MEINE MEINUNG:
Ehrlich gesagt, hatte ich dieses Buch überhaupt nicht auf dem Schirm. Umso größer war ich Überraschung, als die Vorstellung dann per e-Mail kam. Dank Klappentext war ich sofort neugierig und merkte, dass ich auch richtige Lust hatte, auf ein wenig Abwechslung zu meinen ganzen Jugendbüchern, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Da kam so ein Roman/Thriller gerade recht. Ob „Lügenmeer“ meinen Erwartungen gerecht wurde oder nicht, verrate ich euch jetzt. Viel Spaß. ?
Susanne Kliem erzählt die Geschichte auf zwei verschiedenen Zeitebenen und setzt dabei auf regelmäßige Wechsel zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Außerdem noch auf verschiedene Sichten. So erzeugt sie allein durch diese Gliederung ein gewisses Maß an Spannung und hält die einzelnen Kapitel zusätzlich dazu noch recht kurz; was ebenfalls einen Pageturner-Effekt hat. Besonders positiv fielen mir dabei die Gliederung und die entsprechenden Überschriften der damaligen Zeit auf. Die Autorin entschied sich für eine Art Countdown bis Milla letztlich stirbt. So beginnt die Vergangenheit 10 Tage vor Milla’s Ableben und endet dann schließlich mit der Szene, in der sie tatsächlich stirbt. In der Gegenwart gibt es so etwas nicht; da steigen wir an dem Punkt ein, an dem Magnus nach Schwanbek zurückkehrt und begleiten ihn chronologisch auf der Suche nach der Wahrheit. Frau Kliem schreibt beide Zeitebenen ein wenig distanziert, wenig emotional, dafür aber mit einigen ausladenden Beschreibungen rund um die Kulisse. Ich häte mir besonders in Bezug auf die Figuren noch ein wenig mehr Input gewünscht; ein wenig mehr Leben. Obwohl durch die beiden Zeitebenen dafür sorgen, dass wir viel alle noch näher kennenlernen, fehlte mir der Zugang. Ansonsten ließ sich der Stil aber problemlos, leicht und verständlich lesen und ich kam sehr zügig durch die Seiten.
Eine wirkliche Hauptfigur zu benennen fällt mir dabei fast schwer. Die Handlung dreht sich hauptsächlich um Svenja und Magnus, doch es gibt noch weitere Sichten, die ebenfalls essentiell für die Geschichte sind. Trotzdem beschränke ich mich erstmal auf die beiden. Zuvor aber glaube ich zu meinen, dass die Autorin die Figuren bewusst so dargestellt hat, dass sie es schwer beim Leser haben werden. Jeder, wirklich jeder wirkte streckenweise richtig nervig und unsympathisch; handelte und dachte so unlogisch und fern ab jeglicher Vernunft, dass es einem schwerfallen muss, sie nachvollziehen zu können.
Svenja ist eine sehr spezielle Persönlichkeit, die zwar durchaus sympathische Züge aufweist, gleichzeitig aber auch unglaublich aufopferungsvoll und selbstlos wirkt. Anfangs fand ich das noch sehr angenehm, immerhin hat man so hilfsbereite, stets freundliche Charaktere eher selten; doch mit zunehmender Seitenzahl wurde es immer anstrengender. Svenja sorgt sich um alles, kümmert sich um jeden; muss jedem behilflich sein und denkt in keiner einzigen Sekunde an sich selbst. Ich fand, wie oben schon erwähnt, einfach keinen Draht zu ihr. Sie blieb mir fremd, obwohl man so viel über sie und ihr Leben erfährt. Mir fehlte die Verbindung und irgendwie handelte und dachte sie auch nicht realistisch, geschweige denn glaubhaft. Sehr seltsam – ich kann es nicht wirklich benennen. Trotzdem kann ich nicht leugnen, dass ich stellenweise doch sehr mit ihr mitgefiebert habe und mich die Neugier anheizte, mehr über sie erfahren zu wollen.
Mein Verhältnis zu Magnus war nicht viel anders; obwohl ich seine Handlungen und Gedanken noch eher nachvollziehen konnte und ihn alles in allem doch als lebendiger und echter wahrnahm als Svenja. Jedenfalls fehlte mir auch hier der Draht zu ihm, um ihn wirklich gern zu haben oder ihn gar ins Herz schließen zu können. Viel eher konnte ich manchmal nur fragend die Augenbraue nach oben ziehen, weil ich so manches einfach nicht verstand. Ich hätte mir mehr Nähe gewünscht; mehr Realität – weniger Geschichte als viel mehr Leben.
Und wahrscheinlich ist das auch mein größter Kritikpunkt an der Abhandlung. Mir fehlten realistische und nachvollziehbare Szenen; genau so wie authentische Handlungen von Seiten der Figuren. Ich hatte ständig das Gefühl, ich würde eine Geschichte lesen – fern ab des Geschehens, als wäre ich nur ein Zuschauer eines Theaterstücks. Die Idee an sich sprühte ja nur so vor Potential, doch ausgeschöpft wurde das meiner Meinung nach kaum. Die ersten 100 Seiten zogen sich endlos in die Länge und brachten weder interessantes noch spannendes hervor. Das zweite Drittel war dann schon etwas besser, zumindest fühlte ich mich ab diesem Punkt ein wenig mehr ins Geschehen integriert. Eine erste Vermutung, wie alles wohl enden könnte, entstand während diesen zweiten 100 Seiten ebenfalls und im letzten Drittel stellte sich dann heraus, dass ich mit meinen Gedanken auf dem richtigen Weg war. Besonders spannend oder gar mitreißend war dann aber auch das Finale nicht. Es war eher ein „ach so war das“-Gefühl, das beim Lesen entstand und dieser Umstand war wohl der fehlenden Nähe zu den Charakteren geschuldet. Am Ende konnte ich nur mäßig begeistert mit den Schultern zucken – es war mir, plump gesagt, einfach egal, was mit Svenja, Magnus und Co. passierte. Meines Erachtens nach kommen immer mehr Bücher mit dieser Thematik, und so langsam schleicht sich da einfach Langeweile ein. Psychische Probleme gibt es tausendfach, doch dass nun immer mehr Krimis, Thriller und Co. damit aufgelöst werden, finde ich ehrlich gesagt so langsam ausgelutscht.
FAZIT:
„Lügenmeer“ von Susanne Kliem ist ein Buch, über das ich wohl nicht lange nachdenken werde. Ich fühlte mich zwar durchaus unterhalten, jedoch keineswegs mitgerissen oder gar in seinen Bann gezogen. Ich las die Geschichte, beobachtete das Geschehen aus weiter Ferne und habe nun erfahren, wie es endet. Alles wenig spektakulär. Leider waren mir auch die Figuren nicht sympathisch genug, nicht greifbar und nicht nachvollziehbar genug. Dafür fand ich Aufteilung, Gliederung und Schreibstil wieder umso besser. Ich habe mich nach langem hin und her für folgende Bewertung entschieden.