Eine andere Sally Rooney oder auch nicht
Peter, Ivan, Margarete - drei Menschen, die auf je eigene Art vom Leben und dem Alltag herausgefordert werden. Peter und Ivan haben gerade ihren Vater verloren. Mit zehn Jahren Altersunterschied und völlig ...
Peter, Ivan, Margarete - drei Menschen, die auf je eigene Art vom Leben und dem Alltag herausgefordert werden. Peter und Ivan haben gerade ihren Vater verloren. Mit zehn Jahren Altersunterschied und völlig unterschiedlichen Charakteren standen sich die Brüder noch nie wirklich nah. Der Tod des Vaters beschäftigt jeden von ihnen anders. Peter tröstet sich in der losen, diffusen Beziehung zur viel jüngeren Naomi, während echte Verbundenheit für ihn noch immer mit seiner Ex Sylvia verbunden ist. Ivan ist zwar sehr begabt im Schachspiel, fühlt sich jedoch oft einsam und in sozialer Interaktion unsicher. Und so begegnet er auch der attraktiven 36 Jährigen Margarete bei einem Schachevent eher zurückhaltend und unbeholfen. Und trotzdem ist da eine unerwartete Verbundenheit zwischen diesen auf den ersten Blick so unterschiedlichen Menschen. Margaretes Routinen und Alltag, ihr ganzes Bild von sich, werden von der Begegnung mit Ivan, ohne dass sie dies möchte oder bewusst steuern könnte in Frage gestellt.
In die Handlung eingewoben hat die Autorin viele tiefgründige und philosophische Gedanken, nicht nur zur Gestaltung unserer zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern beispielsweise auch der Bedeutung von Geld in diesen und der Gesellschaft. Intermezzo war für mich kein leichtes Buch, dass ich mal eben so weglese. Dafür war es inhaltlich zu tiefgründig und sprachlich, mit der interessanten aber im Falle Peters manchmal schwer zu folgenden Stilanpassung an den jeweiligen Charakter, zu einnehmend und Konzentration fordernd. Die oft sprunghaften Gedanken in abgebrochenen Sätzen, die Peters Alltag prägen und eine innere Unruhe und Suche - nach nicht weniger als sich selbst - anschaulich verdeutlichen, finden sich auch in der Satzstruktur in Peters Kapiteln wieder und machen sein Erleben so fast zum Erleben der Leserin. Dies ist stilistisch gelungen, jedoch nicht immer einfach zu lesen.
Erneut taucht Rooney gekonnt tief in das Seelenleben und die Gefühlswelten ihrer Protagonist:innen ein. Was dabei zum Vorschein kommt ist oft traurig und schön zugleich, wie es auch das Leben ist. Für mich ist es das bisher reifste Buch von Sally Rooney, wobei ich noch mit den Passagen um Peter und ihrem schwer zu folgenden Stil hadere und das Buch deshalb als weniger zugänglich als ihre anderen Werke empfinde. Mir fehlte trotz der Gedankenschwere oft eine gewisse Leichtigkeit zwischen den Zeilen, die ich von Sally Rooney gewohnt bin. Dies wird jedoch auch in diesem Buch der Autorin mit vielen klugen Gedanken zu unserer Gesellschaft, dem Leben darin und unseren zwischenmenschlichen Beziehungen aufgewogen.