Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Weit ist der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, davon ist Isidor überzeugt. Und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten.
Shelley Kupferberg hat mit viel Recherchearbeit und Fleiß das Leben ihres Urgroßonkels Dr. Isidor Geller nachverfolgt und zu Papier gebracht.
Damit setzt sie ihm ein Denkmal und eine Mahnung für die Welt ...
Shelley Kupferberg hat mit viel Recherchearbeit und Fleiß das Leben ihres Urgroßonkels Dr. Isidor Geller nachverfolgt und zu Papier gebracht.
Damit setzt sie ihm ein Denkmal und eine Mahnung für die Welt nach ihm. Ein jüdisches Leben, das so, wahrscheinlich einmalig war und in den Strudel des Nationalsozialismus geriet.
Aufregend, spannend, humorvoll und tragisch schildert sie seine Zeit. Lässt ihn für die Leser noch einmal lebendig werden und gibt ihm eine Stimme. Auch wenn er seinen Namen Israel ablegte und seinem Glauben den Rücken kehrte, traf auch ihn, der sich als Österreicher sah, dass Schicksal von Millionen Juden.
Die Autorin hat hier eine Geschichte verfasst, die mich total gefesselt hat. Ich fand es unglaublich interessant mitzuerleben, wie unaufhaltsam und grausam der Antisemitismus voranschritt und die Menschen ins Unglück stürzte.
Ein Buch das auch Mahnung ist für nachfolgende Generationen.
Shelly Kupferberg, 1974 in Tev Aviv geboren, begibt sich auf Spurensuche nach Mitgliedern ihrer Familie, die unter anderem während in der Zwischenkriegszeit in Wien lebten.
Dazu recherchiert sie in zahlreichen ...
Shelly Kupferberg, 1974 in Tev Aviv geboren, begibt sich auf Spurensuche nach Mitgliedern ihrer Familie, die unter anderem während in der Zwischenkriegszeit in Wien lebten.
Dazu recherchiert sie in zahlreichen Archiven wie dem österreichischen Staatsarchiv oder ähnlichen in Deutschland. Sie stößt auf ihren Urgroßvater Israel Geller, der aus einem Schtetl in Ostgalizien stammt und nach Zwischenstationen in Kolomea und Lemberg schließlich 1908 in Wien landet, wo er kurzerhand seinen Vornamen in Isidor ändert, Gefallen an Oper und Theater findet sowie Jura studiert und 1913 promoviert. Kurz vor Beginn des Krieges von 1914-1918 hat er eine leitende Position in einer Lederwarenfabrik inne, wird deswegen als „kriegswichtig“ eingestuft und muss nicht wie seine Brüder einrücken. Wären draußen gestorben wird, vergnügt sich Isidor in der Oper und schafft es, mit nicht immer lauteren Methoden, ein Vermögen anzuhäufen. Anders als andere Kriegsgewinnler behält er sein Vermögen in der Weltwirtschaftskrise und legt es in gut an. Wie so viele Juden seiner Zeit verkennt er den aufkeimenden Nationalsozialismus. Letztendlich wird er von seinem Personal an die Gestapo verraten, die sehr genaue Kenntnis von seinem Vermögen hat.
Meine Meinung:
Mir hat diese Biografie von Isidor Geller sehr gut gefallen. Sie zeigt einen Selfmademan, der aus bitterer Armut zum Multimillionär wird und damit die Vorurteile den Juden gegenüber wie „Kriegsgewinnler“, „reich auf Kosten anderer“ oder „Schuld an der Niederlage 1918“ schürt.
Der sachliche Schreibstil gefällt mir sehr gut. Ich kann mir die Recherchen in den Archiven sehr gut vorstellen. Sie kommt von einem ins andere, vom Hundersten ins Tausendste. Akribisch geht sie allen Hinweisen nach und fördert Erstaunliches zu Tage.
Isidor Geller ist die zentrale Figur, doch lernen wir auch seinen Neffen Walter kennen, der seinerseits Shellys Großvater ist. Der Stamm am Ende des BUches gibt einen gut Überblick über die weit verzweigte, in alle Welt verstreute Familie.
Wie ich es vom Diogenes-Verlag gewöhnt bin, ist das Buch hochwertig verarbeitet und hat ein ansprechendes Cover, das ein Reh ziert. Erst zum Schluss enthüllt sich der Konnex zum Cover. Gut gelungen!
Fazit:
Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten Buch über das Leben Isidor Geller 5 Sterne.
"Isidor" der Autorin Shelly Kupferberg wird als Roman betitelt, meines Erachtens ist es eher eine Mischung aus Sachbuch und Biographie. Den Inhalt hatte ich mir anders vorgestellt, finde es so aber tatsächlich ...
"Isidor" der Autorin Shelly Kupferberg wird als Roman betitelt, meines Erachtens ist es eher eine Mischung aus Sachbuch und Biographie. Den Inhalt hatte ich mir anders vorgestellt, finde es so aber tatsächlich besser, da realistischer, beklemmender, schockierend.
Die Autorin stellt uns das Leben ihres Urgroßonkels vor, der es geschafft hat, sich aus der Armut in seinem Schtetl in Ostgalizien zu befreien und es zum Selfmade-Millionär in Wien schaffte. Er lebte in den 1920-er und 1930-er in Wien. Er verkannte die Gefahr, die ihm vom Nationalsozialismus drohte, und musste dies letztendlich sehr teuer, mit seinem Leben, bezahlen.
Die Autorin schreibt sehr sachlich, ich hatte ein bisschen den Eindruck, sie hat erst über „Fremde“ recherchiert und "fand" in den Zeitzeugnissen ihre Familie. Absolut nachvollziehbar, wenn die Familie aufgrund der Nazis weit verstreut lebt.
Frau Kupferberg hat eine sehr sorgfältige, beeindruckende Recherchearbeit geleistet.
Sie prüfte offizielle Archive, suchte nach dem geraubten Eigentum von Isidor, las Familienbriefe, viele Dokumente und betrachtete alte Fotos. Der Leser erfährt dadurch sehr interessante, und recht unbekannte Informationen über "die Verwaltung" und Ausbeutung der Juden durch die Nazis (z. B. die zu zahlenden Gebühren, wenn jemand auswandern wollte).
Hier ist das Werk deutlich aufschlussreicher als andere Bücher, in denen zwar erwähnt wird, dass und was die Nazis ihren Opfern genommen haben, aber offen bleibt, was genau mit all diesen Sachen passiert ist.
Ich hatte erwartet, dass das Buch überwiegend von Isidor handeln würde. Stattdessen wird er als ein zentraler und schillernder Fixpunkt dargestellt, und um ihn herum seine Familie durchaus detailliert geschildert.
Zusammen mit dem Stammbaum am Ende des Buches erhält man ein recht detailreiches Geflecht aus Verwandten und Bekannten. Das macht dieses Werk vielschichtiger, und auch bedrückender als es ein reiner Roman gekonnt hätte.
Als Leser wird einem so deutlich, wie die Geschehnisse auch Familien entfremdeten, jeder verarbeitet die Eindrücke anders und gelangte zu unterschiedlichen Einschätzungen der sich nähernden Gefahr.
Das Cover mit dem Reh in einem reich verzierten, alten Saal hat anfangs keinen Bezug zum Inhalt. Am Ende des Buches gibt es ein Interview mit der Autorin, und dieses lüftet den Sinn des Covers. Mit dieser Kenntnis ein wunderschönes, berührendes Cover, welches mich erschauern ließ.
Absolute Leseempfehlung.
Die Autorin Shelly Kupferberg gewährt ihren Lesern hier einen Blick in das Leben ihres jüdischen Urgroßonkels Isidor.
Berührend, aufregend und auch traurig, hat sie mit Hilfe von alten Familienbriefen ...
Die Autorin Shelly Kupferberg gewährt ihren Lesern hier einen Blick in das Leben ihres jüdischen Urgroßonkels Isidor.
Berührend, aufregend und auch traurig, hat sie mit Hilfe von alten Familienbriefen und Fotos, alten Dokumenten und Archivfunden, ein Stück Zeitgeschichte zu Papier gebracht.
Das Leben von Isidor, der eigentlich Israel heißt, ist einzigartig, steht aber auch für viele andere jüdische Leben seiner Zeit. Sein Aufstieg war wahrscheinlich etwas Besonderes, aber sein Fall leider nicht. Er hat es bis ganz nach oben geschafft, war aber so naiv zu glauben, dass ihm niemand etwas anhaben kann.
Seine Ignoranz gegenüber den antisemitischen Plänen, Warnungen ignorierend, wurde ihm zum Verhängnis.
Das Buch wirkt altmodisch, was dem Inhalt der Geschichte sehr gut entspricht. Man kann Isisdors Weg mitverfolgen und langsam zwischen den Zeilen erkennen, was sich im Hintergrund anbahnt.
Die Lebensgeschichte von Dr. Isidor Geller: geboren im ärmlichen Galizien hat er hart gearbeitet, um im Wien des beginnenden 20. Jahrhunderts anerkannt und respektiert zu werden. Er führte als Kommerzialrat ...
Die Lebensgeschichte von Dr. Isidor Geller: geboren im ärmlichen Galizien hat er hart gearbeitet, um im Wien des beginnenden 20. Jahrhunderts anerkannt und respektiert zu werden. Er führte als Kommerzialrat und Berater des österreichischen Staates ein angenehmes Leben in den oberen Kreisen der Stadt und verlor nie den Kontakt zur ebenfalls emigrierten Familie jüdischen Glaubens. Als die Nationalsozialisten auch in Österreich stark werden, sind seine Errungenschaften schnell vergessen und verloren. Sein Leben findet ein brutales Ende.
Die Autorin mit israelischen Wurzeln hat ihre Familiengeschichte erforscht und widmet ihrem Urgroßonkel dieses Buch. Ein Stück Zeitgeschichte wird anhand eines Einzelschicksals eindrucksvoll erzählt. Ihre Recherche mit Zugang zu interessanten Unterlagen in Archiven und familieneigenen Belegen ist sehr fundiert, sicherlich war hier ihre Tätigkeit als Journalistin hilfreich. Ich finde den Schreibstil sehr gefühlvoll und angenehm zu lesen.
Dieses gelungene Debüt über eine schillernde Person, mit bewegenden Worten erzählt, ist sehr lesenswert. Den Stammbaum zum Ende des Buches gibt einen guten Überblick über Isidors Familie. Gerne empfehle ich die Lektüre dieser nahegehenden Geschichte.