Ein packender Thriller mit einer schönen Liebesgeschichte
Ich gebe zu, wenn ich Bodyguard Geschichten sehe, ist mein Kopf gleich voller Klischees. Das war hier natürlich auch der Fall. Doch Sonja Rüther schaffte es gleich von Anfang an, mir diese Flausen aus ...
Ich gebe zu, wenn ich Bodyguard Geschichten sehe, ist mein Kopf gleich voller Klischees. Das war hier natürlich auch der Fall. Doch Sonja Rüther schaffte es gleich von Anfang an, mir diese Flausen aus dem Kopf zuschlagen. So ermöglichte sie mir, dass ich mich voll auf die Geschichte einlassen konnte.
Schon der Prolog ging mir unter die Haut. Diese düstere Atmosphäre und die gedrückte Stimmung übertrugen sich auf mich. Gleichzeitig fragte ich mich, ob und wie dieser mit der Geschichte zusammenhängen würde. Ich liebe es im Vorfeld Spekulationen anzustellen. Die Gefahr besteht dabei aber immer, dass sie sich am Ende bewahrheiten. Mein anfänglicher Verdacht erhärtete sich aber nur zu einem sehr geringen Teil. Meine Vermutungen waren nicht völlig falsch, aber eben auch keine Punktlandung. Hier hatte ich das Gefühl, dass Sonja Rüther geschickt mit meinen Erwartungen spielte, nur um sie am Ende zu zerpflücken und mir eine ganz andere, viel komplexere Geschichte zu erzählen.
Der Aufbau dieses Thrillers war wirklich ungewöhnlich und anfänglich hatte er mich auch ein wenig irritiert. Die ersten hundert Seiten hatte ich eher das Gefühl einen Liebesroman mit etlichen Hindernissen zu lesen. Es störte mich aber nur geringfügig, da spürbar gewesen ist, wie die Figuren die Zeit bekamen, sich zu entfalten. Ich konnte mich mit den Protagonisten Lynn und Maik vertraut machen und lernte sie so besser kennen.
Maik war ein sehr interessanter Charakter für mich. Seine Einstellung zum Job fand ich sehr speziell. Als Personenschützer verzichtet er lieber auf Waffen, da er sich selbst als Pazifist bezeichnet. Für mich war das schon ein leichter Widerspruch, aber es reizte mich auch zu erfahren, ob sich diese Grundeinstellung bei Maik im Verlauf der Ereignisse ändern würde. Generell nahm ich diesen Bodyguard als einen sehr emotionalen und empathischen Menschen wahr. Ich mochte ihn und seine Zielstrebigkeit.
Lynn war für mich in dieser Geschichte der stärkste Charakter. Sie wirkte auf mich nie abgehoben, trotz ihrer gesellschaftlich privilegierten Position. Sie besaß eine gesunde Meinung und ließ sich nicht den Mund verbieten. Nicht nur die Menschen im Buch mochten sie, auch mir war sie äußerst sympathisch.
Der personale Erzähler fokussierte sich hauptsächlich auf Maik, ließ mich aber später auch an den Gedanken und der Gefühlswelt des Antagonisten teilhaben. An diesem Punkt schlug die Stimmung innerhalb der Geschichte so richtig vom Liebesroman in einen Thriller um. Die Atmosphäre veränderte sich, wurde bedrohlicher und verdeutlichte wie ernst die Lage geworden war.
Generell trug der lockere und sehr plastische Schreibstil zu einem lebendigen Leseabenteuer bei. Unterstützt wurde dieses noch durch sehr unverfälschte Dialoge, die nie hölzern oder konstruiert wirkten. Alles war in einem stetigen Fluss gehalten worden, sodass ich mir alles ausgezeichnet vorstellen konnte. Auch die Emotionen, vor allem die Verzweiflung der Gegner, waren so eindrücklich beschrieben worden, dass ich sie spüren konnte. Den Hass, den Frust, die Wut auf ein vergangenes Ereignis, was Menschen dazu trieb etwas Falsches aus den richtigen Gründen, zu tun.
Die Kampfszenen waren vom Feinsten. Sie waren so unglaublich authentisch beschrieben worden, dass ich sie mir so direkt vorstellen konnte, als würde ich sie hautnah miterleben. Dabei waren sie teilweise wirklich brutal und sehr bildreich beschrieben worden.
Mich hat diese Geschichte total überrascht. Aus einer scheinbaren Liebesgeschichte entwickelte sich ein Thriller der Extraklasse. Psychologisch fein austariert und mit jeder Menge ausgelegter Fallstricke, die ich kaum zu erkennen vermochte. Eine unerwartete Wendung jagte die Nächste und trieb die Spannung vor sich her. Manchmal sackte die Dramatik etwas in den Keller, aber im Grund mochte ich die kurzen Verschnaufpausen. Sie ließ mich zu Atem kommen, nur um mich dann wieder komplett in ihren Bann zu schlagen.
Das Ende war sehr überraschend. Obwohl es hier wieder ruhiger wurde, das Adrenalin aus den Adern der Figuren größtenteils verschwunden war, passte es zur Geschichte. Der Erzählkreis schloss sich zu einer perfekten Gesamtkomposition ab.
Fazit:
Frank Farmer (Kevin Costner) kann einpacken. Ein packender Thriller, der gekonnt mit einer Liebesgeschichte verknüpft wurde. Spannende Unterhaltung, überraschende Wendungen und eine wirklich clever ausgeklügelte Geschichte rundeten das Leseerlebnis überzeugend ab.