Stell Dir vor, Du findest in Deinem Briefkasten einen Brief – die Adresse ist korrekt, denn das ist die Deine, aber der Adressat bist nicht Du, sondern eine Laura Caspari. Der Brief enthält keinen Absender, man kann ihn also nicht zurückschicken und der Poststempel ist aus dem Ausland. Eine Laura Caspari ist im näheren Wohn-Umfeld nicht ausfindig zu machen. Was würdest Du tun? Ignorieren? Wegwerfen? Oder ihn öffnen und lesen?
Letzteres hat Franziska getan. Sie hat den Brief geöffnet und findet einen von Hand geschriebenen, mehrseitigen Liebesbrief von einem Alex an diese Laura Caspari. Alex hat, wie er selbst im Brief schreibt, seine Postadresse extra nicht angegeben, da er nicht mit einer Antwort rechnet. Scheinbar ist er sich aber nicht so ganz sicher, was er wirklich möchte, denn es folgen noch weitere Briefe an Laura, die Franziska ebenfalls liest. Mehr und mehr wächst in ihr der Wunsch, den Absender dieser überaus liebevollen Briefe kennenzulernen und als Alex in seinem letzten Brief seine aktuelle Adresse offenbart, beschließt Franziska spontan, ihn zu besuchen. Ihr Mann ist auf Geschäftsreise und die beiden Kinder sind anderweitig beschäftigt und so parkt sie den Hund bei den Nachbarn und macht sich auf, einen Mann zu (be)suchen, von dem sie nichts kennt als seinen Namen und seine Handschrift.
„Wenn das Leben Loopings dreht“ von Theresia Graw ist mitten aus dem Leben gegriffen. Franziska ist 50 Jahre alt, verheiratet, hat Haus, Hund und 2 Kinder und lebt in gesicherten Verhältnissen. Ihr Mann ist ein angesehener Wissenschaftler und in ihrer Ehe hat sich der Alltag breit gemacht. Daniel verbringt sehr viel Zeit auf der Arbeit, die Kinder verlangen auch nicht mehr rund um die Uhr nach der Mutter und außer dem Hund interessiert sich niemand so wirklich für sie und so rutscht Franziska, in eine Art Midlife-Crisis. In den Briefen von Alex findet sie etwas, was ihr in ihrem Leben gerade sehr fehlt und so wundert es nicht, dass sie sich mehr und mehr zum Briefeschreiber hingezogen fühlt und diesen dann auch sucht und findet. Dass sie an manchen Stellen impulsiv und ohne nachzudenken handelt, macht sie menschlich – auch wenn ich nicht jede/n ihrer Gedanken/Taten nachvollziehen kann.
Bei Franziskas Mann Daniel muss ich Abbitte leisten. Ich bin wohl, wie viele andere LeserInnen vermutlich auch, einer falschen Fährte aufgesessen. Aber eigentlich hat Franziska den Weg geebnet, den ich dann gegangen bin. Sie steigert sich hier in etwas hinein und gelangt irgendwann an einen Punkt, wo sie keinen anderen Gedanken mehr zulässt als den, den sie selbst für real empfindet. Ein gewisses Maß an Eifersucht ist wahrscheinlich gut für jede Beziehung, aber bevor man sich so in etwas hineinsteigert wie Franziska das tut, sollte man den Weg gehen, der am vernünftigsten ist: Einfach mal miteinander reden.
Neben den Kindern Basti und Isa, die beide noch ihren Weg im Leben finden müssen, lernen wir auch die homosexuellen Nachbarn „Tim und Struppi“ und Franziskas beide Freundinnen Helen und Mona kennen. Hier greift wohl der Spruch, dass Gegensätze sich anziehen, denn die Freundinnen könnten unterschiedlicher nicht sein – aber sie tun sich gut und können sich aufeinander verlassen. Und das ist es, was im Leben zählt.
Der Schreibstil von Theresia Graw ist angenehm zu lesen und die Geschichte ist mit sehr viel Humor gespickt.
„Und wir hatten erst neulich wieder Sex gehabt. Also relativ neulich. An Fasching, genauer gesagt.........
Und davor? Weihnachten, glaubte ich. Aber welches Weihnachten? Im vorigen oder vorvorigen Jahr? Ich wusste es wirklich nicht mehr.“
Alles in allem hat mich dieses Buch wirklich gut unterhalten und mir ein paar schöne Lesestunden beschert. Das Ende war überraschend anders als gedacht ….… aber vollkommen passend. Mit Sicherheit findet die ein oder andere Leserin sich in Franziska wieder.