf Leylas werden gut wiedergegeben. Manchmal wirkt die Erzählung vielleicht etwas zu ruhig. Doch in dieser Ruhe entsteht langsam das Bild eines einfachen Lebens, das für ein Kind schöner ist als das luxuriöse Leben in Deutschland. Ein Leben, das schließlich durch Gewalt und Konflikte vollständig zerstört wird.

Fazit: Eine Liebeslied an das einfache ländliche Leben in einem jesidisch-kurdischen Dorf, gepaart mit der Trauer über sinnlose Gewalt und zerstörerischem Hass. Besonders empfehlenswert für Menschen, die sich für fremde Kulturen interessieren und für die Heimat von syrischen Flüchtlingen.

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