Lesehighlight 2017 mit Seiten voller Zauber der kleinen Dinge im Leben
Vor dem Lesen kommt die Optik. Ob sie nun der alleinige Kaufanreiz ist oder für den Leser überhaupt kein Lesekriterium ist. Das Buchcover ein gelungener Hingucker geworden. Alleine schon der Leinenrücken ...
Vor dem Lesen kommt die Optik. Ob sie nun der alleinige Kaufanreiz ist oder für den Leser überhaupt kein Lesekriterium ist. Das Buchcover ein gelungener Hingucker geworden. Alleine schon der Leinenrücken ist nicht alltäglich. Aber auch die knallig modernen Farbkontraste von Mint und Violett gegenüber der antiken goldenen Taschenuhr machen neugierig. Selbst das Vorsatzpapier ist voller winziger Taschenuhren. Das Buch ist einfach rundum passig gestaltet und genauso detailverliebt wie die Geschichte in dem Buch.
Das Buch erzählt eine vergleichsweise ruhige Geschichte. Zeitweise passiert gar nicht so viel, es sind eher die Kleinigkeiten, die dann Beachtung finden. Manch einer mag sich damit vielleicht gelangweilt fühlen, doch dieses Buch hat das Gewisse etwas, den ruhigen Tönen einen ganz besonderen Reiz zu verpassen.
Zum einen haben wir die Geschichte von Anthony Peardew und die Liebe zu seiner zu früh verstorbenen Verlobten Therese, welche Auslöser für die Sammlung der verlorenen Dinge war und ist. Dazu stoßen nach und nach Laura, Freddy, Sunshine und Carrot.
Zum anderen wird die Geschichte von Bomber und Eunice erzählt. Er ist Verleger, sie seine Assistentin und beide sind absolute Filmfans. Begleitet werden sie von Bombers Eltern und seiner Möchtegernschriftsteller Schwester Portia sowie von seinem Hund Douglas und nachher der Hündin Baby Jane.
Beide Handlungsstränge, in unterschiedlichen Zeitebenen geschrieben, verweben sich nach und nach ineinander. Mal etwas flinker, mal etwas ruhiger. Bis zum Schluss bleibt allerdings die Spannung auf das Gesamtbild erhalten, wie genau alles miteinander verrankelt und verwoben ist. Am Ende werden die beiden Handlungen stimmig zusammengeknüpft, keine Frage bleibt offen.
Zwei unterschiedliche Arten von textlichen Einschüben finden auch noch ihren Platz. Zum einen sind da die die kleinen Geschichten, welche Anthony zu seinen Fundstücken geschrieben hat und zum anderen die Versuche von Portia, die alle bei Klassikern geklaut sind, ihren Bruder endlich als Verleger zu gewinnen. Die Einschübe sind eine gelungene Ergänzung um die Geschichte zu verfeinern. Allerdings waren sie mir persönlich zu lang. Irgendwie hat es stellenweise den Lesefluss ein wenig gestört. Die Idee an sich bereichert die Geschehnisse jedoch durchaus, besonders die kleinen Stories zu den Fundstücken.
Die Geschichte ist lückenlos durchdacht, warmherzig und liebevoll gestaltet und kommt am Ende zu einem perfekten Abschluss.
Zahlreiche kleine Geschichten werden zu einer großen Geschichte.
Die Autorin Ruth Hogan schreibt so herrlich ästhetisch und doch irgendwie auch alltäglich, dass man sich rasch und problemlos in die Geschichten einfindet. Das gesamte Buch ist gut zu lesen und schafft es problemlos, einen in die jeweilige Stimmung zu versetzen.
Schnell entsteht ein Bild vom friedlichen und sicheren Padua, man nimmt mit Anthony Abschied, grübelt mit Laura über die ihr übertragene, scheinbar unlösbare Aufgabe und bekommt etwas von der Leichtigkeit von Sunshine ab.
Alle Rollen bis zur kleinsten Nebenfigur, ja sogar die Hunde sind so herzlich und gelungen kreiert, dass sie einem Seite um Seite ans Herz wachsen und man mit ihnen lebt sowie leidet.
Gekonnt fand ich auch die Auseinandersetzung mit den Themen wie Behinderung, Demenz oder Tod. Leichtfüßig aber ohne dabei an Ernsthaftigkeit zu sparen, aber auch nie zu bedrückend oder zu lustig bringt sie diese Themen wunderbar mit ein.
Ruth Hogan schafft es, sehr vielen Feinheiten eine warmherzige Beachtung und Formulierung zu schenken. Hut ab, es ist ihr Erstlingswerk!
Ich bin nur schwer für sehr seitenfüllende Bücher zu begeistern, aber in diesem Fall fand ich es tatsächlich schade, dass das Buch nicht mehr Seiten hat.
Für mich ist „Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge“ ein wirklich empfehlenswertes Lesehighlight 2017 mit Seiten voller Zauber der kleinen Dinge im Leben.