Cover-Bild Der ehemalige Sohn
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 24.03.2021
  • ISBN: 9783257071566
Sasha Filipenko

Der ehemalige Sohn

Ruth Altenhofer (Übersetzer)

Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber genießt er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer und fällt ins Koma. Alle, seine Eltern, seine Freundin, die Ärzte, geben ihn auf. Nur seine Großmutter ist überzeugt, dass er eines Tages wieder die Augen öffnen wird. Und nach einem Jahrzehnt geschieht das auch. Aber Zisk erwacht in einem Land, das in der Zeit eingefroren scheint. Wie fühlt sich ein junger, lebenshungriger Mann in Belarus? Eine hochaktuelle Geschichte über die Sehnsucht nach Freiheit.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.04.2021

Kritisch - intensiv - aktuell

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„Der ehemalige Sohn“ ist nach „Rote Kreuze“ der zweite Roman des weißrussischen Schriftstellers Sasha Filipenko, in dem er auf die Missstände in Belarus aufmerksam macht.

Auf dem Weg zu einem Konzert ...

„Der ehemalige Sohn“ ist nach „Rote Kreuze“ der zweite Roman des weißrussischen Schriftstellers Sasha Filipenko, in dem er auf die Missstände in Belarus aufmerksam macht.

Auf dem Weg zu einem Konzert gerät der 16-jährige Franzisk Lukitsch – genannt Zisk – in einer U-Bahnstation in Minsk in eine Massenpanik bei der 54 Menschen um ihr Leben kommen und über 100 schwer verletzt werden. Zisk fällt ins Koma. Sowohl seine Mutter, als auch seine Freundin und der behandelnde Arzt verlieren mit der Zeit die Hoffnung, dass Zisk wieder aufwacht. Lediglich seine Großmutter - Elvira Alexandrowna – bei der er auch die meiste Zeit gelebt hat, glaubt fest daran, dass sich sein Zustand ändern wird. Jeden Tag ist sie bei ihm, erzählt aus der Vergangenheit und berichtet von der aktuellen politischen Lage im Land. Es dauert zehn Jahre bis Zisk erwacht.

Sasha Filipenko Schreibstil ist intensiv und eindrucksvoll. Sowohl wie er von der Massenpanik als auch von den Missständen im Land berichtet, werden die Situationen spürbar. Er beschreibt die gesellschaftlichen Strukturen, die Willkür in der Politik und die damit in der Bevölkerung einhergehende Hoffnungslosigkeit. Seine Sprache ist eindringlich, oft recht deutlich, teilweise überzogen und sarkastisch, aber – so kann ich jetzt im Nachhinein sagen - immer passend und angemessen gewählt. Seine Worte zeugen von einer Menge Mut, da er die Zustände in Belarus mit einer Offenheit anprangert, wie ich sie bisher noch von keinem anderen russischen Autoren kenne.

Abschließend findet man Anmerkungen der Übersetzerin über die Geschichte von Belarus im Zweiten Weltkrieg und in der Sowjetzeit, zu Flaggen, zu der Sprache und über die Ereignisse, auf die sich der Autor in seiner Handlung bezieht. Ich würde empfehlen, diese vorab zu lesen, da sie nichts über den Inhalt des Buches verraten, aber zum Verständnis der Ereignisse beitragen.

Ich kann diesen gesellschaftskritischen Roman nur empfehlen, da er einen interessanten Einblick in das Leben in Belarus gibt. Sahsa Filipenko ist ein großartiger Autor, dem es hier gut gelungen ist auf die Missstände seines Landes aufmerksam zu machen und sie den Lesern außerhalb von Belarus näher zu bringen.

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Veröffentlicht am 16.04.2021

Eindringlich

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Wie kommt ein Schriftsteller zu der Aussage, er habe die Hoffnung, dass „dieses Buch in meinem Land eines Tages nicht mehr aktuell sein wird“? Sasha Filipenko, der damit vermutlich den Nerv der Mehrzahl ...

Wie kommt ein Schriftsteller zu der Aussage, er habe die Hoffnung, dass „dieses Buch in meinem Land eines Tages nicht mehr aktuell sein wird“? Sasha Filipenko, der damit vermutlich den Nerv der Mehrzahl seiner Landsleute trifft, prangert auf subtile Weise das politische System seines eigenen Landes an, Belarus, in dem sich seit Jahrzehnten keine Besserung ankündigt. Auch mich hat sein Roman betroffen gemacht.
Sein Protagonist, der 16jährige Franzisk Lukitsch, wird bei einer Massenpanik in Minsk so schwer verletzt, dass er in ein Koma fällt. Während seine Mutter und die Ärzte die Hoffnung aufgegeben haben, dass er jemals wieder aufwachen werde, organisiert seine mutige, bodenständige Großmutter Elvira jahrelang alles, um ihren Enkel wieder zu wecken. Doch sein tasächliches Erwachen zehn Jahre später erlebt sie nicht mehr, und Franzisk ist auf sich allein gestellt …
Sehr bildhaft und lebendig erzählt Filipenko, zieht den Leser in seine Geschichte hinein und lässt ihn Teil der Ereignisse werden. Beißend ironisch kommentiert er die Gesellschaft seines Landes, die Repressalien der Politik, die Sympathisanten und Nutznießer, aber auch die Gegner des totalitären Regimes. Doch man spürt deutlich, wie sehr ihn die Verfolgung politischer anders Denkender, die Angst der Menschen, in diese brutale Maschinerie hineinzugeraten, beschäftigt. Die verzweifelten Versuche der Bevölkerung, mit Demonstrationen mehr Demokratie zu erreichen, sieht er stets aufs Neue scheitern. Jedoch hat er die Hoffnung auf eine positive Veränderung des Landes nicht aufgegeben und trägt seinen Teil dazu bei, indem er schreibt. Belarus muss doch eines Tages aus seinem „Koma" erwachen, genauso wie Franzisk …



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Veröffentlicht am 13.04.2021

Ein Land im Tiefschlaf

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„Der ehemalige Sohn“ aus der Feder von Sasha Filipenko ist mein erstes Buch, dass ich von ihm gelesen habe. Bereits durch die Leseprobe und frühe Leserstimmen habe ich ein kritisches und gleichzeitig sehr ...

„Der ehemalige Sohn“ aus der Feder von Sasha Filipenko ist mein erstes Buch, dass ich von ihm gelesen habe. Bereits durch die Leseprobe und frühe Leserstimmen habe ich ein kritisches und gleichzeitig sehr trauriges literarisches Werk erwartet. Doch das Endergebnis hat mich umgehauen.

Filipenko erschafft in einer mir bisher einmaligen Art eilig einige Personen, die nicht exzessiv vorgestellt und charakterisiert werden, die einem jedoch so unglaublich nah sind, dass man ihre Tränen fließen hört, ihre Schreie spürt und selbst den Zigarettenrauch riecht. Im Vordergrund steht der junge Franzisk, oft einfach nur Zisk genannt, der ein an sich gewöhnliches Leben führt. Er lernt an einem Lyzeum das Cello spielen und soll, sofern das Ganze von Erfolg gekrönt wird, mal damit Geld verdienen. Seine Großmutter Elvira, in meinen Augen das Herz dieses Buches, sorgt auch, dass der Junge fleißig lernt und es ihm sonst an nichts mangelt. Sie gibt auch nicht auf, als Zisk schwer verunfallt und daraufhin ins Koma fällt. Mit aller ihr möglichen Kraft versucht sie Zisk, und so auch den Leser am Leben in Belarus teilhaben zu lassen. Ihre Schilderungen sind so eindrücklich, dass man während des Lesens sich mehrfach bedankt, dass Marin einer Demokratie leben darf.

Viele Geschehnisse habe ich jetzt noch nicht verarbeitet. Filipenko lässt detailgetreu und historisch eingebettet einige einschneidende Ereignisse der weißrussischen Geschichte erneut passieren und macht deutlich, dass wir zwar im Jahr 2021 leben, aber es doch weiterhin Länder gibt, die ihre Bürger jenseits von Gut und Böse unterdrücken. Eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 27.03.2021

Emotional und gesellschaftskritisch

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Nachdem mich letztes Jahr der Autor Sasha Filipenko mit "Rote Kreuze" unerwartet positiv überrascht hat, habe ich sehnsüchtig auf diesem Roman gewartet. Nun ist er endlich erschienen.

In seinem neuem ...

Nachdem mich letztes Jahr der Autor Sasha Filipenko mit "Rote Kreuze" unerwartet positiv überrascht hat, habe ich sehnsüchtig auf diesem Roman gewartet. Nun ist er endlich erschienen.

In seinem neuem Roman lernen wir Franzisk kennen, der auf dem Weg zu einem Rockkonzert in Minsk von einer Menschenmasse niedergetrampelt wird. Im Krankenhaus muss er ins künstliche Koma gesetzt werden, damit seine Überlebenschancen größer sind. Seine Eltern, seine Freunde und sogar die Ärzte geben ihn auf. Nur seine Großmutter (Babushka) ist überzeugt, dass er wieder gesund wird. Und dann passiert es. Franzisk erwacht und die Welt sieht aus, als wäre sie stehen geblieben.

Sasha Filipenko gelingt es im Vergleich zu seinem letzten Roman eine Schippe draufzulegen. Er weist ein enormes Talent auf, gesellschaftliche strukturelle Umstände in Bezug zu einem Individuum hervorragend und emotional darzustellen.

Einerseits beschreibt er das kalte Belarus, das zeitlich hängen geblieben ist. Man spürt, wie das Land ruiniert ist und es keine Hoffnungen auf was Gutes gibt. Anderseits gelingt es dem Autor eine intensive Nähe zum Protagonisten namens Franzisk herzustellen. Man fühlt mit Franzisk an jeder Stelle mit. Teilweise leidet man mit ihm und seiner Großmutter. Schon lange hat mich ein Buch nicht derartig gerührt.

Zudem finde ich es sehr gelungen, dass der Autor kein Blatt vor den Mund nimmt und knallhart die Zustände von Belarus anhand von Beschreibungen aus der Sicht des Protagonisten tätigt. Dadurch regt das Buch auch zur Reflexion an.

Zuletzt kann man sagen, dass Filipenko einen hervorragenden Schreibstil aufweist, der sich enorm flüssig lesen lässt. Ich bin durch die Seiten durchgeflogen.

Fazit: Mich hat der Autor mit diesem Buch mal total überzeugt. Ihm gelingt es sehr gut die politische Lage des Landes anhand eines Protagonisten darzustellen. Ich werde weiterhin den Autor verfolgen und freue mich schon auf die weiteren Bücher.

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Wenn der Spiegel erblindet

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!ein Lesehighlight 2021!

Klappentext:
„Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber genießt er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer ...

!ein Lesehighlight 2021!

Klappentext:
„Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber genießt er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer und fällt ins Koma. Alle, seine Eltern, seine Freundin, die Ärzte, geben ihn auf. Nur seine Großmutter ist überzeugt, dass er eines Tages wieder die Augen öffnen wird. Und nach einem Jahrzehnt geschieht das auch. Aber Zisk erwacht in einem Land, das in der Zeit eingefroren scheint.“

Autor Sasha Filipenko hat mich bereits mit „Rote Kreuze“ komplett verzaubert, aber dieser Roman hier übertrifft nochmal alles. Die Geschichte um seinen Protagonisten Franzsik, genannt Zisk, lässt einen völlig fallen und abtauchen, was aber eben nur durch den extrem ausdrucksstarken und wortgewaltigen Schreib- und Sprachstil Filipenkos geschuldet bzw. möglich ist. Zisk‘ Unfall war nicht nur tragisch, es war einfach heftig und sinnlos, wie das umknicken bei Laufen oder dem Regenschirm der bei Regen kaputt geht...und dann das Koma. Man leidet mit als Leser, aber eben nicht wie man es bei einem normalen Belletristik-Roman macht, sondern eben auf einem höheren Level. Allein die Melodie der Wörter die Filipenko verwendet, machen da so viel aus. Und dann endlich der Punkt des Aufwachens, des Lebens....und doch steht die Zeit still....Filipenko gibt hier so viele Assoziationen vor, die nach dem beenden des Buches ganz stark nachhallen. Die aktuelle politische Lage, die Lage der Menschen in Minsk...alles scheint ein politischer Spiegel zu sein, der aber eben beschlagen ist, droht blind zu werden, aber man erkennt noch genau was Filipenko uns sagen will und eines ist dabei ganz klar: er nimmt kein Blatt vor den Mund was seine politische Einstellung betrifft. Wollen wir hoffen, dass das Recht auf Meinungsfreiheit diesen wunderbaren Autor niemals Mundtot macht, denn der Literaturwelt würde etwas ganz großes dadurch fehlen!
Dieses Buch ist, mal wieder, ein Meisterwerk aus Filipenkos Feder - 5 von 5 Sterne!

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