Vorgeschichte
Die Tribute von Panem sind in Buch - und in Filmform ein Bestseller, mich hat die Geschichte genauso begeistert wie meine Töchter, für die ich die Bücher damals gekauft habe. Ich habe einfach mitgelesen, ...
Die Tribute von Panem sind in Buch - und in Filmform ein Bestseller, mich hat die Geschichte genauso begeistert wie meine Töchter, für die ich die Bücher damals gekauft habe. Ich habe einfach mitgelesen, man mus ja schließlich wissen, was man den Kids da vorsetzt. Als die Nachricht aufkam, dass Suzanne Collins an einem weiteren Buch zur Reihe arbeitet war ich natürlich interessiert, aber auch skeptisch. Generell hab ich immer etwas Probleme, wenn zu einer bestehenden und erfolgreichen Reihe nach Jahren plötzlich weitere Bücher, oder auch Filme, entstehen. Ich finde es schwierig, einer eigentlich auserzählten Geschichte dann noch etwas voranzustellen, es muss unglaublich viel bedacht werden und die Zusammenhänge müssen passen.
In Das Lied von Vogel und Schlange legt die Autorin nun die Vorgeschichte von Coriolanus Snow vor, den Fans in späteren Zeiten als Präsidenten von Panem kennen. Der junge Snow ist gerade 18 Jahre alt, steht kurz vor seinem Schulabschluss und lebt mit seiner Grossmutter und seiner Cousine in recht bescheidenen Verhältnissen im Kapitol. Der Krieg ist seit einigen Jahren vorbei, die Folgen aber noch allgegenwärtig, vom ehemaligen Reichtum und Ansehen der Familie Snow nicht mehr viel geblieben. Coriolanus muss sogar auf ein Stipendium hoffen, um überhaupt die Möglichkeit für ein Studium zu bekommen. Als es nun für die Schüler der Abschlussklasse die Möglichkeit gibt als Mentoren bei den 10. Hungerspielen mitzuwirken wittert er eine Chance wichtige Punkte zu sammeln.
Das Panem in diesem Buch ist noch weit entfernt von dem, das wir aus den anderen Büchern kennen, auch die Hungerspiele ähneln dem späteren Spektakel noch so gar nicht, allerdings erfährt der Leser darüber nicht allzuviel, weil das Buch aus Snows Sicht erzählt wird und dieser ja nur als Zuschauer fungiert. Ein großer Teil der Geschichte spielt sich im alltäglichen Leben ab. Die Autorin versucht dem Leser einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Für mich hatte das dargestellte Machtgefüge fast etwas vom alten England. Herkunft und Name ist unglaublich wichtig, kommt noch Geld dazu um so besser, Neureiche werden zwar zähneknirschend akzeptiert, erhalten aber nur schwer Zugang zu den elitären Kreisen. Selbst wenn die Familie total verarmt ist, muss die Fassade und die Etikette aufrechterhalten werden, die Familienehre muss geschützt werden,es gibt ein fast undurchschaubares Netz aus Lügen und Intrigen.
Suzanne Collins versucht dem Leser die Figur des Präsident Snow näher zu bringen, seinen familiären Hintergrund, seinen Charakter. Auf 600 Seiten versucht sie uns zu erklären, warum Snow zu dem Menschen geworden ist, den wir aus den Panem Büchern kennen. Für mich wirkt das Ganze leider sehr unausgegoren und bemüht. Der junge Coriolanus ist ein typischer Wendehals, dreht sein Fähnchen nach dem Wind, immer bedacht auf seinen eigenen Vorteil, aber er ist auch in gewisser Weise ein Opfer, ein Opfer seiner Herkunft und ein Opfer des Systems, sympathisch macht ihn mir das aber auch nicht.
Während die Panem-Trilogie als reines Jugendbuch angelegt war, zielt die Autorin hier nun eindeutig auf ihre älter gewordene Leserschaft ab, die Sprache ist teils brutaler, die Erzählweise erwachsener, sie schafft es immer noch Spannung aufzubauen und den Leser zu fesseln, angesichts der Länge des Buches plätschert die Geschichte aber auch seitenweise nur vor sich hin. Um alte Leser zu erfreuen gibt es im Buch viele Verweise und Verbindungen zur Trilogie, aber auch hier war mir alles oft zu bemüht, zu konstruiert. Stellenweise wirkte die Geschichte fast eins zu eins aus den anderen Büchern übernommen. Vieles an Hintergründen bleibt auch weiterhin im Dunkeln, die Möglichkeit die Schrecken des Krieges, die Gründe für den tiefen Hass zwischen Distrikten und Kapitol zu erläutern, hat die Autorin leider nur ganz am Rande wahrgenommen. Eigentlich schade, den gerade darauf hatte ich gehofft, so bleibt das Buch leider nur ein recht oberflächlicher Versuch den Fans neues Futter zu bieten.
Die Optik des Buches ist moderner und cleaner als die vorigen Bücher, auch hier wurde auf ein deutlich älteres Klientel abgezielt, die Panem Trilogie ist mittlerweile in passender Neuauflage erhältlich. Als etwas unglücklich empfinde ich die Wahl des Untertitels, denn der erinnert doch sehr stark an Game of Thrones.