Auf dem Weg zur Selbstbestimmung
Zur Regency-Zeit war es als Frau alles andere als einfach, selbst bestimmt zu leben. Viel mehr galt es, sich den gesellschaftlichen Regeln und vor allem den Männern unterzuordnen. In "Eine Lady hat die ...
Zur Regency-Zeit war es als Frau alles andere als einfach, selbst bestimmt zu leben. Viel mehr galt es, sich den gesellschaftlichen Regeln und vor allem den Männern unterzuordnen. In "Eine Lady hat die Wahl" begleitet man Eliza, die auch unter diesen Regeln und ihrem Ehemann litt und langsam lernt, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen.
Zunächst dachte ich, einen typischen, historischen Liebesroman zu lesen, allerdings zeigten sich nach und nach die modernen Einflüsse à la Bridgerton. Eliza ist zunächst eine verhaltene, junge Frau, die überraschend das Erbe ihres verstorbenen Ehemanns erhält und auf einmal auf eigenen Beinen steht. Dabei wird sie stet von ihrer Cousine und besten Freundin Margaret begleitet, vor allem als lebensfroh und schlagfertig beschrieben werden kann. Die beiden entschließen sich, nach Bath zu reisen und hoffen dort, mit mehr Freiheit leben zu dürfen.
Eliza und Margaret waren zwei tolle weibliche Protagonistinnen. Während Margaret von Anfang an lebensfroh und risikobereiter ist, legt Eliza nach und nach ihr Pflichtbewusstsein ab und entwickelt sich zu einer selbstständigen Frau. Währenddessen ist sie gefangen zwischen zwei Männern, die immer wieder ihre Wege schneiden: Somerset, ihre alte Jugendliebe, die sie vor Jahren nicht heiraten konnte, da sie dessen älteren, vermögenderen Bruder heiraten musste und Melville, Jungesselle und Schwerenöter, der es wiederum mit den Regeln nicht so ernst nimmt. Lange Zeit wusste ich nicht, an wen sie schlussendlich ihr Herz verschenken würde.
Das ist das tolle an diesem Roman: Nichts ist schwarz-weiß (wie ich es sonst meist in diesem Genre lese), sondern es gibt viele Grautöne, sodass man die Handlungsweisen vieler Charaktere vielleicht nicht mag, aber nachvollziehen kann. Dies führt auch zu der ein oder anderen unerwarteten Entwicklung, die den Roman - und Eliza - in eine neue Richtung schubst. Insbesondere zum Ende hin kommt dadurch viel Spannung auf. Zu Beginn verlief mir die Handlung zu schleppend und Ereignisse wurden zu ausführlich erzählt, sodass mir hier ein wenig die Spannung fehlte. Das letzte Drittel des Buches schlägt hier eine vollkommen andere Richtung ein.
Alles in allem ein toller, gut geschriebener, überraschender Roman, über Eliza, die sich im alten England selbst und damit auch zu sich findet. Um es mit Elizas Worten zu sagen: "Sie ist sehr jung, und wer sie ist ... mag sich noch einmal ändern."