Wenn die Vergangenheit die Gegenwart berührt
Hamburg in den 30. Jahren: Sophie Terhoven wächst wohlbehütet in Hamburg auf. Ihre Familie handelt mit Kaffee und ist damit sehr erfolgreich. Sophie bekommt im Leben alles, was sie sich wünscht. Ihre Kindheit ...
Hamburg in den 30. Jahren: Sophie Terhoven wächst wohlbehütet in Hamburg auf. Ihre Familie handelt mit Kaffee und ist damit sehr erfolgreich. Sophie bekommt im Leben alles, was sie sich wünscht. Ihre Kindheit verbringt sie mit dem Sohn der Köchin. Hannes ist ihr lange Zeit ein guter Freund, bis die beiden merken, sie sind mehr füreinander. Aber sie, die Tochter aus gutem Haus und er, der Sohn einer Köchin, dürfen nicht zusammenkommen. Und so nimmt ihr Schicksal seinen Lauf, zumal auch noch ein dunkles Geheimnis die Familie Terhoven umgibt.
2016 ebenfalls Hamburg: Jule hat nicht solche schweren Probleme, wie Sophie aber auch sie drücken Sorgen. Ihr kleines Cafe steht vor einem Existenzproblem und Liebeskummer hat Jule zu dem auch noch. Dann fällt ihr das Tagebuch von Sophie in die Hände und alles andere scheint mit einem Schlag nicht mehr wichtig zu sein. Jule kann einfach nicht aufhören, in dem Tagebuch zu lesen. Sie muss einfach erfahren, welches Schicksal dieses junge Mädchen erleiden musste.
Mir ging es da ähnlich wie Jule, einmal mit dem Lesen begonnen, mochte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen. Teresa Simon versteht es, einfach fesselnd zu erzählen.
Die Tagebucheinträge sind aus der Ich-Perspektive geschrieben und vermitteln das Gefühl, selbst in diesem Tagebuch zu lesen. Auf diese Weise enthüllen sich die Geheimnisse der Vergangenheit so nach und nach. Diese Szenen sind richtig berührend geschrieben. Sophies Geschichte war allerdings auch nicht immer leicht, sie spielt in den 30. und 40. Jahren des letzten Jahrhunderts und gibt einiges aus dieser Zeit wieder. Einziges Manko war für mich, dass die Tagebucheinträge in einer Schriftart gedruckt wurden, mit der ich nicht zu gut klarkam. Es war anstrengend diese Szenen zu lesen, aber auf der anderen Seite fühlte ich mich dadurch auch fast wie Johanna, einer weiteren Protagonisten aus dem Buch, die diese Zeilen auch nur unter Mühen lesen konnte.
Dann wechselt die Autorin den Erzählstil und der Leser wird zum Beobachter des Geschehens. Jule und ihr Strandperlchen habe ich direkt in mein Leseherz geschlossen. Jule ihre Geschichte in der Gegenwart liest sich leicht und locker, wie aufgeschlagene Milch zum Kaffee. Sie bildet einen wunderbaren Kontrast zu der schweren Zeit, die Sophie durchleben musste. Aber deswegen mochte ich Jule nicht weniger, eher im Gegenteil. Ich fand ihre Liebesgeschichte amüsant zu lesen und irgendwie hatte ich immer Lust auf Kaffee.
Aber mehr noch hat mich das Schicksal von Sophie Terhoven und ihren Freunden und Familienmitgliedern bewegt. Es war schön zu lesen, aber gleichzeitig auch traurig, aber immer auch wieder hoffnungsvoll. Gleich zu Beginn steht ein Zitat von Cicero: Dum spiro spero – Solange ich atme, hoffe ich. Dieses Motto begleitet die ganze Geschichte von Sophie und Jule. Und genau diese Hoffnung und Sehnsucht nach Leben hat die Autorin wunderbar eingefangen und wiedergegeben.
Geschickt hat es Teresa Simon verstanden, die beiden Handlungsstränge miteinander in Einklang zu bringen. Die Vergangenheit hat die Gegenwart berührt und verbindet die Protagonisten weiter miteinander. Die Autorin hat es verstanden, ihren Protagonisten leben einzuhauchen. Sie haben ihre Ecken und Kanten und ihre Schicksale zu meistern. Aber so schwer diese auch gewesen sein mögen, von ihnen zu lesen hat Spaß gemacht.
Ein historisches Nachwort beendet die Geschichte und als kleinen Zusatz gibt es am Ende des Buches noch einige Rezepte, die Jule oder auch Sophie gekocht beziehungsweise gebacken haben.
Ich hatte schöne Lesestunden in der Gegenwart mit Jule und ihrer Familie. Aber auch berührende Stunden mit Sophie in der Vergangenheit. „Die Oleanderfrauen“ ist ein Familienroman, der mir richtig gut gefallen hat. Unbedingt lesen!