Ziemlich positiv: Ehe der Comic startet, gibt es Tipps zur „Online-Sicherheit für jüngere Fans“, in denen vor Allem darauf hingewiesen wird, weder sein Passwort (allenfalls außer den eigenen Erziehungsberechtigten) noch welche Schule man besucht (oder andere Faktoren zu benennen, die einen leicht identifizierbar machen) je wem online zu verraten. „Ziemlich“ deswegen, weil sich diese Ratschläge nur kleingedruckt auf der Impressumsseite befinden und seien wir ehrlich: die wird von den Meisten doch eh überblättert. Mir sind diese Hinweise auch eher zufällig ins Auge gestochen, und das auch erst, als ich das kleine Büchlein nach dem Lesen nochmals kurz aufgeschlagen und durchblättert habe.
Ich habe „In den Nether“ meinem 9jährigen, sehr zockfreudigem, aber wenig lesebegeisterten, Neffen geschenkt, der es sich an Weihnachten, nachdem seine Onlinezeit vorbei war, gleich damit auf der Couch gemütlich gemacht hatte; definitiv ist er auch direkt zum „Bilderteil“ gegangen; und später stolz verkündete, er habe schon bis Seite 33 gelesen – tatsächlich hat er den Comic auch innert drei Tagen ausgelesen gehabt, was in seinem Fall schon beeindruckend ist, zumal ihm auch nie jemand nahegelegt hat, er könne/solle doch noch ein bisschen lesen, sondern er immer von sich aus beschlossen hat, dass „ich lese noch ein wenig“. Rein deswegen werde ich diesem Comic schon fünf Sterne geben müssen, da meine „Zielperson“ derart darauf angesprungen ist.
Der Comic spielt nicht direkt im Minecraft-Universum, so wie man es von den meisten anderen Minecraft-Stories kennt, sondern erzählt von der Begegnung zweier echter Spieler im Game, wobei Hektor eher ein Profi ist, der aber lieber im Single-Player-Modus spielt, während Sarah ein absoluter Neuling ist und sehr zu trial&error neigt, oder wie Hektor es vermutlich eher nennen würde, sich einfach absolut naiv und dämlich anstellt. Eher unfreiwillig wird er zu Sarahs Erklärbär und zu ihrem Verbündeten auf einer abenteuerlichen Spielmission.
Ich fand es schön, wie hier zusammen mit Sarah eher beiläufig auch der Leserschaft, die bisher eher wenig Berührungspunkte mit Minecraft hat, die wichtigsten Grundlagen des Spiels kurz angerissen wurden, und wie sehr sich Hektor letztlich auch auf das Spiel mit Sarah einließ und es nie in Richtung „mit diesem ahnungslosen Noob gebe ich mich nicht länger ab“ driftete, obschon sie ihn zwischendrin sogar mal wortlos sitzenließ, was beide aber sehr gut selbst miteinander zu klären vermochten.
Mir als Erwachsener ist es sehr aufgefallen, wie respektvoll da miteinander umgegangen wurde und wie beide Figuren auch ihre Gefühle deutlich zu äußern vermochten; ich denke, es ist sehr wichtig, Kindern beizubringen, ihre Emotionen nicht kleinzureden; und auch, wie der Comic sich selbst an die eingangs erwähnten Online-Sicherheits-Tipps hielt. So tauschen sich Hektor und Sarah zwar natürlich über das Spiel aus, reden eben auch über Gefühle wie z.B. empfundene Einsamkeit, aber äußere Faktoren wie beispielsweise eben der Wohnort werden nie erwähnt. In diesem Comic bleiben sie sozusagen „anonyme Freunde“.
Auf 88 Comic-Seiten entspinnt sich hier natürlich keine völlig in die Tiefe gehende Handlung, aber ganz subtil könnte da doch die ein oder andere Mitteilung beim Zielpublikum ankommen und wie gesagt: meinen Neffen hat der Comic definitiv begeistert, von daher empfehle ich ihn vor Allem für jüngere Minecraft-Fans, die ihre Lesefähigkeit noch ein wenig trainieren sollten, das aber sonst eher ungern tun.