Cover-Bild Jahre aus Seide
Band 1 der Reihe "Die große Seidenstadt-Saga"
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  • Verlag: Aufbau TB
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 576
  • Ersterscheinung: 07.12.2018
  • ISBN: 9783746634418
Ulrike Renk

Jahre aus Seide

Das Schicksal einer Familie

Träume aus Seide in Zeiten des Aufruhr s.

1932: Ruth hat eine unbeschwerte Jugend. Die meiste Zeit verbringt sie in der Villa des benachbarten Seidenhändlers Merländer. Sie ist fasziniert von den kunstvoll bedruckten Stoffen, lernt Schnittmuster zu entwerfen und Taschen und Zierrat zu fertigen. Und sie begegnet Kurt, ihrer ersten großen Liebe. Als die Nazis an die Macht kommen, scheint es für sie keine Zukunft zu geben, denn sie sind beide Juden. Kurts Familie trägt sich mit dem Gedanken auszuwandern, auch Ruth soll gegen ihren Willen ihr Elternhaus verlassen. Und dann kommt der Tag, an dem das Schicksal ihrer Familie in Ruths Händen liegt.

Eine dramatische Familiengeschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.02.2019

Ruth Meyer´s Tagebuch

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„Jahre aus Seide“ von Ulrike Renk erzählt eine dramatische Familiengeschichte, einer jüdischen Familie, die die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht aufgibt. Auch als die Nazis die Macht in Deutschland übernehmen, ...

„Jahre aus Seide“ von Ulrike Renk erzählt eine dramatische Familiengeschichte, einer jüdischen Familie, die die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht aufgibt. Auch als die Nazis die Macht in Deutschland übernehmen, versucht die Familie alles, um zu überleben.
Ruth Meyer und ihre Familie sind Juden. Sie führen ein unbeschwertes Leben und Vater Karl sorgt mit seinem Schuhhandel für ein gutes Auskommen. Die Geschwister Ruth und Ilse wachsen voller Liebe und Zuneigung auf. Auch Freunde und Angestellte der Familie sind gerne bei Meyer´s zu Hause. In der Schule ist Ruth eine sehr gute und beliebte Schülerin. Dann kommt der Hass und Neid auf Juden auf und die Familie wird in ihren Rechten immer mehr beschränkt, irgendwann denken sie sogar über eine Ausreise nach.
Ein sehr emotionales und trauriges Buch, wobei ein buntes, fröhliches und liebevolles Leben im Mittelpunkt steht. Leider hat man Bilder im Hinterkopf, die bei jüdischen Geschichten nicht positiv ausgehen. Trotzdem ist der Kampfgeist und positive Lebenseinstellung sehr beeindruckend. Sehr empfehlenswertes Buch.

Veröffentlicht am 12.01.2019

Ein von Zeitgeschichte geprägtes Leben

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Worum geht es

Ruth Meyer wächst behütet von ihrer jüdischen Familie in Krefeld auf. Die Meyers sind keine strenggläubigen Juden und fühlen sich eher als Deutsche, als ihrem Glauben verpflichtet.
Ihnen ...

Worum geht es

Ruth Meyer wächst behütet von ihrer jüdischen Familie in Krefeld auf. Die Meyers sind keine strenggläubigen Juden und fühlen sich eher als Deutsche, als ihrem Glauben verpflichtet.
Ihnen fehlt es an nichts, bis sich die politische Situation im Land ändert und die judenfeindliche Stimmung immer mehr zunimmt.
Ruth und ihre Familie müssen tatenlos mit ansehen, wie eine Partei ihnen langsam und stetig die Existenzgrundlage zerstört, sie zu Menschen ohne Wert deklariert und ein Leben für sie in Deutschland unmöglich macht.

Was ich über “Jahre aus Seide” denke

Die Autorin Ulrike Renk hat sich mit ihrer neuen Trilogie ein für Deutschland sehr wichtiges und immer noch viel beachtetes Thema herausgegriffen: eine jüdische Familie, deren Leben von Hitler komplett verändert wird.

Durch Zufall stieß Frau Renk auf Dokumente von Ruth Meyer und deren Leben in Krefeld, was sie zu ihrem Roman inspirierte. Ruth Meyer und ihre Familie gab es wirklich und vieles aus dem Buch beruht auf wahren Begebenheiten. Dieser Aspekt macht die Geschichte nur um so interessanter und gleichzeitig noch ergreifender. Die Realität ist auf jeder Seite präsent, was sehr beklemmend sein kann.

Das Buch beginnt im Jahr 1926, nicht wie es der Klappentext vermuten lässt, im Jahr 1932. Dieser Umstand könnte leicht irreführend sein, da der Leser automatisch sofort die düstere und ereignisreiche Zeit des Nationalsozialismus erwartet. Doch das Buch beginnt sehr ruhig und idyllisch.

Der Leser darf zusammen schöne Jahre mit der Familie verbringen. Es gibt viele Schilderungen aus dem Alltag und der damaligen Zeit. Der sehr gute und flüssige Schreibstil lässt hervorragend die 20er und 30er Jahre wieder erwachen.
Doch die politische Lage ist trotzdem immer präsent und es entstehen so sehr interessante Dialoge rund um die politische Situation und später die Frage, ob man auswandern sollte oder abwarten. Die Autorin schafft es mit viel Präzision die unterschiedlichen Ansichten und Möglichkeiten der Menschen damals darzustellen und stellt den Leser häufig vor die Frage, wie hätte man damals selbst in dieser Situation gehandelt.

Erschreckend fand ich einige Sätze zur politischen Situation, die mich sehr stark an die aktuelle Situation erinnert haben. “[..] das liegt sicher auch daran, dass die Parteien alle verstritten sind und sich immer weiter aufspalten. Man weiß ja gar nicht mehr, wen man wählen soll – die reden doch alle Stuss.” Jahre aus Seide, Ulrike Renk, S. 88-89 “Sie [die Parteien] stritten um Kleinigkeiten, statt das Land, den Staat zu führen.” Jahre aus Seide, Ulrike Renk, S. 123

So etwas regt dann schon ziemlich zum Nachdenken an. Was bringt die Zukunft? Wo wird es hingehen?

Ruth ist im ersten Teil des Buches noch sehr jung und bis etwa zur Hälfte ist ihre Mutter Martha für mich die eigentliche Hauptfigur. Aber Ruth macht eine große Entwicklung durch, die in vielem auch der damaligen Zeit geschuldet sein dürfte und ist am Ende des Bandes der führende Charakter.

Mein Fazit

Jahre aus Seide ist ein wunderbarer Auftakt zu einer Familiensage, die noch viel Aufregung und bestimmt auch Leid bereithält. Der Leser wird eingeladen, das Leben der Familie Meyer zu teilen und noch einmal zu erleben, was die Menschen damals erfahren mussten.
Dieser Roman ist eine wunderbare Weise, an die Dinge zu erinnern, die niemals vergessen werden dürfen, ohne dabei belehrend oder parteiisch zu sein. Ulrike Renk gibt uns einen Einblick in ein Stück Zeitgeschichte, verbunden mit ihrem exellenten Schreibstil.

Unbedingt lesenswert ist auch das Nachwort, wo Ulrike Renk erläutert, was sich wirklich ereignet hat und was Fiktion ist. Auch die Art und Weise, wie sie auf die Geschichte der Familie Meyer aufmerksam geworden ist, erzählt sie dort. Ich warte nun mit Spannung auf den zweiten Teil, der im Juni 2019 erscheinen soll. Natürlich musste der erste Band mit einem aufregenden Cliff-Hanger enden.

Veröffentlicht am 12.01.2019

Ein Buch voller ungehaltener Versprechen...

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Die Autorin konnte mich vor einigen Jahren mit ihrer Australien- Saga so sehr begeistern, dass ich jetzt unbedingt mal wieder ein Buch von ihr lesen wollte. Leider wird nicht ein Versprechen des Klappentextes ...

Die Autorin konnte mich vor einigen Jahren mit ihrer Australien- Saga so sehr begeistern, dass ich jetzt unbedingt mal wieder ein Buch von ihr lesen wollte. Leider wird nicht ein Versprechen des Klappentextes gehalten.

In der Geschichte geht es um die Jüdin Ruth, die unbeschwert in Deutschland groß wird und ein erfülltes Leben genießt bis die Nazis an die Macht kommen. Was wird sich in ihrem Leben alles ändern? Und was wird aus der Liebe zu Kurt, dessen Eltern unbedingt auswandern wollen, wenn es hart auf hart kommt?

Selten fiel es mir schwer in ein Buch hineinzufinden wie hier. Dies liegt vor allem daran, weil eigentlich während des ganzen Buches nicht wirklich viel passiert. Interessante Passagen wie etwa Ruth ihren Kurt kennenlernt, werden auf einer halben Seite abgerissen, während Feiertage ausführlichst beschrieben werden, aber eben nicht wirklich die Bräuche, sondern was es jeweils für Festessen gibt.

Zudem ist der Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, gänzlich anders als beim Inhalt beschrieben. Ewig geht es erstmal um Ruths Mutter Martha und wie gut es doch der Familie geht. Man erlebt Ruth bereits als Kleinkind, was ich ehrlich gesagt als unnötig empfand.

Des Weiteren gelang es der Autorin nicht mir einen der Charatere schmackhaft zu machen, da keine Figur wirklich aus dem Leben gegriffen erscheint.

Die Hauptfigur Ruth kann bereits in jungen Jahren Dinge, die ich mir einfach nicht vorstellen kann und als unglaubwürdig empfunden habe. Natürlich können Kinder besondere Begabungen haben, aber nicht in der Ausprägung, da gerade bei der Schneiderei ja auch handwerkliches Geschick gefragt ist, was aber gewisse motorische Ausprägungen erfordert, die Kinder in jungen Jahren schlichtweg noch nicht haben.

Auch Ruths Mutter konnte mich leider nur sehr selten berühren, da ich überhaupt keinen Zugang zu ihr gefunden habe. Klar hat es mir gut gefallen, dass sie eine gute Mutter sein wollte, aber alle Pflichten, die damit einhergehen, gibt sie an das Hauspersonal ab. Zudem empfand ich ihr Leben doch als sehr langweilig, wenn sie ausschließlich Gesellschaften gibt, aber sonst nichts weiter kann.

Karl war für mich ein Charakter, der einfach zu gut für die Welt ist. Auch wenn das im wahren Leben so abgelaufen sein soll, empfand ich seine enorme Gutmütigkeit, mit der er seine Familie teilweise sogar in Gefahr bringt, als anstrengend und belastend. Beim Lesen fragte ich mich schon, was denn der Messias Karl als nächstes für gute Taten vollbringen wird?

Außerdem wurde immer wieder betont, dass die Familie sehr reich sei und nahezu mit matierellen Dingen geprahlt. Auch als es schon zahlreichen Familien schlecht geht, soll sich Ruth Skier kaufen und ihr Leben genießen. Wo bleibt da das Feingefühl den anderen Mädchen gegenüber?

Die Geschichte erschien mir leider an vielen Stellen an den Haaren herbeigezogen. Nie gibt es wirkliche Höhen und Tiefen in der Handlung. Wenn mal etwas Schlimmes passiert, ist wenige Zeilen später die Lösung da. Daher fiel es mir auch unendlich schwer konstant zu lesen, weil ich immer wieder hoffte, das nun endlich etwas mit Wums passiert und dann kommt dies wieder nicht.

Man merkt schon, dass durchaus recherchiert worden ist, aber die Einstreuung von politischen Ereignissen wirkt einfach zu gestelzt und gewollt. Auch führen die jüdischen Mädchen wie Anne Frank Tagebuch, was auch so sehr betont worden ist, dabei haben Mädchen in dem Alter wohl schon immer das Bedürfnis gehabt Tagebuch zu führen, egal welcher Ethnie oder Glaubensrichtung sie angehören.

Ehrlich gesagt bin ich jetzt sogar erleichtert, dass das Buch zu Ende ist. Die Fortsetzungen dazu werde ich gewiss nicht lesen.

Fazit: Für Leser, die sehr seichte Kost mögen, die zudem sprachlich nicht anspruchsvoll ist, werden sicherlich einen Mehrwert in diesem Buch entdecken. Ich kann hier jedenfalls keine Leseempfehlung aussprechen.

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Veröffentlicht am 11.01.2019

Entfaltet erst im letzten Drittel sein Potential

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Die neue Familiensaga von Ulrike Renk hat biografische Züge. Zugrunde liegt das Tagebuch von Ruth Meyer, welches die Autorin zum Anlass nahm und die bewegende Geschichte der jungen Frau niederschrieb.

Gleich ...

Die neue Familiensaga von Ulrike Renk hat biografische Züge. Zugrunde liegt das Tagebuch von Ruth Meyer, welches die Autorin zum Anlass nahm und die bewegende Geschichte der jungen Frau niederschrieb.

Gleich vorweg: Man sollte bedenken, dass dieser erste Band in den Jahren 1926 bis 1938 spielt und Ruth in weiten Teilen des Romans noch ein Kind ist. Es ist ein Trilogieauftakt, der anders ist, als die Bücher in denen es um jüdische Familien geht. In diesen Romanen steigt der Leser meistens um das Jahr 1936 ein, wo die Repressalien gegen die Juden bereits beginnen oder begonnen haben. Hier sind wir viel früher dabei und begleiten Ruth als Kind. Deswegen ist der Einstieg eher ruhig und dies bleibt auch ungefähr die Hälfte des Buches so. Man verfolgt größtenteils den Alltag der Familie Meyer. Als Einstieg in die Trilogie fand ich diese Darstellung der behüteten Kindheit, die erst spät endet, gut gewählt, jedoch war auch mir der Part um Ruths Kindheit etwas zu lang und ereignislos.

Vater Karl ist ein erfolgreicher Schuhverkäufer, der oft die ganze Woche unterwegs ist. Mutter Martha ist Hausfrau und erhält Unterstützung vom Kindermädchen Leni und der Köchin Regina Jansen. Sie möchte ihren Töchtern eine bessere Mutter als ihre eigene sein. Chauffeuer Hans Aretz wird sehr schnell unersetzlich und gehört bald zur Familie. Ruth und ihre kleine Schwester Ilse wachsen sehr behütet auf. Man erfährt wie Ruth nähen lernt, sich mit der Tochter aus dem Nachbarhaus anfreundet und sie durch Rosie auch christliche Bräuche kennenlernt. Es gibt viele Gesellschaften bei Familie Meyer und man sollte beim Lesen nicht hungrig sein, denn gegessen wird viel und gut. Die jüdische Familie ist allseits beliebt und weltoffen. Sie praktiziert den jüdischen Glauben nur am Sabbath und zu Channukah und sie haben Freunde aus unterschiedlichen Schichten und Religionen. Gefallen hat mir der Einblick in die jüdischen Traditonen und wie die Autorin gekonnt den Unterschied (besonders an Weihnachten) zwischen Christen- und Judentum aufzeigt. Hier habe ich viel Neues und Interessantes erfahren.

Der Zwiespalt der jüdischen Bevölkerung, die sich dem steigenden Judenhass gegenüber sieht und wie unterschiedlich die Menschen darauf reagieren, wird hier sehr deutlich dargestellt. Einige sehen die Gefahr sehr schnell, die von der NSDAP ausgeht und bemühen sich rechthzeitig Deutschland zu verlassen. Viele sind aber gutgläubig und wollen lange nicht wahrhaben, was in ihrer Heimat geschieht. Sie können sich die brutale Vorgehensweise, die Vertreibung und die Endlösung nicht vorstellen - was ich absolut nachvollziehen kann. Wir als allwissender Leser kennen die Geschichte, doch ich weiß nicht wie gefährlich ich die Situaion damals eingeschätzt hätte.
Ulrike Renk zeigt sehr genau auf, wie schwierig es für die Judenn war eine Ausreisegenehmigung zu bekommen und wie manche Menschen jahrelang darauf warten mussten.

Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet und wachsen einem schnell ans Herz. Ruth ist aufgeweckt und neugierig. Sie ist in der nicht-jüdischen Schule beliebt und geht offen auf jeden zu. Ihre Ausdrucksweise fand ich allerdings nicht immer ihrem Alter angemessen. Ihre kleine Schwester Ilse ist eher ängstlich und schüchtern. Sie bleibt lieber alleine und hat auch nur wenige Freunde.

Auch die Großeltern väterlicherseits, Wilhelmine und Valentin, sowie die sehr kühle Großmutter Emilia, die als strenge und herrische Geschäftsfrau das ganze Gegenteil ihrer warmherzigen Tochter Martha ist, werden sehr lebendig dargestellt. Bis zum kleinsten Nebencharakter hatte ich alle Figuren vor Augen und konnte sie mir gut vorstellen.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist eher einfach und dem Alter von Ruth angepasst. Er ist flüssig und obwohl der Roman einige Längen hat, lässt er sich gut lesen. Die eher große Schrift trägt ebenfalls dazu bei.
Ulrike Renk hat sich für ihren Roman viel Zeit genommen und hervorragend recherchiert. Der Umschwung der politischen Lage wird ausgezeichnet wiedergegeben. Die Atmosphäre ist hervorragend eingefangen.
Zu Beginn des Buches gibt es ein Personenregister. Am Ende findet man ein interessantes Nachwort der Autorin, in dem sie erzählt, wie sie auf die Lebensgeschichte von Ruth Meyer gestoßen ist.

Fazit:
Ein noch unspektakulärer Beginn der Reihe, der einigen Längen beinhaltet, jedoch im letzten Drittel sein Potential entfaltet. Für die folgenden Teile erhoffe ich mir mehr Handlung, interessante Wendungen und Spannung. Ich werde sicherlich auch Band 2 lesen, denn ich bin neugierig wie es mit den Meyers weitergeht....

Veröffentlicht am 07.01.2019

Langatmiger Trilogie-Auftakt mit blasser Charakterzeichnung bei überzeugender historischer Recherche

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Beeindruckend ist das Nachwort, in dem die Autorin Ulrike Renk darlegt, wie sie dazu kam, diese autobiografisch geprägte Trilogie zu schreiben und in welchem erstaunlichem Umfang ihre Romane tatsächlich ...

Beeindruckend ist das Nachwort, in dem die Autorin Ulrike Renk darlegt, wie sie dazu kam, diese autobiografisch geprägte Trilogie zu schreiben und in welchem erstaunlichem Umfang ihre Romane tatsächlich die Wirklichkeit abbilden.
Ich habe in den letzten Jahren viel Belletristik zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert gelesen und schätze es sehr, wie diese meinen Horizont erweitert, zum Nachdenken anregt und starke Gefühle bei mir auslöst. In diesem Fall ist dies zu meinem Bedauern nicht gelungen. Der Auftakt zur Trilogie spielt von 1926 bis 1938.
Mein Wissensschatz wurde ein kleines bisschen erweitert, indem jüdische Traditionen (z. B. Chanukka) ausführlich dargestellt werden. Die damalige Lebensart, insbesondere im gehobenen Bürgertum, und stärker werdende Ressentiments und Schlimmeres gegen Juden sind mir bereits bekannt.
Entgegen den Erwartungen wollte mir das Mitfiebern partout nicht gelingen. In den ersten 40 % des Buches geht Hauptdarstellerin Ruth noch nicht zur Schule. Ihre frühreife Art und die ganze Familie kommen dermaßen perfekt rüber, dass mir das einfach zu viel Zuckerguss war. Die Familie ist finanziell gut situiert. Langatmig wird dargestellt, wie liebevoll sie miteinander umgehen, wie beliebt sie bei ihren Hausangestellten und Nachbarn sind, wie ein neues Haus eingerichtet wird, wie und mit wem die Kinder spielen, welche üppigen Mahlzeiten zubereitet werden und womit man sich beschenkt. Das ist in der Sache gelungen, wirkt gut recherchiert, lässt auch frühzeitig den roten Faden erkennen, wenn es beispielsweise um erste Berührungspunkte zur Bearbeitung von Stoffen geht. Aber die Darstellungen sind schlichtweg so detailverliebt, dass es langweilt.
Geradezu willkommen waren „Ausbrüche“ aus dieser heilen Welt durch Uneinigkeiten mit Schwiegermutti und Vermutungen zu befremdlichen sexuellen Neigungen des Nachbarn. Ansonsten blieben die Figuren für mich merkwürdig konturlos, an tiefergehende Gedanken, innere Kämpfe, etc. kann ich mich nicht erinnern. Da es mich nicht gepackt hat, baute sich auch keine Spannung auf, zumal der Ausgang all dessen bekannt ist.
Dankbar war ich, wenn beiläufig das Erstarken der „Braunen“ an der Kaffeetafel und Auswanderungsgedanken thematisiert wurden. Das Aufgreifen sozialer/gesellschaftlicher Missstände blieb aber tatsächlich zu oberflächlich für meinen Geschmack.
Etwa ab der Hälfte war ich so ermüdet, dass ich begann querzulesen. Es ist deutlich geworden, dass Ulrike Renk mit ihrem Erzählstil den krassen Kontrast darstellen möchte, wie sehr die ungerechtfertigten Eingriffe der Nazis diese reale Familie und letztendlich die ganze Gesellschaft schädigte. Komprimierte Beschreibungen von wiederkehrenden Alltagsereignissen und Luxusproblemen und dafür mehr tiefgründige Gefühlswelten hätten mehr meinem Geschmack entsprochen, sodass ich die Trilogie nicht weiterverfolge.