In ihrem Debütroman „We will fall“, der im Oktober 2019 bei Fischer – Sauerländer erschienen ist, transferiert Shannon Dunlop die Jahrhunderte alte Sage von Tristan und Isolde in das New York der heutigen Zeit. Die 16-jährige Iseult, genannt Izzy, ist wenig begeistert über den Umzug ihrer Familie von der Lower East Side über den Fluss nach Brooklyn. Es fällt ihr schwer, sich in der neuen Umgebung einzufinden, in der sie als Weiße plötzlich die Außenseiterin darstellt, zudem kapselt sich ihr Zwillingsbruder Hull zunehmend ab, so dass sie sich auch von ihm im Stich gelassen fühlt.
Doch beschert Izzy eine zufällige Begegnung mit Tristan Schmetterlingsgefühle im Bauch. Tristan ist ein intelligenter und sensibler Junge, der zum farbigen Teil der Bewohner Brooklyns gehört. Tristan hat sich mit seinem Talent im Schachspiel Respekt im Viertel erworben, sein Cousin Marcus profitiert von Tristans Künsten, in dem er auf dessen Siege in den Schachpartien setzt.
Als sich Izzy und Tristan in der Schule wiedersehen, spinnen sich zarte Bande zwischen den beiden, doch dann beginnt Marcus sich für Izzy zu interessieren und ihr den Hof zu machen. Tristan fürchtet die Hitzköpfigkeit seines Cousins, er und Izzy versuchen, ihre Liebe im Geheimen zu erleben, die Ränkespiele im Hintergrund drohen auf eine Katastrophe hinauszulaufen.
Mir hat der Stil des Buchs ausgesprochen gut gefallen. Die Geschichte wird wechselnd aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt, neben Izzy und Tristan ist das die gemeinsame Freundin Brianna.
Allen dreien sind passend zu ihren Charakteren Schachfiguren zugeordnet: Izzy ist die Dame, eine starke und vielseitige Figur, die sowohl auf der schwarzen als auf der weißen Seite agiert, Tristan ist der Springer, der wendig ist und ebenfalls sowohl auf weißen als auch auf schwarzen Feldern landen kann. Brianna wir der Turm zugeordnet, die zweitstärkste Figur im Schach, was dazu passt, dass sie mit ihrem eingreifen in die Geschichte wichtige Weichen stellt.
Das Buch ist dicht dran an seinen Figuren, die Perspektivwechsel lassen es lebendig erscheinen, die Gefühle der Hauptfiguren sind wundervoll eingefangen und haben bei mir Erinnerungen an meine Jugend geweckt. Die Idee hinter der Geschichte ist mehrere hundert Jahre alt, dennoch wirkt diese romantische Liebesgeschichte alles andere als verstaubt. Neben den eher zeitlosen Impressionen der ersten Liebe greift sie aktuelle Themen auf wie den Problemen der Rassendiskriminierung, Machtmissbrauch, der Angst davor „anders“ zu sein, oder auch der Sehnsucht nach einer sicheren Heimat. Spannende Abschnitte wechseln sich mit nachdenklichen und gefühlsbetonten Szenen ab, mich hat das Buch von Anfang an sowohl sprachlich als auch inhaltlich gefesselt.
Das Ende passt zwar in den Kontext, ist in meinen Augen aber für ein Jugendbuch sehr unkommentiert düster und perspektivlos und stellt für mich die Botschaft des Buches infrage. Das ist Schade für dieses ansonsten überzeugende Jugendbuch.